Weil Hausärzte im Bezirk fehlen: Kassenärztliche Vereinigung eröffnet Praxis im Forum Kienberg

Weil Hausärzt:innen im Bezirk fehlen:

Kassenärztliche Vereinigung eröffnet Praxis im Forum Kienberg

Darauf hat Marzahn-Hellersdorf lange gewartet: Voraussichtlich im Herbst dieses Jahres wird die Kassenärztliche Vereinigung ihre berlinweit dritte Praxis eröffnen. Die KV-Eigeneinrichtung entsteht im Forum Kienberg (Neue Grottkauer Straße 3) und soll dazu beitragen, die hausärztliche Versorgung im Bezirk zu verbessern.

Seit Jahren schon klagen die Bezirke im Osten der Stadt über die ungerechte Verteilung von Arztpraxen in Berlin. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) versucht mittlerweile gegenzusteuern (wir berichteten). Um die hausärztliche Versorgung in Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Lichtenberg zu verbessern, wurde ein millionenschweres Maßnahmenpaket geschnürt. Dazu gehören auch eigens von der KV betriebene Praxen – ein Novum. Hintergrund ist, dass es niederlassungswillige Ärzt:innen nicht unbedingt in die östlichen Randlagen der Stadt verschlägt und viele junge Mediziner:innen ohnehin den Schritt in die Selbstständigkeit scheuen. Die KV aber macht ihnen das verlockende Angebot, erst einmal ein Angestelltenverhältnis einzugehen, mit der Option, die Praxis im Außenbezirk später zu übernehmen.

 

Die ersten Einrichtungen wurden in Lichtenberg – am Prerower Platz und in der Rheinpfalzallee 66 – eröffnet. Jetzt folgt Marzahn-Hellersdorf. Bereits seit Ende 2021, wie Stadtentwicklungsstadträtin Juliane Witt (Linke) berichtete, sind die Geschäftsführerin der KV Praxis Berlin GmbH, Susanne Hemmen, und die MCG blueorange Projekt 3 GmbH als Eigentümerin des Forum Kienbergs im Kontakt. Jetzt ist die Tinte unter dem Mietvertrag trocken. Die erste Praxis der KV wird im Bezirk starten. Das bestätigte Geschäftsführer Marco Manago gegenüber der „Hellersdorfer“.

 

„Als Eigentümergesellschaft des Ärztehauses am Kienberg finanzieren wir Ärzt:innen den gesamten Ausbau nach ihren Bedürfnissen und Vorstellungen im Rahmen langjähriger Mietverträge“, so Manago. Dieser Service habe nicht nur die KV, sondern nun auch weitere Mediziner:innen angelockt. So wird die Internistin Mariya Petkova voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2023 am Standort eine Facharztpraxis für Innere Medizin, Diabetologie und Endokrinologie eröffnen. Außerdem plant Dr. Bernd Maciejewski ebenfalls noch in diesem Jahr, sich mit einer Praxis für Gynäkologie und Geburtshilfe im Forum niederzulassen. „Bei allen drei Arztpraxen handelt es sich um echte Praxis-Neueröffnungen und nicht um den Umzug bestehender Praxen innerhalb des Bezirks. Wir freuen uns, mit diesen Neuvermietungen die ärztliche Versorgung in Marzahn-Hellersdorf verbessern zu können“, erklärt Marco Manago.

 

Als wir ihn, seinen Kollegen Matthias Mordau und Juliane Witt im letzten Jahr einen Tag vor Weihnachten bei einem Rundgang durch das Center begleitetet hatten, waren die Vertragsverhandlungen noch in der Schwebe und die Praxisräume völlig im Rohbau. Aber Matthias Mordau träumte schon von einer Kinderarztpraxis im ersten Obergeschoss direkt gegenüber der Bibliothek. Das sei nach wie vor möglich, bemerkt Marco Manago. Trotz der jüngst vermeldeten Neuvermietungen auf der Etage wäre noch ausreichend Platz, um eine etwa 200 Quadratmeter große Mieteinheit für Interessierte kurzfristig auszubauen (Infos per E-Mail: vermietung@forum-kienberg.de).

 

Das Bezirksamt sei ausgesprochen zufrieden mit dem Revitalisierungskonzept und der Entwicklung des Shopping-, Bildungs- und Dienstleistungszentrums unter der neuen Eigentümergesellschaft, sagt Juliane Witt beim Ortstermin im Dezember. Erste „Bewährungsprobe“ sei 2020 der Einzug der Stadtteilbibliothek gewesen. Damals wurden keine Kosten und Mühen gescheut, um das ehemalige Fitnessstudio im Hellersdorfer Corso in eine 580 Quadratmeter große Oase für Leseratten zu verwandeln. „Damit haben Herr Manago und sein Team von Anfang an deutlich gemacht, wie ernsthaft ihnen das Engagement hier am Standort ist“, so Witt. Lob von der Stadträtin gibt es auch für die Aufwertung der Außenfassade und das neue Wegeleitsystem: „Durch die Beschilderung ist für Besucher:innen sofort wahrnehmbar, dass sich hier etwas verändert.“

 

Tatsächlich wächst nicht nur das Ärztehaus, zahlreiche Unternehmen, Träger sowie Vereine sind neu dabei oder haben ihre Mietverträge verlängert. Auch das Jugend- und das Gesundheitsamt haben hier Räume. Sehr wahrscheinlich werden es noch mehr. Matthias Mordau schwärmt insbesondere vom „Spirit“ im zweiten Obergeschoss: „Die nehmen Pakete füreinander an, treffen sich in den Teeküchen oder plaudern auf dem Flur. Es ist wirklich ein nettes Miteinander und total angenehm, da oben durchzugehen.

 

Neben Fahrschule, Apotheke, Pflegediensten, Lohnsteuerhilfeverein, Friseurin, Sushi-Restaurant, Cocktailbar, KiK & Co. gibt es auch einen Kiosk, der über eine DHL-Annahmestelle verfügt. Was allerdings noch fehlt, ist ein Nahversorger, nachdem Penny Ende 2021 rausgegangen ist. „Die hatten kein gesteigertes Interesse daran, hierzubleiben, weil Penny zur Rewe-Gruppe gehört und der große Supermarkt gleich nebenan ist“, berichtet Marco Manago. Außerdem sei die Zukunft des Parkplatzes ungewiss gewesen. Ursprünglich hatte das Land Berlin geplant, an der Stelle ein neues Amtsgericht zu bauen. Aber daraus wird nichts. Die gute Nachricht ist: Noch in diesem Jahr will Netto ein Marktplatz-Konzept im Erdgeschoss umsetzen – „quasi für den Handeinkauf“, sagt der Center-Chef. Es ist also weiter Bewegung im Forum Kienberg.