Was Schüler im Bezirk von der Politik erwarten

Interview mit dem obersten Schülersprecher des Bezirks Jeremy Jarsetz

Was Schüler im Bezirk von Politik erwarten

Der Bezirksschülerausschuss (BSA) wurde neu gewählt und hat sich sofort mit einer Reihe von Forderungen an die Politik gewandt. Der neue BSA-Vorsitzende ist Jeremy Jarsetz (19) von der Rudolf-Virchow-Oberschule. Mit ihm sprach unser Reporter Harald Ritter. 

Sie sind seit rund fünf Jahren Mitglied der Schülervertretung im Bezirk und auch im Landesschülerausschuss. Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit der Politik?

Generell sind die meisten Politiker relativ aufgeschlossen gegenüber den Schülervertretungen und auch gegenüber unseren Forderungen. Aber vieles geht zu langsam und wird längst nicht hundertprozentig umgesetzt. 

 

Der BSA fordert unter anderem weitere Trinkwasserspender und die Begrünung der Schulen durch mehr Schulgärten. Was heißt das konkret?

Das Bezirksamt soll schnellstmöglich die Berliner Wasserbetriebe beauftragen, in allen Schulen Trinkwasserspender aufzustellen. Was die Begrünung betrifft, meinen wir, dass noch mehr Flächen auf den Schulhöfen entsiegelt und bepflanzt werden sollten. Schulgärten können außerdem mehr Nachhaltigkeit bei der Essensversorgung in den Schulen bewirken, etwa durch die Nutzung von selbst gezogenem Gemüse oder Obst. In diesem Zusammenhang müssten auch die Caterer mehr in die Pflicht genommen werden.

 

Inwiefern?

Das Bezirksamt könnte von den Caterern einfordern, mehr regionale und saisonale Produkte bei der Zubereitung der Speisen in den Schulen zu verwenden. Das muss dann auch kontrolliert werden. 

 

Nachhaltigkeit und Klimaschutz müssten Ihrer Meinung nach stärker im Unterricht behandelt werden. Dabei sind die Themen aber doch Bestandteil der Rahmenlehrpläne.

Das mag schon sein. Aber in der Praxis, so unser Eindruck, hat dann doch anderes Vorrang, wenn die Zeit knapp ist. Vielfach gilt das generell für die politische Bildung an den Schulen.

 

Sie kritisieren außerdem, dass die Schulleitungen sehr unterschiedlich mit den Fehlzeiten von Fridays-for-Future-Demonstranten umgehen. 

Das stimmt. Fridays for Future und unser Ausschuss sind Partner. Wir verfolgen vielfach dieselben Ziele. Es kann nicht sein, dass die Fehlzeiten an der einen Schule als entschuldigt gelten, bei der anderen nicht und an der dritten sogar mit Sanktionen gedroht wird. Es gab  schon Fälle, da hat das Schulamt die Polizei losgeschickt, um freitags fehlende Schüler „einzusammeln“. 

 

Neben mehr Nachhaltigkeit beim Schulessen verlangen Sie „konsequent gelebte Mülltrennung“ an den Schulen. Wie ist das gemeint?

Auch diesbezüglich sind die Verhältnisse an den Schulen sehr unterschiedlich. An meiner früheren Grundschule hatten wir im Klassenraum drei Müllbehälter, in meiner jetzigen gibt es nur noch einen, in der jeglicher Abfall landet. 

 

Ein weiterer Punkt, der Ihnen wichtig ist: der Kampf gegen Diskriminierung wie Homophobie, Rassismus und Sexismus an Schulen. Wird da im Bezirk nicht genug getan?

Offiziell sind die Standpunkte klar. Es dürfte keine Art von Diskriminierung geduldet werden. Aber nach unseren Beobachtungen werden manche Vorkommnisse lieber im kleinen Kreis geklärt. Die Schulleitungen wollen schließlich nach außen nicht schlecht dastehen. Das gilt übrigens auch für Gewaltvorfälle jeglicher Art an den Schulen. Es werden mehr Präventionsmaßnahmen gebraucht. 

 

Der BSA geht auch mit dem Unterricht durch Quereinsteiger ins Gericht. Warum? 

Es werden immer mehr Quereinsteiger an den Schulen eingesetzt. Dagegen ist an sich gar nichts zu sagen, aber wir hören oft von Mängeln bei pädagogischen und didaktischen Kenntnissen oder Fähigkeiten. Die Neu-Lehrer sollten besser auf den Einsatz an den Schulen vorbereitet werden, sonst leidet die Qualität des Unterrichts nachhaltig. 

 

Noch kurz vor den Wahlen hat das Abgeordnetenhaus beschlossen, dass mindestens eine Schulstunde pro Monat künftig für das Abhalten eines Klassenrats gewährt wird. Das dürfte in Ihrem Sinne sein?

Das ist richtig – und notwendig. Aber der Senat hat daraus bedauerlicherweise eine Kann-Bestimmung für die Schulleitungen gemacht.

 

Haben Sie Forderungen an die neu gewählte Bezirksverordnetenversammlung oder an das künftige Bezirksamt?

Wir wünschen uns die Weiterführung der bisherigen Zusammenarbeit, in welchem Format ist egal. Damit meine ich auch einen stetigen Austausch mit den Fraktionen. Dabei würden wir eine parteiübergreifende Zusammenarbeit befürworten. Es ist uns allen daran gelegen, dass die Anliegen der Schüler angehört werden.