Wer folgt auf Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle?
Im Rathaus wird der Chefsessel frei
Um die Nachfolge von Marzahn-Hellersdorfs Bürgermeisterin Dagmar Pohle bewerben sich drei, denen die Arbeit im politischen Bezirksamt bestens vertraut ist: Juliane Witt (Linke), Nadja Zivkovic (CDU) und Gordon Lemm (SPD). Wir haben mit den zwei Stadträtinnen und dem Stadtrat über ihre Arbeit gesprochen.
Juliane Witt (58)
Bezirksstadträtin, Kulturwissenschaftlerin, Die Linke
Frau Witt, Sie sind bekennende Kulturliebhaberin. Die Corona-Pandemie hat die Branche extrem hart getroffen. Wie nehmen Sie die Situation im Bezirk aktuell wahr?
Ich hatte angenommen, die Leute würden jetzt, wo wieder mehr möglich ist, nach draußen zu den Veranstaltungen drängen, um sich zu begegnen, auszutauschen und ihren Hunger nach Kunst und Kultur zu stillen. Aber ich stelle eher eine große Zögerlichkeit fest, in den öffentlichen Raum zu gehen. Die Menschen haben sich verstärkt ins Private zurückgezogen, so zumindest mein Eindruck. Nach dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr sah das ganz anders aus. Da war beim Tag des offenen Ateliers zum Beispiel Halligalli. Diesmal ist spürbar weniger losgewesen, was ich für die Akteure vor Ort sehr schade fand.
Auch die Besucherzahl bei der Auftaktveranstaltung der Fête de la Musique in den Gärten der Welt war sehr überschaubar. Sie hatten sich im Vorfeld dafür stark gemacht, dass es hier in Marzahn-Hellersdorf an beiden Tagen nicht nur Online-Konzerte gibt, sondern auch kleine Corona-gerechte Live-Formate. Bei den Organisatoren sind sie da auf Widerstand gestoßen.
Die Bedenken, es könnten massenweise Leute zu den Open-Air-Veranstaltungen nach Marzahn-Hellersdorf strömen, waren sehr groß. Bewahrheitet hat sich das nicht. Ehrlich gesagt, stört mich auch ein wenig, dass bei den ganzen Restriktionen, die verhängt werden und die in der Innenstadt ganz klar ihre Berechtigung haben, ein wenig das Gespür für die Wirklichkeit hier im Außenbezirk fehlt. Man kann den Maxie-Treff oder den Schlosspark Biesdorf nicht mit der Staatsoper oder dem Mauerpark vergleichen. Kultur hier am Rande der Stadt wird immer eine andere sein als in der City – und das macht auch den Reiz aus.
Sind Sie eigentlich zufrieden, wie die Sanierung der Kulturinfrastruktur vorankommt?
Es geht natürlich immer noch mehr, aber immerhin konnten wir pro Wahlperiode ein großes Millionenvorhaben umsetzen: erst Schloss Biesdorf, dann das Kulturforum und ab 2023 geht es mit dem KulturGut weiter. Ich hätte mir gewünscht, mit dem Kunsthaus Flora früher starten zu können. Das Vorhaben steht nun aber erst für 2029 in der Investitionsplanung.
Wenn wir schon beim Bauen sind: In Marzahn-Hellersdorf schießen etliche neue Wohnungen aus dem Boden, die Berlin dringend braucht. Meinen Sie, es geht in dem Tempo weiter? Die Kritik am Ausmaß der Bebauung wird ja immer lauter. Die Menschen beklagen, dass in ihrem Umfeld Freiflächen und Pkw-Stellplätze verloren gehen und der Bezirk Mühe habe, mit der Schaffung der sozialen Infrastruktur hinterherzukommen.
Die zwei größten Vorhaben sind mit dem Gut Hellersdorf und dem Gut Biesdorf gerade in der Realisierung beziehungsweise in der Fertigstellung. Darüber hinaus drehen sich an vielen anderen Orten derzeit die Kräne. Ja, es werden auch noch ein paar kleinere Projekte hinzukommen, für die schon Bauanträge eingereicht wurden. Ich persönlich aber finde, dass der Bau neuer Wohnungen nicht das Ziel der nächsten Wahlperiode ist und sein sollte.
Sondern?
Natürlich müssen unbedingt die geforderten Schulen und Kitas folgen. Das ist das Mindeste. Ich sehe uns da auf einem guten Weg. Aber nicht alle, die hierherziehen, haben Kinder. Ganz wichtig ist, dass sich in den neuen Quartieren lebendige Nachbarschaften entwickeln. Was es dafür braucht, müssen wir als Bezirk gemeinsam mit den Neubewohnerinnen und -bewohnern herausfinden. Es bringt nichts, schon für die Menschen vorzudenken. Denn so läuft man Gefahr, an den Bedarfen vorbeizuplanen. Insofern wäre es wünschenswert, dass sich möglichst viele Menschen einbringen und Lust darauf haben, ihr Umfeld aktiv mitzugestalten.
Die Formen und Verfahren von Bürgerbeteiligung sind in den vergangenen Jahren vielfältiger geworden, aber sehr oft machen dann doch nur die üblichen Verdächtigen in einem Kiez mit. Gibt es Ihrerseits Ideen, wie noch mehr Leute erreicht und in politische Entscheidungen im Bezirk miteinbezogen werden könnten?
Wir müssen auf jeden Fall eine einfachere Sprache finden. Gremientechnisch und strukturell halte ich das Thema Bürgerbeteiligung im Bezirk durchaus für gut platziert. Aber ganz entscheidend ist die Art und Weise der Ansprache. Ich denke da an das Behördendeutsch in vielen Flyern und Broschüren oder auch die Fachsprache und Ausdrucksweise der Planer und Gestalter auf Informationsveranstaltungen. Eine Frage, die mich beschäftigt, ist zum Beispiel auch, in welcher Form wir den Leuten Bebauungspläne nahebringen können, um mehr Beteiligung zu erreichen. Bislang liegen die Unterlagen einfach im Alten Rathaus Marzahn aus und gut ist. Kaum jemand, der nicht unmittelbar betroffen ist, geht doch dahin, um sich durch die dicken Ordner zu kämpfen, Anmerkungen zu machen oder Einwände zu formulieren.
Seit einigen Jahren schon können die monatlichen Sitzungen der Bezirksverordnetenversammlung via Livestream im Internet verfolgt werden. Das ist eine gute Möglichkeit, sich zu informieren. Aber nur Hartgesottene setzen sich fünf Stunden lang vors Smartphone oder den Laptop, um sich die politischen Debatten anzuhören.
Das sehe ich auch so. Wir haben uns für die nächste Legislaturperiode vorgenommen, im Anschluss an jede Sitzung des Bezirksamts zu einer kleinen Pressekonferenz einzuladen. Dort berichten wir dann über wichtige Beschlüsse und wollen die getroffenen Entscheidungen für die „Außenwelt“ nachvollziehbarer machen.
Nadja Zivkovic (42)
Bezirksstadträtin, Juristin, CDU
Frau Zivkovic, Sie sind Ende 2018 für ihren zurückgetretenen Parteikollegen Johannes Martin neu in die Führungsetage des Bezirksamts gewählt worden. Wie war das für Sie als Politik-Neuling damals?
Natürlich sehr spannend und aufregend. Eine gewisse Zeit braucht jeder, um die Abläufe kennenzulernen und damit vertraut zu werden. Aber dafür gibt es ja die Schonfrist von 100 Tagen und ich denke, danach war ich auch angekommen.
Was macht Ihnen an Ihrem Job am meisten Spaß?
Das Gestalten! Ich mag es, Anregungen und Wünsche der Bürger aus den vielen Gesprächen aufzunehmen und diese, wenn möglich, auch umzusetzen. Nicht alles geht, aber vieles schon. Seien es kleine Sachen wie eine fehlende Tischtennisplatte auf dem Spielplatz oder große Straßensanierungsmaßnahmen. Zu wissen, dass man an Entwicklungen und Verbesserungen einen Anteil hatte oder diese zumindest angestoßen hat, ist echt schön.
Worauf könnten Sie als Bezirksstadträtin auch gut und gerne verzichten?
Auf den einen oder anderen Abendtermin nach 21 Uhr.
Welche Abteilung hat Sie am meisten gefordert?
Alle Ämter sind auf ihre Weise fordernd. Das Ordnungsamt umfasst etliche verschiedene Aufgabenbereiche vom Knöllchen bis zur Afrikanischen Schweinepest. Zur Wirtschaftsförderung gehören interessante Termine mit Unternehmen. Das Umwelt und Naturschutzamt wird zunehmend von der Öffentlichkeit wahrgenommen und ist ein Amt, das in nächster Zeit sehr viel mehr an Aufgaben- und Prüfungsbereichen hinzubekommen wird. Auch das Straßen- und Grünflächenamt steht stark im Fokus der Bevölkerung, weil jeder eine Meinung zu Gehwegen und Grünanlagen hat und wissen möchte, warum Dinge so oder so gehandhabt werden. Ich mag diesen Austausch aber.
Nehmen wir mal an, Sie hätten einen Wunsch frei, mit dem sich ein Projekt von heute auf morgen umsetzen ließe: Würden Sie sich für die „Vollbelegung“ des CleanTech Business Parks oder die Fertigstellung der Tangentialverbindung Ost entscheiden?
Nadja Zivkovic: Die TVO, denn mit einer guten Verkehrserschließung wird der CleanTech Business Park noch attraktiver.
Welche Erfolge, würden Sie sagen, konnten Sie in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren für sich verbuchen?
Wir haben in allen Ämtern vieles geschafft. Zum Beispiel sind neue Spielplätze und Gehwege entstanden, Plätze wie der Habichtshorst, der Lehnitzplatz und der Ullrichplatz haben jetzt eine viel bessere Aufenthaltsqualität. Da könnte ich noch sehr viel mehr nennen. Eines meiner Herzensanliegen war, die Pflege der Grünanlagen ökologischer zu machen. Durch die Zusammenarbeit mit der Humboldt-Uni und weiteren Partnern konnte ein Fortbildungsseminar zur Pflege entwickelt werden, das wir auch anderen Bezirken zur Verfügung stellen. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir durch die Besetzung der Amtsleitung mit dem promovierten Biologen und leidenschaftlichen Naturschützer Herrn Dr. Kitzmann die ökologische Arbeitsweise im Straßen- und Grünflächenamt verstetigen können. Die vielen Hektar Wildbienenwiesen, die seit diesem Sommer im Bezirk an verschiedenen Stellen blühen, sind ein schönes Beispiel dafür.
Wo hätten Sie gern mehr erreicht?
Im Bereich Personal. Ich hätte gern mehr freie Stellen besetzt. Da dauern mir die Verfahren oft zulange. Generell würde ich gern bestimmte Prozesse verschlanken, damit die Ämter schneller und flexibler auf die Bürgerwünsche eingehen können.
Was waren Ihre persönlichen Aufregerthemen?
Ganz klar Müll. Mich ärgert der oft sorglose Umgang mit unserem Umfeld, in dem wir alle leben und uns wohlfühlen wollen. Toll ist, dass es immer mehr Müllsammel-Aktionen im Bezirk gibt, bei denen sich vor allem Kinder engagieren. Sie tragen dieses Umweltbewusstsein in die Familien.
Anders als einige Ihrer Kolleginnen und Kollegen sind Sie in den sozialen Netzwerken nicht so aktiv.
Woran liegt das?
Vielleicht weil ich durch meine Ämter schon sehr viel Kontakt zu den Menschen habe. Häufig treffe ich mich mit den Bürgern, die sich an mich wenden, zu gemeinsamen Begehungen von Straßen, Gehwegen oder Orten, an denen Bänke und Mülleimer fehlen oder ein Spielplatz ergänzt werden soll. Dabei kommt man ins direkte Gespräch und erfährt, was die Menschen bewegt.
Welche Themen werden uns in den kommenden fünf Jahren Ihrer Meinung nach hier in Marzahn-Hellersdorf schwer beschäftigen?
Die intensive Bebauung, die gerade erfolgt und noch kommt, zieht in der Infrastruktur – sei es Kita, Schule oder Straßen oder öffentlicher Nahverkehr – Fragen nach sich, die schnell gelöst werden müssen. Was in den Gesprächen mit den Bürgern immer wichtiger wird – und darüber freue ich mich – sind ökologische Gesichtspunkte.
Was haben Sie sich für die kommende Legislaturperiode zum Ziel gesetzt?
Erst einmal würde ich mich freuen, wenn sich möglichst viele Wähler für mich entscheiden und ich meine Arbeit fortsetzen darf. Dabei ist mir wichtig, dass Marzahn-Hellersdorf ein schöner Bezirk bleibt. Insbesondere das Grün muss geschützt werden. Denn das macht es hier für viele Bürgerinnen und Bürger so lebenswert. Der Ausbau der Schulen muss schneller vorangehen. Jedes Kind sollte zu Fuß seine Schule erreichen können und nicht per Bus erst gefahren werden müssen. Der Fokus des Senats sollte beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mehr auf die Außenbezirke gelenkt werden. Auch der Ausbau von Gehwegen und Radwegen wird mich weiter beschäftigen.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn der Wahlkampf vorbei ist?
Es ist ja mein erster Wahlkampf überhaupt. Ich finde das alles eigentlich ganz spannend.
Was macht Ihnen außer Politik noch Spaß?
Ich verbringe gern Zeit mit der Familie und dem Hund und wandere sehr gern. Was immer geht, sind Lesen und Sport. Außerdem buddel ich gerne im Garten und bin immer wieder überrascht, was da alles wächst und gedeiht.
Gordon Lemm (44)
Bezirksstadtrat, Historiker, SPD
Herr Lemm, alle Versuche, ein Freibad in den Bezirk zu bekommen, sind in der Vergangenheit gescheitert. Das hat Sie nicht davon abgehalten, zu Beginn Ihrer Amtszeit einen neuen Anlauf zu starten. Damals hielten Sie einen Baustart noch in dieser Wahlperiode für möglich, was dann vielleicht doch etwas zu optimistisch war.
Ja, die Vorstellung, wir müssten einfach nur einen Standort finden, die Finanzierung klären und ruckzuck könnte geplant und gebaut werden, war sicher etwas naiv. Mir war damals nicht bewusst, dass für die meisten Grundstücke erst noch Bauplanungsrecht geschaffen werden muss, was erfahrungsgemäß zwei bis drei Jahre in Anspruch nimmt. Da habe ich Lehrgeld zahlen müssen. Trotzdem sind wir im Kampf um das jetzt angestrebte Kombibad ein ganzes Stück vorangekommen – so weit wie keine BVV und kein Bezirksamt vor uns.
Was steht denn bisher auf der Habenseite?
Wo es jahrelang keine gemeinsame Linie gab, konnten wir uns parteiübergreifend auf einen Standort verständigen. Eine Machbarkeitsstudie liegt vor. Die Berliner Bäder-Betriebe erkennen endlich an, dass Marzahn-Hellersdorf dringend ein Freibad braucht und halten die Fläche am Jelena-Šantić-Friedenspark auch grundsätzlich für geeignet. Außerdem wurde das Projekt von uns für die Investitionsplanung des Landes Berlin angemeldet.
Allerdings hat das Bezirksamt den Standort für das Multifunktionsbad noch immer nicht offiziell bestätigt, was wiederum die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens verhindert. Woran hakt‘s?
Es gibt im Stadtplanungsamt die Auffassung, die Erarbeitung eines B-Plans mache erst Sinn, wenn auch die Finanzierung durch das Land Berlin gesichert ist. Ich habe mich dazu mit Berlins Innen- und Sportsenator Andreas Geisel ausgetauscht, als der neulich bei uns im Bezirk war. Geisel ist ja auch Aufsichtsratsvorsitzender der Bäder-Betriebe und er sagt: Wir müssen quasi in Vorleistung gehen und ein baureifes Grundstück präsentieren. Dann gibt es auch Geld und es kann losgehen.
Um mal das Thema zu wechseln: Berlins einziger Bezirk ohne Freibad bewirbt sich um das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“. Wie geht das zusammen?
Die Grundidee des Vorhabens ist es, Kindern und Jugendlichen im praktischen Verwaltungshandeln eine Stimme zu geben und ihnen Chancen zu eröffnen, den Bezirk nach ihren Möglichkeiten aktiv mitzugestalten. Das klappt mitunter schon ganz gut. Der Schülerinnen- und Schülerhaushalt hat sich etabliert und es gibt die Kinderjury. Außerdem versteht es das Straßen- und Grünflächenamt hervorragend, beim Bau von Spielplätzen und Schulhöfen die jungen Nutzerinnen und Nutzer einzubeziehen. Nun wollen wir schauen, in welchen Bereichen Kinder und Jugendliche als Expert*innen in eigener Sache bisher noch nicht gehört wurden, obwohl eine Beteiligung relativ unproblematisch möglich wäre.
Woran denken Sie da?
An die Gestaltung von Sportplätzen, an Kultur- und Freizeitangebote, Veränderungen im Wohnumfeld, den Schulhochbau oder vielleicht auch die Beteiligung an Bebauungsplänen. Kinder und Jugendliche könnten da sicher ihre Anmerkungen machen, wenn sie davon wüssten und es einen attraktiveren Zugang zu den Unterlagen gäbe.
Es soll jetzt aber nicht der Eindruck entstehen, dass wir ab sofort nur noch machen, was die Kids wollen und uns nicht mehr für die Alten interessieren. Darum geht es nicht.
In den letzten fünf Jahren waren Sie ganz besonders als Schulstadtrat gefordert. Um die teils übervollen Schulen zu entlasten oder marode Gebäude zu sanieren, mussten Sie Auslagerungen und Busshuttles veranlassen. Es wurden Container aufgestellt und Ergänzungsbauten errichtet. Nach wie vor hält der Zuzug von Familien in den Bezirk an. Sehen Sie eigentlich Licht am Ende des Tunnels?
Wir investieren in den nächsten Jahren über eine halbe Milliarde Euro, um unsere Kinder und Jugendlichen angemessen beschulen zu können. Das Geld fließt in mindestens zwölf neue Schulen, zwölf große Ergänzungsbauten und sechs Typensporthallen. Das ist schon ein enormer Zuwachs, wenn man sich vor Augen hält, dass es in Marzahn-Hellersdorf bisher 47 Schulen gibt.
Aber auch in der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode ist es gelungen, die schulische Infrastruktur Schritt für Schritt zu verbessern. 20 Gebäude und mehrere Turnhallen wurden saniert. Wir konnten die Oberschule in Mahlsdorf und die Fuchsberg-Grundschule in Biesdorf eröffnen. An fünf Standorten wurden Modulare Ergänzungsbauten (MEB) errichtet. An vier Standorten helfen wir für einige Jahre mit hochwertigen mobilen Unterrichtsräumen aus und wir haben inzwischen alle Ergänzungsbauten aus den 90er Jahren (MUR) saniert und dauerhaft gesichert. Die Mahlsdorfer Grundschule hat eine neue Sporthalle bekommen und die Grundschule an der Wuhle erhält ihre jetzt zum neuen Schuljahr.
Unbestritten haben wir an vielen Standorten nach wie vor eine angespannte Situation, aber ich hoffe, dass die Menschen im Bezirk inzwischen den Eindruck haben, dass sich hier etwas zum Positiven verändert.
Wenn wir schon mal bei Erfolgen sind: Was würden Sie zu Ihren wichtigsten Errungenschaften als Bezirksstadtrat zählen?
Saubere Schulen waren mir von Anfang an ein großes Anliegen. Insofern freut es mich sehr, dass wir die Tages- und Bedarfsreinigung an allen Marzahn-Hellersdorfer Schulen einführen konnten. Corona hat in dem Fall geholfen, die Umsetzung zu beschleunigen, weil es zusätzliches Geld vom Land gab. Wir waren mit dem Projekt als Vorreiter in Berlin zwar schon vor der Pandemie gestartet, konnten es aber aus Kostengründen anfangs nur schrittweise angehen.
Auch die bessere finanzielle Ausstattung der Jugendfreizeiteinrichtungen würde ich zu den Erfolgen dieser Legislaturperiode zählen. Außerdem hat das Jugendamt zwölf zusätzliche Stellen für den Regionalen Sozialpädagogischen Dienst (RSD) erkämpft und die Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung halbwegs in den Griff bekommen.
Sie sprechen es an: Die Ausgaben für den Kinderschutz waren lange Zeit eines der Aufregerthemen im Bezirk. Sie belasten den Bezirkshaushalt schon seit vielen Jahren, weil der Senat sie nicht komplett erstattet. Hat sich daran etwas geändert?
Zumindest ist die prozentuale Steigerung unserer Ausgaben zuletzt moderat gewesen und im Bezirke-Vergleich sind wir auch nicht mehr die Einzigen, die deutlich mehr Geld für die Hilfen zur Erziehung benötigen, als das Land zur Verfügung stellt. Außerdem konnten wir dem Finanzsenator gegenüber deutlich machen, dass in unserem Jugendamt nicht anders gearbeitet wird als in anderen Bezirken. Wir haben einfach diesen riesigen Bedarf von aktuell 91 Millionen Euro, während im aktuellen Haushalt nur 79 Millionen Euro für dieses wichtige soziale Angebot vorgesehen sind.
Warum stellt sich der Senat da so quer?
Es gibt im Land Berlin die Auffassung, die Hilfen zur Erziehung seien steuerbare Ausgaben, weil natürlich zwischen verschiedenen Leistungen gewählt werden kann und es fiskalisch einen Unterschied macht, ob ein Sozialarbeiter zweimal pro Woche nach dem Rechten schaut oder ein Kind übergangsweise in einer Tagesgruppe betreut wird. Mich stört, dass hier nicht gefragt wird, was das Beste für das Kindeswohl ist oder was der Familie hilft, sondern wie sich am meisten Geld sparen lässt.
Hinter den 91 Millionen Euro verbergen sich etliche problembeladene Familien und Einzelschicksale. Was kann der Bezirk tun, damit es weniger werden?
Wir haben uns als elternaktivierendes Jugendamt auf den Weg gemacht, weil wir einen deutlichen Verlust von Erziehungskompetenz in den Familien wahrnehmen. Ziel ist es, mit verschiedenen Präventionsmaßnahmen, Eltern frühestmöglich so fit zu machen, dass sie in der Lage sind, ihren Kindern ein gutes und gesundes Aufwachsen zu ermöglichen. Wie groß der Bedarf ist, zeigen die teilweise erschreckenden Ergebnisse der Einschulungsuntersuchungen.
Wie kann so ein Präventionsangebot aussehen?
Mit Mitteln aus dem sogenannten Flexibudget wird zum Beispiel gerade ein Projekt an Kitas in Hellersdorf- Nord und Marzahn-Mitte umgesetzt. Dort sind Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Einsatz, deren Job ist es, Eltern von Kindern mit Entwicklungsdefiziten zu unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten.