Gemeinsam Berlin gestalten

Interview mit dem Führungsduo der STADT UND LAND, Natascha Klimek und Ingo Malter

Gemeinsam die Stadt gestalten

Natascha Klimek und Ingo Malter sind bereit, die großen Herausforderungen, die vor dem landeseigenen Wohnungskonzern liegen, gemeinsam anzupacken.
Natascha Klimek und Ingo Malter sind bereit, die großen Herausforderungen, die vor dem landeseigenen Wohnungskonzern liegen, gemeinsam anzupacken.

Die STADT UND LAND Wohnbauten-Gesellschaft mbH bewirtschaftet mehr als 50.000 Wohnungen im eigenen Bestand und hat aktuell 2.300 neue Wohnungen im Bau. Doch der nach wie vor angespannte Wohnungsmarkt erlaubt keine Verschnaufpause. Im Interview spricht das Führungsduo, Natascha Klimek und Ingo Malter, über weitere Wachstumsziele, schwierige Rahmenbedingungen für den Neubau, das Aufregerthema Nachverdichtung und die turbulente Corona-Zeit.

■ Für nicht wenige Menschen war 2021 auch und vor allem wegen der nicht enden wollenden Pandemie ein Jahr zum Vergessen. Wie erging es Ihnen, Frau Klimek? Hat Corona Ihnen den Start als neue Geschäftsführerin der STADT UND LAND vermiest?

Natascha Klimek: Überhaupt nicht. Als ich hier im Juli angefangen habe, waren die Infektionszahlen glücklicherweise gerade auf einem relativ niedrigen Niveau. Das gab mir die Gelegenheit, viele Menschen in der Konzernzentrale und unseren Geschäftsstellen persönlich kennenzulernen – unter strikten Hygienevorgaben, versteht sich. Alles ist wunderbar angelaufen. Sicherlich wäre der Start auch gelungen, hätte es diese Corona-Delle zwischen Sommer und Oktober nicht gegeben, weil das mobile Arbeiten und die digitale Kommunikation bei uns im Unternehmen wirklich hervorragend funktionieren. Die technischen Voraussetzungen dafür wurden bereits vor der Pandemie im Herbst 2019 gelegt.

 

■ Herr Malter, Sie hatten im letzten Jahr bereits angekündigt, den Mitarbeitenden generell zwei Tage pro Woche mobiles Arbeiten zu ermöglichen. Bleibt es dabei?

Ingo Malter: Ja, so wird es vereinbart und so wird es nach Corona bei uns gelebt werden – mit einer Ausnahme: Unsere Hauswartinnen und Hauswarte können leider nicht mobil arbeiten. Sie waren selbst im strengsten Lockdown ständig vor Ort. Dafür gebührt den Kolleginnen und Kollegen unser größter Respekt und unser herzlicher Dank. 

 

Natascha Klimek: Für unsere Mitarbeitenden ist diese Regelung wichtig und zeitgemäß. Ich denke da gerade auch an alleinerziehende Mütter und Väter oder pflegende Angehörige in unserem Unternehmen, denen das flexible Arbeiten enorm dabei hilft, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren

 

■ Wie ist die Personalsituation aktuell in der Omikron-Welle? 

Natascha Klimek: Wir sind bislang wirklich gut durch die Pandemie gekommen und können den Betrieb ohne Probleme aufrechterhalten. Zwar stieg die Zahl der Corona-Fälle zuletzt leicht, aber der Krankenstand ist bei Weitem nicht so hoch, wie in Teilen der kritischen Infrastruktur Berlins. Von unseren rund 660 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind rund 90 Prozent geimpft oder genesen – eine beachtliche Quote, wie ich finde. Die Impfangebote über unseren Betriebsarzt und kooperierende Impfzentren wurden gut angenommen.

 

■ Neben der Pandemie ist Wohnen weiterhin das Top-Thema in Berlin. Wie geht es bei der STADT UND LAND mit dem Neubau voran?

Ingo Malter: Rund 4.000 Wohnungen sind fertiggestellt und etwa 2.300 derzeit im Bau. Hinzu kommt ein Potenzial von ungefähr 2.500 Wohnungen. Das reicht noch nicht, um die im neuen Koalitionsvertrag festgeschriebene Zielmarke zu erreichen. Wir benötigen noch mehr Grundstücke.  

 

Natascha Klimek: In der Vergangenheit konnten wir große Baufelder entwickeln. Inzwischen sind die Flächen deutlich knapper geworden, sodass wir verstärkt in die Nachverdichtung gehen müssen. Damit wächst allerdings auch der Widerstand gegen die Projekte. Es ist zu einer echten Herausforderung geworden, bei den Anwohnerinnen und Anwohnern für die Notwendigkeit des Wohnungsbaus zu werben und Akzeptanz zu erzeugen.

 

Ingo Malter: Es ist nachvollziehbar und völlig menschlich, dass unmittelbar Betroffene nicht glücklich sind, wenn direkt vor ihrer Haustür gebaut wird. Aber als kommunale Wohnungsbaugesellschaft und verlängerter Arm von Stadtpolitik müssen wir auch an das Berlin von morgen und an die Menschen in dieser Stadt denken, die heute und in Zukunft eine Wohnung benötigen. Die haben genauso ein Recht auf ein Dach über dem Kopf und auf bezahlbare Mieten.

 

■ Hier im Bezirk wurden zuletzt die Bauvorhaben in der Lily-Braun- und Bodo-Uhse-Straße heftig diskutiert. Es gab dazu kürzlich Gespräche zwischen Ihnen und der Bezirkspolitik. Halten Sie an den ursprünglichen Plänen fest?

Ingo Malter: Wir haben über Alternativgrundstücke gesprochen, die sich aber leider als ungeeignet herausstellten. Insofern bleibt es bei der Absicht, auf beiden Innenhöfen Wohnungen zu errichten. Wir werden dafür alles Notwendige in die Wege leiten, die verschiedenen Schutzgutachten in Auftrag geben und zu gegebener Zeit die Bauanträge einreichen.

 

■ Auf einer Informationsveranstaltung hatten Sie die Bereitschaft signalisiert, in einem dieser Neubauten Räume für eine Arztpraxis vorzuhalten. Wie sieht es damit aus?

Ingo Malter: Das wird immer konkreter. Wir sind sehr zuversichtlich, einen größeren Ärztestandort int­egrieren zu können und hoffen, indem wir vor Ort einen Teil der benötigten Infrastruktur mitplanen, der Nachbarschaft auf diese Weise ein Stück weit entgegenkommen zu können.

 

 

Natascha Klimek kam im Juli 2021 zur STADT UND LAND. Ihr Kollege Ingo Malter steht seit 2010 an der Unternehmensspitze. © Lang/STADT UND LAND
Natascha Klimek kam im Juli 2021 zur STADT UND LAND. Ihr Kollege Ingo Malter steht seit 2010 an der Unternehmensspitze. © Lang/STADT UND LAND

 

■  Der Widerstand gegen Projekte ist nur eine von vielen Herausforderungen, die die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zu schultern haben. Steigende Baupreise treiben die Kosten in die Höhe, gleichzeitig sind Sie in der Mietengestaltung stark reglementiert. Ist das alles überhaupt noch zu schaffen?

Natascha Klimek: Im Moment profitieren wir noch vom historischen Zinstief. Deswegen ist es ja auch unser strategischer Ansatz, jetzt anzupacken, ehe sich die Kreditkonditionen verschlechtern. Lägen die Zinsen im höheren Bereich wäre das, was wir alles leisten wollen und sollen, nicht machbar.

 

■ Der Mietendeckel wurde gekippt. Nach zwei Jahren Stillstand dürfen Sie und die anderen landeseigenen Wohnungsunternehmen die Mieten wieder erhöhen. Wie viele Schrei­ben schickt die STADT UND LAND raus?

Natascha Klimek: Im Januar haben wir etwa 1.000 Briefe an Haushalte verschickt, deren Mieten mit Inkrafttreten des Mietendeckels abgesenkt wurden und nun wieder angepasst werden. Insgesamt nehmen wir dieses Jahr voraussichtlich in rund 28.000 Fällen Mietanpassungen vor. Zu etwa einem Drittel sind Haushalte in Marzahn-Hellersdorf betroffen. Die Erhöhung liegt durchschnittlich im einstelligen Cent-Bereich. Das heißt: Die Belastung der Mieterinnen und Mieter fällt eher gering aus. Aber natürlich leben gerade in kommunalen Wohnungen häufig auch Menschen, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen. Wer Schwierigkeiten hat, die Miete zu bezahlen, kann uns jederzeit kontaktieren. Gemeinsam finden wir in Härtefällen eine Lösung.  

 

Ingo Malter: Uns liegt viel daran, keinen Haushalt zu überfordern. Dafür gibt es diese Härtefallregelungen und aus diesem Grund bringen wir uns übrigens auch regelmäßig in Debatten über eine faire Mietengestaltung ein. Ich plädiere allerdings stark für einkommensabhängige Mieten. Es ist auch eine Frage der Solidarität, wenn besserverdienende Haushalte eine höhere Miete zahlen, damit wir Menschen mit einem kleinen Geldbeutel ihre Wohnung zu besonders günstigen Konditionen anbieten können. Dieses Thema wird meines Erachtens in der öffentlichen Debatte viel zu wenig beleuchtet. Klar, die Umsetzung ist nicht trivial, aber vielleicht kommen wir mit der neuen Regierung diesbezüglich in einen konstruktiven Dialog.

 

■ Wie steht es um die Bestandspflege? Können Sie da einen Gang runterschalten oder gibt es viel zu tun?

Ingo Malter: Wir haben zwei, drei „pflegebedürftige“ Siedlungen auf der Agenda, in denen größere Sanierungen anstehen. Das betrifft aber nicht Marzahn-Hellersdorf. Hier sind wir in der glücklichen Situation, dass vor über 20 Jahren enorm viel getan wurde. Der eine oder die andere wird in dem Zusammenhang auf das Hellersdorfer Rathausviertel verweisen. Zugegeben, von außen betrachtet sehen die Häuser tatsächlich noch wie zu Wendezeiten aus, aber Sie können mir glauben: Die sind auch energetisch in einem einwandfreien Zustand. Während sich manche an dem Anblick stören, finden andere diesen Original-Plattenbau-Charme sogar besonders reizvoll. Übrigens finde ich, auch wenn noch nicht alles fertig ist, dass Marzahn-Hellersdorf wirklich eine tolle Entwicklung genommen hat – weg von der reinen Schlafstadt, hin zu einem attraktiven Wohnstandort. Das fällt mir jedes Mal auf, wenn ich wieder hier bin. 


Das Interview ist als Sonderveröffentlichung in unserer Februar-Ausgabe 2022 erschienen.