Bezirk erinnert an die Reichspogromnacht vor 85 Jahren

So fern und doch wieder nah

Bezirk erinnert an die Reichspogromnacht vor 85 Jahren

Der 9. November 1938 steht für eine der dunkelsten Stunden deutscher Geschichte. Er gilt als Auftakt zum Holocaust. In aller Öffentlichkeit und ungehindert begann an diesem Tag hierzulande die systematische Verfolgung und Ermordung jüdischer Menschen. Zum 85. Jahrestag wird in Marzahn-Hellersdorf auf vielfältige Weise an die Geschehnisse erinnert, zu Wachsamkeit gemahnt und ein Zeichen gegen den wieder wachsenden Antisemitismus gesetzt.

Die Bedeutung des historischen Datums und die Notwendigkeit einer lebendigen Erinnerungskultur war auch in der Oktober-Sitzung des Bezirksparlaments Thema. Einstimmig verabschiedeten die Verordneten einen Antrag der SPD-Fraktion, dem CDU, Linke, Grüne und die Gruppe „Mensch Umwelt Tierschutz“ beigetreten waren. Das Bezirksamt wird darin ersucht, den Gedenktag Jahr für Jahr gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen angemessen zu gestalten. 

 

„Dieser Tag mahnt uns eindrucksvoll und wiederkehrend an, sich für den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland einzusetzen und der Millionen Opfer faschistischer Terrorherrschaft zu gedenken“, erklärte SPD-Fraktionschef Günther Krug, der mit Sorge auf die Gegenwart und das Ausmaß antisemitischer Vorfälle blickt. Um das Versprechen „Nie wieder“ tatsächlich halten zu können, brauche es auch ein lebendiges Erinnern gemeinsam mit jungen Menschen, forderte der Vorsitzende der Linksfraktion, Bjoern Tielebein. „Nach den schrecklichen Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus, nach der Shoa, nachdem sechs Millionen jüdische Menschen in deutschen Mordfabriken ermordet wurden“, so Tielebein, sei es „ein großes Glück und überhaupt keine Selbstverständlichkeit“, dass es in Berlin wieder vielfältiges jüdisches Leben gebe. 

 

 

„Tag der Verantwortung“

In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 gingen organisierte Schlägertrupps überall in Deutschland mit brutaler Gewalt gegen Jüdinnen und Juden vor. Sie brannten Synagogen nieder, plünderten Geschäfte, räumten Wohnungen aus und machten Jagd auf Menschen – der Holocaust warf damals seinen düsteren Schatten voraus. Am Ende vielen sechs Millionen Jüdinnen und Juden der Vernichtungsmaschinerie der Nazis zum Opfer.

 

„Der 9. November ist ein Tag der Verantwortung“. Es müsse ein gemeinsames Verständnis sein, an diese Ereignisse zu erinnern und sich klar zu positionieren, erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Martin. In Richtung AfD, deren Verordneter Werner Wiemann die Debatte zum Gedenktag-Antrag nutzte, um ausnahmslos über „importierten Antisemitismus“ zu schwadronieren, sagte Martin: „Alle, die diese BVV verfolgt haben, haben sehr gut nachvollziehen können, wer auf welcher Seite steht, wer sich für Menschlichkeit einsetzt und wer sich vor allem in der Verantwortung sieht, dass sich solche Verbrechen, wie sie damals erfolgt sind, nicht noch einmal wiederholen.“

 

Gedenkveranstaltungen:

 

Mi, 8. November, 15.30 Uhr:

Der DGB-Kreisverband Ost präsentiert die Ausstellung „Stolpersteine in Marzahn-Hellersdorf“ und Schülerinnen und Schüler lesen gegen das Vergessen. Sie tragen Passagen aus dem Buch „Hingesehen – weggeschaut: Die Novemberpogrome von 1938“ vor. Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte und auf dem Platz vor dem Wandmosaik.

 

Do, 9. November, 14 Uhr:

Gedenkspaziergang zu den Stelen am Wuhlehang mit abschließender Kaffeerunde in der Krankenhauskirche im Wuhlgarten. Treffpunkt: Stadtteilzentrum Mosaik (Altlandsberger Platz 2).

 

Do, 9. November, 17.30 Uhr:

Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf und der Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg e.V. laden zu einer Filmvorführung mit anschließendem Gespräch mit Petra Rosenberg ein. Gezeigt wird die Dokumentation „Schatten der Vergangenheit – lautes Schweigen, leises Erzählen“ (2023) der Gedenkstätte Zwangslager Berlin-Marzahn. Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic (CDU) eröffnet die Veranstaltung. Anmeldung erbeten: fabian.blank-lindemann@ba-mh.berlin.de

 

Do, 9. November, 15 Uhr:

Stolpersteinspaziergang der Evangelischen Kirchengemeinde Hellersdorf durch Mahlsdorf und Kaulsdorf. Treffpunkt: S-Bahnhof Mahlsdorf

 

Do, 9. November, 16 Uhr:

Stolpersteinspaziergang mit dem Linken-Abgeordneten Kristian Ronneburg. Treffpunkt: Lemkestraße 156