Quartiersmanagement-Team zeigte beim Kiezrundgang Partner und Projekte
Mit den Senatoren Scheel und Lederer unterwegs in Hellersdorf
Sie sind angetreten, um im Hellersdorfer Nordwesten gemeinsam mit vielen Einrichtungen und Akteuren die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort zu verbessern und den nachbarschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Seit Anfang des Jahres gibt es für das Gebiet rund um die Alte Hellersdorfer Straße ein Quartiersmanagement (wir berichteten). Um erste Projektideen, wichtige Orte und Partner vorzustellen, hatte das QM-Team am Mittwoch zum Kiezspaziergang eingeladen. Mit dabei waren Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel und Kultursenator Klaus Lederer (beide Linke).
Der Empfang im frisch bezogenen Vor-Ort-Büro (Alte Hellersdorfer Straße 146) fällt kurz aus, denn der Ablauf des Rundgangs durch das Gebiet ist ziemlich straff und eng getaktet. Vier Stationen in anderthalb Stunden stehen auf dem Programm. „In dem Quartier findet im großen Stil Wohnungsneubau statt“, sagt Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle eingangs und zeigt in Richtung Zossener Straße und Gut Hellersdorf, wo die landeseigene Gesobau praktisch ein komplett neues Viertel mit 1.500 Wohnungen aus dem Boden stampft.
Aber auch die STADT UND LAND baut in unmittelbarer Nachbarschaft kräftig mit: Auf einer Brache an der Gothaer Straße lässt das Unternehmen bis zum Jahr 2023 insgesamt 154 Wohnungen verteilt auf vier Mehrfamilienhäuser errichten. Noch einmal doppelt so viele Wohnungen entstehen an der Mittenwalder Straße. Angesichts dieses Baubooms werde es eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre sein, nicht nur die Infrastruktur ringsum anzupassen, so Pohle, sondern auch das Zusammenwachsen zwischen den neuen und den alten Nachbarinnen und Nachbarn zu fördern.
Zerschnittenes Quartier
Städtebauliche Aufgaben gibt es ebenfalls reichlich. „Wir haben ein Quartier, das keines ist“, erklärt Heike Gerth-Wefers vom Büro Weeber+Partner. Sie leitet das im Bundesprogramm „Sozialer Zusammenhalt“ geförderte QM-Projekt und beschreibt, wie der Kiez von der vielbefahrenen Zossener Straße und der Alten Hellersdorfer Straße in vier Teile zerschnitten wird. Ein Zentrum mit Aufenthaltsqualität sucht man hier vergebens – Diesen Begegnungsraum wünschen sich die Quartiersmanagerinnen und Quartiersmanager künftig auf dem seit Jahren trostlos wirkenden Parkplatz an der Kreuzung vor Norma und Lidl.
„Wir träumen auch davon, dass vielleicht in 15 Jahren das ganze Quartier eine Art Spiellandschaft ist“, so Gerth-Wefers. Ohnehin soll sich ein Hauptaugenmerk der QM-Anstrengungen auf die Situation von Familien richten, denn die haben es im Stadtteil besonders schwer.
Bibliothek als Ankerpunkt
Die erste Station der Kieztour befindet sich nur ein paar Schritte entfernt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Vor der Ehm-Welk-Bibliothek (Alte Hellersdorfer Straße 125) stellt Standortleiterin Sarah Schütz das 1994 eröffnete Haus vor, berichtet von Angeboten und von den engen Kooperationen mit Kitas und Schulen. Außerdem macht die Bibliothekarin auf ein Tape-Art-Projekt neugierig: In Kürze sollen die Fensterfronten der Ladenlokale vor Ort mit Klebebandkunst verschönert werden. „Es geht darum, die Promenade optisch aufzuwerten“, sagt sie.
Marzahn-Hellersdorfs Kulturstadträtin Juliane Witt (Linke) lobt die Arbeit des inzwischen deutlich verjüngten Teams und unterstreicht die bildungspolitische Bedeutung von Bibliotheken: „Wir haben hier im Umfeld die Situation, dass viele Kinder nicht mit Büchern aufwachsen, dass ihnen keineswegs jeden Abend eine Geschichte vorgelesen wird.“ Häufig werden diese Kinder später mit gravierenden Sprachdefiziten eingeschult. Kitas und Bibliotheken im Bezirk versuchen daher, mit vereinten Kräften und verschiedenen Projekten, die Jüngsten ans Lesen heranzuführen.
Aber auch für Jugendliche und junge Erwachsene will die Ehm-Welk-Bibliothek künftig noch attraktiver werden. „Wir sind dabei, einen Makerspace zu eröffnen“, kündigt Sarah Schütz an. In der offenen Werkstatt sollen Nutzerinnen und Nutzer ab nächstem Jahr die Möglichkeit haben, gemeinsam kreativ zu sein. Daumen hoch gibt es dafür von Kultursenator Klaus Lederer, der Bibliotheken als „die niedrigschwelligsten Kultureinrichtungen, die wir in der Stadt haben“ bezeichnet.
Beatrix-Potter-Grundschule braucht Entlastung
Und weiter geht es zu der inmitten von Häuserschluchten gelegenen Beatrix-Potter-Grundschule (Ludwigsfelder Straße 7). „Wir brauchen dringend ein neues Gebäude, damit wir wieder besser arbeiten können und auch in der Lage sind, alle Kinder aufzunehmen, die hierherziehen“, sagt Schulleiterin Barbara Reich und ächzt: „In den dritten Klassen lernen im Moment 27 Schülerinnen und Schüler. Das ist für alle eine Riesenherausforderung.“ Bezirksstadtrat Gordon Lemm (SPD) bestätigt, dass die Schule überbelegt ist und auch die geplanten Grundschulen im Naumburger Ring und in der Maxie-Wander-Straße künftig keine spürbare Entlastung für diesen Standort bringen werden.
Darum muss unbedingt ein modularer Ergänzungsbau (MEB) mit zwölf Klassenräumen her. Er könnte neben den alten mobilen Unterrichtsräumen (MUR) hinter dem Hauptgebäude errichtet werden. Dafür müsste allerdings die dort angesiedelte Mutter-Kind-Einrichtung einen Teil ihrer Grundstücksfläche abtreten. Aber Lemm sieht keine andere Alternative. „Wir hoffen daher, dass uns die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in dem Anliegen unterstützt.“ Sebastian Scheel nickt kurz und als er von der Idee hört, den Schulgarten aufs Dach zu verlegen, leuchten seine Augen: „Da ich Schirmherr des Weltkongresses Gebäudegrün bin, rennen sie da bei mir offene Türen ein.“
Spielplatz-Aufwertung und Bänke-Programm
Bevor der Rundgang im Garten des SOS Familienzentrums (Alte Hellersdorfer Straße 7) endet, stellt Sabine Antony, Leiterin der Städtebauförderung im Bezirksamt, kurz die zwei ersten Projekte vor, die im Rahmen des Quartiersmanagements für den Baufonds angemeldet wurden. Vorgesehen ist, den Spielplatz neben den Sonnenblumenhäusern an der Zossener Straße aufzuwerten. Weiterhin wird ein „Bänke-Rettungsprogramm“ aufgelegt. Dabei geht es um die (Wieder-)Herstellung von Aufenthaltsbereichen durch Sitzgelegenheiten, Mülleimer und Bäume an mehreren Standorten im Quartier, die später als „kleine Begegnungsinseln“ fungieren sollen.
Von Sabine Antony erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Spaziergangs auch Details zu den Plänen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft STADT UND LAND, die beiden Märkte an der Kreuzung Alte Hellersdorfer Straße/Zossener Straße mit Wohnungen zu überbauen. „Das Vorhaben ist leider etwas ins Stocken geraten. Wir würden uns wünschen, dass dieses Konzept weiterverfolgt wird.“ Nicht nur der Bezirk, auch das QM-Team erhofft sich von einer Neugestaltung der trostlosen Fläche mehr Aufenthaltsqualität und Raum für Begegnungen.