Kaulsdorfer Psychiatrie mit neuem Angebot in Helle Mitte vertreten
Drei Tageskliniken unter einem Dach
Die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik hat Zuwachs bekommen. FRITZ, EMMA und PIT heißen drei neue Tageskliniken, die kürzlich am Standort Helle Mitte eröffnet wurden. Patient*innen mit ganz unterschiedlichen psychischen Störungen und Erkrankungen werden dort tagsüber therapeutisch betreut und können sonst in ihrem gewohnten sozialen Umfeld bleiben.
Viele Menschen schleppen psychische Belastungen mit sich herum. Corona hat die Situation noch verschärft. Das neue „Tagesklinikzentrum Helle Mitte“ mit seinen 51 Plätzen sei auch als Reaktion auf diese Entwicklung entstanden, sagt Dr. Christoph Richter. Der Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Vivantes Klinikum Kaulsdorf freut sich sehr, Patient*innen damit ein umfangreiches und spezialisiertes Therapieangebot machen zu können. Und er ist sich sicher: „Auch nach Abebben der Pandemie werden die drei Einrichtungen ein wichtiger Baustein unserer Klinik bleiben.“
Die Räumlichkeiten befinden sich im Gebäudekomplex zwischen Janusz-Korczak- und Fritz-Lang-Straße. Sie sind hell, freundlich und großzügig gestaltet. Im ersten Stock wurden auf rund 1.500 Quadratmetern Therapiebereiche mit Aufenthaltsorten und einem eigenen Bewegungsraum geschaffen. Dazu kommen vielfältige, individuelle Rückzugs- und Gesprächsorte sowie weitere Räume für Ergo-, Kunst- und Kochtherapie.
Jede Klinik mit eigenem Schwerpunkt
Der Name ist zwar neu, ansonsten ist die Tagesklinik PIT mit ihren 24 Behandlungsplätzen aber schon seit vielen Jahren eine feste Größe im Bezirk. Sie wurde von Vivantes bislang in der Mehrower Allee betrieben. Das zwölfwöchige Gruppentherapieangebot erhalten Patient*innen mit Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen und Menschen, deren körperliche Beschwerden eine seelische Ursache haben.
Innerhalb dieser Tagesklinik stehen bis zu fünf Plätze für eine zusätzliche Orientierungsgruppe zur Verfügung. Bei dem kürzeren, vierwöchigen Aufenthalt geht es darum herauszufinden, was Patient*innen belastet und welche Therapiemöglichkeiten für sie infrage kommen. Aufgenommen werden ausschließlich Menschen, die in psychischen Krisen zuvor die Rettungsstelle oder die psychiatrische Abteilung des Vivantes Klinikums Kaulsdorf aufgesucht haben.
Tagesklinik PIT
Psychodynamisch-
interaktionelle Gruppentherapie
24 Therapieplätze
Janusz-Korczak-Straße 4
T. (030) 409 160 115
Tagesklinik EMMA
Emotionsregulation
und Traumatherapie
16 Therapieplätze
Janusz-Korczak-Straße 4
T. (030) 409 160 120
Tagesklinik FRITZ
Frühinterventions-
und Therapiezentrum
11 Therapieplätze
Fritz-Lang-Str. 3 | 12627 Berlin
T. (030) 409 160 210
Das zweite Angebot, die Tagesklinik EMMA, ist für emotional instabile Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung da. Sie werden hier nach den Grundsätzen der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) behandelt. Das in seiner Wirksamkeit klinisch und wissenschaftlich bestens nachgewiesene Verfahren zielt darauf ab, den Patient*innen Fertigkeiten zu vermitteln, die ihnen helfen sollen, mit Stress, intensiven Gefühlen, Selbstzweifeln und zwischenmenschlichen Konfliktsituationen besser umzugehen. Weil sie häufig unter einer massiven inneren Anspannung stehen, ist das Leben für Boderline-Menschen wie eine unkontrollierbare Achterbahnfahrt. Oft reicht ein minimaler Anlass und sie geraten aus ihrem emotionalen Gleichgewicht. Um den Stress abzubauen, verletzen sich viele Betroffene selbst, kommen in schwierige Beziehungskonstellationen, missbrauchen zum Teil Alkohol oder andere Drogen. Auch Essstörungen und Suizidgedanken sind keine Seltenheit.
Besonderes Angebot für junge Erwachsene
Als ziemlich innovativ gilt das Konzept der dritten Einrichtung: dem Frühinterventions- und Therapiezentrum – kurz FRITZ. „Damit wollen wir ausdrücklich junge Erwachsene mit beginnenden psychiatrischen Erkrankungen erreichen“, erklärt Dr. Christoph Richter. Er ist von der Sinnhaftigkeit einer solchen Tagesklinik voll überzeugt, weil sich 18- bis 25-Jährige in einer kritischen Lebensphase befinden. Sie müssen lernen, sich von ihren Eltern zu lösen und Partnerschaften zu führen, sind dabei, sich beruflich zu orientieren und den eigenen Lebensweg zu finden. „Da passiert total viel und natürlich kann auch mal etwas misslingen“, weiß Richter. Nicht alle kommen mit den massiven Umbrüchen, die das Erwachsenwerden so mit sich bringt, emotional gut zurecht. Denen rät der Mediziner, Probleme ernst zu nehmen und professionelle Hilfe zu suchen, sobald sie psychische Veränderungen an sich bemerken, die eine Belastung darstellen, den Alltag stören oder ihnen Angst machen. Schließlich gilt auch für seelische Störungen: Je früher sie erkannt werden, desto besser lassen sie sich therapieren. Häufig zeigen sich bei jungen Erwachsenen Angststörungen und Panikattacken, Zukunfts- und Versagensängste, Depressionen und Störungen im Sozialverhalten. „Leider gelangen Patient*innen durchschnittlich vier bis fünf Jahre zu spät in Behandlung, weil sie sich für ihre psychischen Krisen schämen. Dann hat sich die Krankheit meist schon stark manifestiert. Das wollen wir ändern“, so Richter.
Offen und unkonventionell
FRITZ ist ein niedrigschwelliges und jugendaffin ausgerichtetes, tagesklinisches Angebot. Elf Plätze stehen zur Verfügung. Die Therapiezeiten sind Montag bis Freitag von 9 bis 15.15 Uhr. Der Behandlungsplan ist individuell auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden zugeschnitten. Es gibt keine festgelegte Behandlungsdauer und auch kein Pflichtprogramm. Allerdings müssen ein paar grundsätzliche Regeln befolgt werden: Drogenkonsum vor Ort und Gewalt sind beispielsweise tabu.
Zu Beginn des Aufenthalts erarbeiten die Therapeut*innen gemeinsam mit den Patient*innen individuelle Ziele und loten geeignete Behandlungsmöglichkeiten aus. Weil es in der Regel leichter fällt, sich mit Gleichaltrigen auszutauschen, die ähnliche Probleme haben, werden die Schwierigkeiten in der Gruppe angegangen. Ein multidisziplinäres Team begleitet und betreut die jungen Erwachsenen dabei. Wichtige Therapiebausteine sind Einzel- und Gruppengespräche, die durch Sozialberatung, Bewegungs-, Ergo- und Kunsttherapie ergänzt werden. Aktivitäten wie gemeinsames Kochen und Ausflüge kommen ebenfalls nicht zu kurz.
Die Zeit in der Tagesklinik soll den jungen Leuten helfen, sich selbst besser zu verstehen und Bewältigungsstrategien zu erlernen, mit denen sie ihren Alltag gut geregelt bekommen. „Viele unserer Patient*innen befinden sich mitten in der Ausbildung oder sind in ihrem ersten festen Job angekommen. Es wäre fatal, würden sie da herausfallen“, bemerkt Dr. Richter. Auf Wunsch werden daher vermittelnde Gespräche mit dem Wohnungsvermieter, der Arbeits- oder Ausbildungsstelle geführt und auch Angehörige in die Behandlung einbezogen.
Wer Interesse an FRITZ in Helle Mitte hat, kann sich ganz unkompliziert per E-Mail oder telefonisch beraten lassen.