Aktion vor dem Marzahn-Hellersdorfer Rathaus zum IDAHOBIT 2023
Bunte Fahnen und starke Worte
Zum Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit – kurz IDAHOBIT – sind am Nachmittag viele Menschen aus Politik und Verwaltung, von Vereinen und Institutionen zum Alice-Salomon-Platz gekommen, um gemeinsam ein Zeichen für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu setzen. In den Reden ging es unter anderem um Diskriminierung und Gewalt gegenüber queeren Menschen, den Kampf für freie Entfaltung der Persönlichkeit und freie Liebe, um Sichtbarkeit, gesellschaftliche Verantwortung und persönliche Erfahrungen. Anschließend wurde eine Progress-Pride-Flagge vor dem Rathaus gehisst.
Der IDAHOBIT hat sich weltweit zum wichtigsten queeren Aktionstag entwickelt. Er wird seit 2005 begangen und erinnert an den 17. Mai 1990 – jenem Tag, an dem die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel für Krankheiten strich, während Transsexualität sogar noch bis 2018 von der WHO als psychische Erkrankung definiert wurde.
Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic (CDU) las einen in der Kronen-Zeitung erschienen Artikel aus dem Jahr 2020 vor. Darin wurde über die heftigen Reaktionen auf eine Vorlese-Kampagne von Dragqueens in Großbritannien berichtet. „So lange es Shitstorms wegen so etwas gibt, werden wir diese Flagge hissen“, sagte Zivkovic. Das Thema ist nach wie vor aktuell und es braucht nicht einmal den Blick in andere Länder, wie gerade der Protest mehrerer bayerischer Politiker gegen eine geplante Drag-Lesung für Kinder in einer Münchener Bibliothek zeigt.
Christina Shneydin (Foto) vom Verein Quarteera betonte: „Es bedeutet mir unheimlich viel, dass wir heute hier zusammenstehen und einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass unsere Gesellschaft offener wird.“
Hier weitere O-Töne:
„Marzahn-Hellersdorf wird aus der Innenstadt-Perspektive oft so betrachtet, als gäbe es hier gar nichts. Auf der Projekteebene ist es tatsächlich etwas dünn, aber es gibt sehr viele engagierte Menschen und eine Queer-Beauftragte. Das haben die Innenstadtbezirke nicht alle. Es gibt einen queeren Aktionsplan. Es gibt einen Queer-Beirat und damit ist Marzahn-Hellersdorf wirklich Vorreiter.“
Constanze Körner, Geschäftsführende Leitung und Projektkoordination von LesLeFam
„Ziel meiner und unserer Antidiskriminierungsarbeit an der Hochschule ist es, unsere Mitarbeiter:innen und unsere Studierenden diskriminierungssensibel zu schulen und das Bewusstsein für queere sowie trans-, inter- und nicht-binäre Identitäten zu erhöhen. Wir möchten Netzwerke mit queeren Akteur:innen hier im Bezirk bilden und gemeinsam dazu beitragen, dass queere, trans-, inter- und nicht-binäre Menschen in Marzahn-Hellersdorf und in ganz Berlin gut und sicher leben – dass sie die gleichen Chancen und Voraussetzungen auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche und im Bildungsbereich haben.
Nina Lawrenz, Frauen*- und Gleichstellungsbeauftragte der Alice-Salomon-Hochschule
„Skeptiker:innen werfen uns queeren Menschen vor, dass wir zu versessen auf das Thema Gender sind. Liebe Heteros, ich bitte euch. Es ist eure Welt, die in Blau und Rosa eingeteilt ist, in Autos und Puppen, in stark und verletzlich. Ihr seid diejenigen, die auf ein Herr oder Frau in der Ansprache bestehen. (…) Ja, es gibt Unterschiede zwischen Mann und Frau, aber die meisten sind nicht natürlich, sondern werden uns anerzogen. Und jetzt wächst eine Generation heran, die sich diesen künstlichen Unterteilungen nicht mehr beugen möchte.“
Christina Shneydin, Projektkoordination von Quarteera
Auf die Beine gestellt wurde die Veranstaltung von der bezirklichen Queer-Beauftragten Vanessa Krah. Sie rührte nach den Reden noch die Werbetrommel für die erste Pride Week in Marzahn-Hellersdorf. Vom 17. bis 24. Juni sollen überall im Bezirk Aktionen stattfinden. Krönender Abschluss ist die „Marzahn Pride“-Parade. Ab der kommenden Woche soll es die ersten Informationen zum Programm im Internet geben, kündigte Krah an.