Knapp 10 Wochen nach der Wiederholungswahl: Vereinbarung und Personal fix
CDU und SPD verständigen sich auf Zusammenarbeit im Bezirk
Marzahn-Hellersdorf bekommt eine neue Bürgermeisterin. Wenn am kommenden Donnerstag, dem 27. April, die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) das nächste Mal tagt, soll die bisherige Sozialstadträtin der CDU, Nadja Zivkovic, zur Rathaus-Chefin gewählt werden. Darauf haben sich CDU und SPD verständigt. Außerdem wurden in einer am Freitag unterzeichneten Kooperationsvereinbarung auch gemeinsame Projekte, die Verteilung und Zuschnitte der Ressorts im Bezirksamt und die Besetzung des BVV-Vorstands festgehalten.
Neben der Bezirksbürgermeisterin mit den Geschäftsbereichen Personal, Finanzen, Wirtschaft, Straßen- und Grünflächen sowie Umwelt- und Naturschutz wird die CDU als mit Abstand stärkste Fraktion auch das Personal für die Ressorts Stadtentwicklung sowie Schule, Sport, Weiterbildung und Facility Management stellen. Als Stadtentwicklungsstadträtin schlagen die Christdemokrat:innen Heike Wessoly vor. Die 57-jährige diplomierte Verkehrsökonomin und gebürtige Lichtenbergerin wirkte viele Jahre als Bezirksverordnete in Lichtenberg als verkehrspolitische Sprecherin. Zuletzt war sie Verwaltungsleiterin des CDU-Büros im Abgeordnetenhaus.
Der bisherige CDU-Schulstadtrat Dr. Torsten Kühne soll im neuen Senat Staatssekretär für Bildung, Jugend und Familie werden. Als seinen Nachfolger nominiert die Union Stefan Bley. Der 44-Jährige war viele Jahre Offizier der Bundeswehr. Dort hat er auch sein Pädagogik-Studium mit Diplom abgeschlossen. Von 2013 bis 2016 leitete er die Euro-Schulen Berlin Brandenburg GmbH. Später wechselte er zum Deutschen Roten Kreuz, wo er als Fachbereichsleiter in Ost-Brandenburg für 20 Kitas mit 250 Mitarbeiter:innen Verantwortung trug, teilt seine Partei mit. Darüber hinaus war Bley auch wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Bundestagsabgeordneten Mario Czaja.
Die SPD wird mit dem bisherigen Bezirksbürgermeister Gordon Lemm die Geschäftsbereiche Jugend und Gesundheit verantworten. Er muss am Donnerstag nicht neu gewählt werden. Das gilt auch für die Linken-Stadträtin Juliane Witt. Sie übernimmt das Sozialamt und den Bereich Bürgerdienste. Bliebe für die AfD das Ordnungsamt. Deren Kandidat soll weiterhin der seit Beginn der Legislaturperiode bereits in etlichen Wahlgängen gescheiterte Jurist Dr. Michael Adam sein.
Um die Mehrheitsverhältnisse nach der Wiederholungswahl auch in der Bezirksverordnetenversammlung abzubilden, haben die beiden Parteien auch vereinbart, den BVV-Vorstand neu zu wählen. Dabei ist von der CDU der Verordnete Stefan Suck für das Amt des Vorstehers und von der SPD Dr. Luise Lehmann für das Amt der stellvertretenden Vorsteherin vorgesehen.
Und jetzt zu den Inhalten: Die Parteien haben in der Kooperationsvereinbarung einige Projekte benannt, die sie gemeinsam verfolgen wollen. Dazu gehören die Vollendung der Tangentialen Verbindung Ost (TVO), der Bau des Kombibades, die Integration der Seilbahn in den ÖPNV und die Stärkung der Bürger:innenbeteiligung im Bezirk.
Außerdem wurden individuelle Schwerpunktthemen benannt. Der CDU ist eine „kiezverträgliche Stadtentwicklung“ gemeinsam mit den Anwohner:innen wichtig. Außerdem soll die ambulante ärztliche Versorgung verbessert und der Wirtschaftsstandort Marzahn-Hellersdorf gepuscht werden – u. a. durch die planerische Sicherung von Flächen, landeseigene Handwerkshöfe und die Ergänzung des CleanTech Business Parks um eine Forschungseinrichtung.
Die SPD unterstützt weiterhin die vielfältige Trägerlandschaft in den Bereichen psychosoziale Gesundheit, Jugendhilfe, Inklusion, Familienfreundlichkeit, Queer- und Frauen-Vernetzung, Gewaltprävention und Integration. In der Klima- und Mobilitätspolitik sollen die Öffis, der Rad- und Fußverkehr gestärkt, Maßnahmen gegen den Durchgangsverkehr in Wohngebieten ergriffen und sozialverträgliche Lösungen für wohnortnahes Parken gefunden werden. Außerdem setzen sich die Sozialdemokrat:innen für eine Erhöhung der Sicherheit an Schulen und allgemein bessere Bedingungen für lebenslanges Lernen ein. Eine Imagekampagne des Bezirksamts soll mehr pädagogisches Personal nach Marzahn-Hellersdorf locken.
Im ersten Absatz des Vertrags zwischen CDU und SPD heißt es: „Im fairen Miteinander ist es das Ziel der Arbeit vor Ort, Marzahn-Hellersdorf als familienfreundlichen, weltoffenen, diskriminierungsfreien und solidarischen Bezirk weiterzuentwickeln.“ Die gemeinsame Arbeit solle intensiviert werden. In den vergangenen Jahren hatten beide Parteien eher gegen- als miteinander agiert.
Hier können Sie sich die komplette Vereinbarung downloaden.
Das sind die Stimmen zur Vereinbarung:
Gordon Lemm
Bisheriger Bezirksbürgermeister und Co-Vorsitzender der SPD Marzahn-Hellersdorf:
„Der große Stimmenzuwachs und vor allem deutliche Vorsprung der CDU nach den Wiederholungswahlen in unserem Bezirk machte aus unserer Sicht eine Bezirksamtsanpassung notwendig, um dem deutlichen Wähler:innenvotum zu entsprechen. Auch zukünftig werden wir uns für die Belange von Familien, Kindern und Jugendlichen sowie allen Menschen, die auf eine gute Ärzteversorgung angewiesen sind, einsetzen. Von der Umsetzung unseres Kombibades mit dem Land Berlin, dem Ausbau der ärztlichen Versorgung, der Erreichung unserer Klimaschutzziele bis hin zur Schaffung weiterer Kitaplätze stehen wichtige Aufgaben vor uns. Dafür haben wir mit dieser Vereinbarung die Grundlage geschaffen. In guter und sachlicher Zusammenarbeit aller demokratischen Parteien möchten wir unseren Beitrag für einen familienfreundlichen, toleranten und klimagerechten Bezirk Marzahn-Hellersdorf leisten. Ich freue mich hierfür als zukünftiger Bezirksstadtrat für Familie, Jugend und Gesundheit einsetzen zu dürfen.“
Mario Czaja
Vorsitzender der CDU Marzahn-Hellersdorf, direkt gewählter Bundestagsabgeordneter und Generalsekretär der CDU im Bund:
„Ich danke der SPD für die konstruktiven Gespräche. Wir Kiezmacher freuen uns auf die Zusammenarbeit. Eine gute ärztliche Versorgung, Wohnungsbau mit Augenmaß, solide Verkehrsanbindungen; dass alles sind drängende Aufgaben, denen wir uns gemeinsam widmen wollen.“
Günther Krug
Vorsitzender der SPD-Fraktion in der BVV:
„Die Vereinbarung ist das Ergebnis konstruktiver Verhandlungen. Besonders freut es mich, dass wir uns auf wichtige Kernthemen unserer Arbeit einigen konnten. Dazu gehört unter anderem auch die konsequente Verwirklichung des differenzierten und anspruchsvollen Mobilitätskonzeptes, mit seiner zukunftsweisenden Orientierung auf Bus, Bahn, Rad- und Fußverkehr. Auch die Erhöhung des Personalbestandes an unseren Schulen ist ein wichtiges Thema. Ich bin überzeugt, dass wir in der neuen Konstellation auch mit den anderen demokratischen Kräften in der BVV die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen im solidarischen Miteinander meistern werden.“
Christian Gräff
Stellvertretender Vorsitzender der CDU Marzahn-Hellersdorf und direkt gewählter Abgeordneter:
„Angestrebt sind seitens der CDU ebenfalls ergänzende Vereinbarungen zur Zusammenarbeit für die verbleibende Legislaturperiode mit der Fraktion Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, die wir in den kommenden Tagen abschließen wollen.“