Wahlkrimi in Marzahn-Hellersdorf

Lokalmatador Mario Czaja unterliegt Herausforderer von Rechtsaußen // AfD stärkste Kraft

Wahlkrimi in Marzahn-Hellersdorf

Ehe in Marzahn-Hellersdorf alle Wahllokale ausgezählt waren, dauerte es bis nach Mitternacht. Alle anderen Bezirke hatten da schon längst ihre Ergebnisse. Selten dürften für den in Mahlsdorf aufgewachsenen Bundestagsabgeordneten Mario Czaja (CDU) die Minuten und Stunden an einem Wahlabend so langsam vergangen sein wie an diesem 23. Februar. Am Ende hat es nicht gereicht. Während es zwischenzeitlich lange danach aussah, als könnte der 49-jährige Christdemokrat sein Direktmandat knapp verteidigen, liegt am Ende doch der Rechtsaußen Gottfried Curio mit 29,5 zu 29,2 Prozent der Stimmen vorn.

Czaja, der anders als der in Steglitz-Zehlendorf verwurzelte Curio nicht über die Landesliste seiner Partei abgesichert ist, hatte in den zurückliegenden Wochen und Monaten einmal mehr einen kosten- und zeitaufwendigen Wahlkampf auf die Straße gebracht. Dabei kehrte er seine Verbundenheit zu Marzahn-Hellersdorf heraus und stellte sich als einziger realistischer Verhinderer eines AfD-Erststimmen-Sieges im Bezirk dar. Die Prognosen hatten seit Wochen ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und dem AfD-Mann vorausgesagt.

 

Mit den Worten, es solle schließlich „kein braunes Signal“ aus Marzahn-Hellersdorf kommen, warb Czaja – einst Gesundheitssenator in Berlin (2011–2016) – schon zu Beginn des Wahlkampfes um Erststimmen. Dass ein „ortsfremder Legionär“ der AfD den Bezirk im Bundestag vertrete, gelte es unbedingt zu verhindern, so der Appell des CDU-Politikers. Am Ende fehlten ihm nicht einmal 500 Stimmen. Zweitunterlegene wurde die Stadtentwicklungsexpertin der Linkspartei, Katalin Gennburg. Platz vier belegte der Sozialdemokrat Ben Schneider, Platz fünf der ehemalige Erfolgsmanager von Eisern Union, Oliver Ruhnert (BSW).

 

 

2021 hatte Mario Czaja überraschend deutlich der langjährigen Mandatsinhaberin Petra Pau den Bezirk streitig gemacht und als erster CDU-Politiker überhaupt einen Ostberliner Bundestagswahlkreis direkt erobert. Friedrich Merz machte ihn daraufhin zum Generalsekretär, setzte ihn nach anderthalb Jahren aber wieder vor die Tür. Den Wahlkampf für die vorgezogene Bundestagswahl bestritt Czaja unter anderem – und entgegen der Partei-Linie – mit seinem Nein zu Taurus-Lieferungen in die Ukraine, der problematischen Ärzteversorgung im Bezirk und vielen anderen lokalen Themen von der TVO bis zum Krankenhaus Kaulsdorf. Unzählige Plakate im CDU-Türkis, mit bewusst klein gehaltenem Logo und dem Slogan „Mario Czaja – versteht uns und handelt“ klebten an Straßenlaternen vom Mahlsdorfer Süden bis in den Marzahner Norden. 

 

Gottfried Curio ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Er ist innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Innere Sicherheit und Migration. Er gilt als Höcke-Sympathisant und ist für seine scharfen Reden sowohl im Bundestag als auch auf Kundgebungen bekannt. Bei Wahlkampfveranstaltungen im Bezirk ließ er kaum eine Gelegenheit aus, gegen Menschen mit Migrationshintergrund herzuziehen. Gleichzeitig offenbarte er bei lokalen Themen deutliche Schwächen. 

 

Parteien an den Rändern erfolgreich

Weitaus deutlicher als beim Kampf um das Direktmandat ist im Bezirk das Zweitstimmenergebnis ausgefallen. Hier hat die AfD berlinweit ihr bestes Ergebnis eingefahren und ist mit einem enormen Vorsprung stärkste Kraft geworden. Die Partei von Alice Weidel erhielt 31,2 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die zwischenzeitlich schon totgeglaubte Linkspartei, die in der Hauptstadt unerwartet stärkste Kraft wurde, landete mit 16,7 Prozent auf Platz zwei vor der CDU (16,5 Prozent). Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist aus dem Stand auf 10,9 Prozent gekommen, hatte aber bei der EU-Wahl 17,1 Prozent errungen. Große Wahlverlierer sind auch in Marzahn-Hellersdorf SPD mit ebenfalls 10,9 Prozent (-12 %-Punkte) und FDP mit 2,6 Prozent (-4,6 %-Punkte). Die Grünen haben leicht verloren. Sie erreichten 6,9 Prozent (-2,6 %-Punkte).

Insgesamt machten 76,3 Prozent der 195.867 berechtigten Personen von ihrem Stimmrecht Gebrauch. 2021 lag die Wahlbeteiligung bei 69,3 Prozent.

 


Stimmen zur Wahl: