Chaotischer Start und schlechte Absprachen
Bezirksstadtrat kritisiert Organisation des Schulimpfens
Nach dem Chaos-Auftakt für das Schulimpfen hat Bezirksstadtrat Dr. Torsten Kühne am Donnerstag in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Kritik an der Organisation der Kampagne geübt und mangelnde Kommunikation vonseiten des Senats beklagt. Der Gesundheitsverwaltung warf er zudem vor, „merkwürdige Vorstellungen“ von den Bedingungen an den Schulstandorten und den personellen Kapazitäten zu haben.
In Marzahn-Hellersdorf war die Impfaktion am Mittwoch an der Paavo-Nurmi-Grundschule überraschend abgebrochen worden. Tag zwei lief dann aber wohl ohne große Vorkommnisse. Nächste Woche geht es voraussichtlich an der Fuchsberg-Grundschule weiter.
Seit Mittwoch können in Berlin Kinder zwischen fünf und elf Jahren gegen das Coronavirus geimpft werden. Anlaufstellen sind neben den großen Impfzentren, dem Naturkundemuseum und einigen Arztpraxen auch zwölf ausgewählte Schulen – eine in jedem Bezirk. Dabei hatte der Senat lange Zeit das Schulimpfen mit Verweis auf die großen logistischen Herausforderungen abgelehnt. Von dem plötzlichen Strategiewechsel erfuhren die Bezirksämter erst vor zwei Wochen, berichtet Schulstadtrat Torsten Kühne.
Standortfavorit für die Kinderimpfstelle in Marzahn-Hellersdorf war zunächst das Bürodienstgebäude in der Riesaer Straße. Es liegt direkt gegenüber der Kolibri-Grundschule und verfügt mit der Kantine über ausreichend Platz. Der Senat erteilte den Plänen des Bezirks aber kurzfristig eine Absage. Zur Begründung hieß es, die Räumlichkeiten müssten sich zwingend innerhalb einer Schule befinden. Daraufhin wurde die Paavo-Nurmi-Grundschule (Schorfheidestraße 42) benannt. Am Dienstagabend rückte dort das Technische Hilfswerk (THW) an, um vier Räume als temporäre Impfstelle herzurichten. Als am nächsten Tag das Impfteam der Johanniter nur kurze Zeit nach dem Eintreffen ohne Angabe von Gründen die Zelte in der Schule gleich wieder abbrach, war die Aufregung groß.
Ob es künftig besser klappt? Stadtrat hat Zweifel
Die Bezeichnung „holpriger Start“ halte er für beschönigend, bemerkte Thomas Kühne in seinem Bezirksamtsbericht in der BVV, stellte aber gleich klar, wen an dem Fiasko seines Erachtens keine Schuld treffe: Dass die Aktion derart schiefgelaufen sei, „liegt definitiv nicht an der Schule, liegt definitiv nicht an der Schulaufsicht und liegt definitiv nicht an uns als Bezirk. Wir versuchen das Möglichste“, so der CDU-Politiker. Im Nachgang erhobene Vorwürfe, die Johanniter seien nicht auf das Schulgelände gelassen und Schlüssel nicht ausgehändigt worden, bezeichnete Kühne als „Falschaussagen“. Ihm liege sogar ein Übergabeprotokoll vor.
Der Schulstadtrat bezweifelt auch, dass nach den Anfangsschwierigkeiten die Organisation künftig reibungslos funktionieren werde. Drei weitere Schulstandorte für das Kinderimpfen hat der Bezirk bereits benannt. Anders als an der Paavo-Nurmi-Grundschule, wo noch bis 19. Dezember geimpft wird, seien dort die räumlichen Kapazitäten deutlich begrenzter. „Unsere Schulen sind ja größtenteils voll bis übervoll.“ Der Senatsverwaltung für Gesundheit wirft Kühne zudem vor, „merkwürdige Vorstellungen“ davon zu haben, was alles an den Standorten vorhanden sein solle und über welche personellen Kapazitäten Schulen oder auch der Bezirk als Schulträger verfügen würden. Gefordert werden unter anderem Stellwände, WLAN, die Unterstützung durch Lehrkräfte, Hausmeister und Haustechniker. „Schön wär’s, wenn wir Haustechniker hätten“, spottete der Bezirksstadtrat. Geimpft wurde und wird von Mittwoch bis Freitag immer am Nachmittag sowie am Samstag und Sonntag jeweils den ganzen Tag über.
Nächster Standort: Fuchsberg-Grundschule
Laut Kühne wisse das THW bis heute noch nicht, wann die Impfstelle in der Paavo-Nurmi-Grundschule wieder abgebaut und anschließend in der Aula der Fuchsberg-Grundschule in Biesdorf (Apfelwicklerstraße 2-4) aufgebaut werden soll. Zudem sei die Schulimpfkampagne nach Auskunft des Senats über den kommenden Donnerstag hinaus noch überhaupt nicht sichergestellt. In jedem Fall aber sollen die Impfteams nach drei bis vier Wochen für die Zweitimpfungen an dieselben Schulen zurückkehren, an denen sie bereits im Einsatz waren.
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci hatte am Donnerstag erklärt, auch Eltern von Kindern aus Nachbarschulen und -kitas könnten künftig für ihren Nachwuchs Termine über die Impfhotline buchen. Sie ist täglich von 7 bis 18 Uhr unter der Rufnummer (030) 9028-2200 erreichbar. „Das muss dann aber auch entsprechend an die Hotline durchgestellt werden“, fordert der Stadtrat. Eltern hätten ihm bereits berichtet, dass Terminbuchungen für Kinder aus dem unmittelbaren Umfeld der Schule bislang nicht akzeptiert worden seien.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt aktuell Impfungen gegen das Coronavirus für Kinder zwischen fünf und elf Jahren, die Vorerkrankungen haben oder regelmäßigen Kontakt zu Risikopatientinnen und -patienten. Eltern können nach individueller Aufklärung aber auch ihre gesunden Kinder impfen lassen.