Umgestaltetes Sportmuseum zeigt interaktive Ausstellung
... und aus dem Lautsprecher ertönt die Friedensfahrt-Fanfare
Das Sportmuseum (Eisenacher Straße 121) hat für 150.000 Euro aus Lotto-Mitteln ein komplettes Makeover verpasst bekommen. Ab sofort können Interessierte durch die rundum erneuerten Räume schlendern und sich die neue interaktive Ausstellung „Auf die Plätze, fertig, los! Sport in Marzahn-Hellersdorf“ ansehen. Sorgfältig ausgewählte Exponate und übersichtlich gestaltete Infotafeln rufen große Sportmomente in Erinnerung, setzen Legend:innen in Szene und erzählen spannende Geschichte(n).
„Das ist meine Schlittschuhtasche. Die habe ich geliebt und in meiner aktiven Zeit immer dabeigehabt“, sagt Ex-Eiskunstläuferin Christine Stüber-Errath. Auf dem etwas abgewetzten roten Leder prangen bunte Aufkleber. Sie stammen von der Schaulauftournee 1975 aus US-Städten wie New York, San Francisco und Chicago. „Es war für uns DDR-Mäuse ein Privileg und etwas ganz Großes, durch Amerika oder Japan reisen zu können“, erinnert sich die Weltmeisterin von 1974.
Christine Stüber-Errath ist dem vom Bezirkssportbund (BSB) betriebenen Sportmuseum verbunden, seit hier 2009 die erste Ausstellung eröffnet wurde. Sie habe ihr Herz an diesen Ort verloren, sagt sie. „Manchmal war es für mich sogar wie ein zweites Zuhause“ – gerade dann, wenn der langjährige ehrenamtliche Leiter Wolfgang Turowski wieder das Who‘s Who des DDR-Sports für Veranstaltungen nach Marzahn-Hellersdorf locken konnte. Die gute Seele des kleinen Museums, der Spiritus Rector und Initiator fehlt an diesem Wiedereröffnungstag. „Turi“, wie ihn hier alle nannten, starb im Dezember letzten Jahres im Alter von 71 Jahren.
„Wolfgang hat sich hier immer reingekniet, Vitrinen gebaut und das ganze Museum praktisch im Ein-Mann-Betrieb über zehn Jahre gemanagt“, erinnert der BSB-Vorsitzende Jan Lehmann an die Verdienste des Verstorbenen. Zu jedem Exponat der großen Sammlung konnte der Sportenthusiast eine Geschichte erzählen. Mit der vor drei Jahren gestarteten Umgestaltung seines Lebenswerks tat sich Turowski allerdings lange Zeit schwer, schien zum Schluss dann aber doch seinen Frieden damit gemacht zu haben. „Bei unserem letzten Treffen saßen wir drei Stunden lang zusammen, um Texte zu korrigieren. Da hatte ich das erste Mal den Eindruck, dass er mit den Neuerungen mitgehen kann“, berichtet Daniel Heimbach. Der Marzahner Museumswissenschaftler ist eines der Gesichter des neuen Sportmuseums. Gemeinsam mit dem Bezirkssportbund, dem Wissensarchitekturbüro „h neun Berlin“ und weiteren Akteur:innen gelang es ihm, die charmante, aber etwas angestaubte Sammelstube in eine moderne Schau zu verwandeln.
Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Das Foyer wurde entrümpelt und bietet jetzt viel mehr Platz für Empfänge und Veranstaltungen. Erster Hingucker ist die „Wall of Fame“, an der alle Mitgliedsvereine des BSB einen Platz erhalten haben. Auch Wolfgang Turowski ist dort verewigt. Im großen Ausstellungsraum laufen Besucher:innen über eine auf den Boden gepinselte Marzahn-Hellersdorf-Karte. Mit Fähnchen sind wichtige Sportstätten und (Sport-)Geschichtsorte abgesteckt, darunter das einstige Zwangslager Marzahn. Es war 1936 im Vorfeld der „Olympischen Spiele unterm Hakenkreuz“ von den Nazis errichtet worden, um Sinti und Roma aus dem Innenstadtbild zu verbannen. Neu ist auch die Sitztribüne. Ein Beamer wirft historische Fotos an die gegenüberliegende Wand. Der Ort ist bestens geeignet für Gesprächsrunden und Public-Viewing.
Den Schwerpunkt der neuen Ausstellung bildet der DDR-Sport und die Sportgeschichte des Bezirks. Betty Heidlers Fair-Play-Trophäe aus dem Jahr 2012 zum Beispiel erinnert an die dramatischen Szenen im olympischen Hammerwurf-Finale und an der Station nebenan ertönt aus einem Lautsprecher die Friedensfahrt-Fanfare. Davor steht ein Rennrad von DDR-Radsportikone Uwe Ampler. Schöne Erinnerungsfotos vom Museumsbesuch lassen sich auf dem Sieger:innentreppchen knipsen. Wer das Podest besteigt, bekommt Applaus geschenkt. Ein Bewegungsmelder macht’s möglich.
Eine Tür weiter zeigt BSB-Vorstandsmitglied Dieter Schwentesius die Schatzkammer. Hier leuchtet eines der gelben Trikots, die Jan Ullrich 1997 bei seinem Tour-de-France-Triumph überstreifen durfte. Teddy Mischka, das Maskottchen der Sommerspiele in Moskau 1980, eine historische Gedenktafel für den Ringer und kommunistischen Widerstandskämpfer Werner Seelenbinder und viele andere Objekte sind wie in einem Schaufenster ausgestellt. An einem Terminal mit Touchscreen lassen sich Informationen zu den Exponaten abrufen. Die Ausstellung in dem kleinen Raum soll regelmäßig wechseln. Ausreichend „Stoff“ sei vorhanden, bemerkt Schwentesius: „Wir haben ein komplett neues Depot geschaffen. Dort lagern die Sachen aus unserer Sammlung bis zur Decke hoch gestapelt in Kisten. Alles ist genau erfasst und geordnet, sodass wir darauf jederzeit zurückgreifen können.“
Perspektivisch soll der gesamte Museumsbestand, also auch die noch im Verborgenen schlummernden Schätze, digital verfügbar gemacht werden. „Dafür werden wir die nächsten Jahre noch brauchen“, ist sich Jan Lehmann sicher. Mit der Wiedereröffnung sei zwar ein Meilenstein geschafft, aber es liegen noch viele Aufgaben vor dem Bezirkssportbund.
Sportmuseum Marzahn-Hellersdorf
Eisenacher Straße 121, 12685 Berlin
Öffnungszeiten: Mo, Mi, Fr: 9-13 Uhr und nach Vereinbarung
T. 56 49 70 32, info@sportmuseum-marzahn-hellersdorf.de