So geht Gewaltprävention im Kiez

Senator Andreas Geisel besuchte Leuchtturmprojekte der Jugendsozialarbeit

So geht Gewaltprävention im Kiez

Senator Andreas Geisel und Bezirksstadtrat Gordon Lemm im Gespräch mit dem Leiter des Eastend, Tim Becker. © pressefoto-uhlemann.de
Senator Andreas Geisel und Bezirksstadtrat Gordon Lemm im Gespräch mit dem Leiter des Eastend, Tim Becker. © pressefoto-uhlemann.de

So viele Zuschauerinnen und Zuschauer haben die Kinder und Jugendlichen selten, wenn sie auf dem Dach des Eastend (Tangermünder Straße 127) ein paar Körbe werfen. An diesem Montagmorgen im Juni aber ist Berlins Innen- und Sportsenator Andreas Geisel zu Besuch – und er kommt nicht allein.

Im Schlepptau hat der SPD-Politiker seinen Staatssekretär Aleksander Dzembritzki, den Marzahn-Hellersdorfer Bezirksstadtrat Gordon Lemm, Mitarbeitende des bezirklichen Jugendamts, einige Polizeibeamte und Presseleute. Er wolle sich anschauen, wie Prävention kiezbezogen vor Ort funktioniert, sagt Geisel zu Beginn seiner Kieztour.

Das Eastend ist die erste Station auf dem anderthalbstündigen Rundgang zu ausgewählten Projekten. Tim Becker, Leiter der Einrichtung, schildert, welche Rolle Sport, Streetwork und die offene Kinder- und Jugendarbeit spielen können, um Kriminalität zu verhindern, bevor sie entsteht.

 

Ein guter Draht zu den Jugendlichen

Den Senator interessiert besonders, wie die Mittel aus dem Förderprogramm der kiezorientierten Gewalt- und Kriminalitätsprävention verwendet werden. Im Eastend fließen die vor allem in die Beziehungs- und aufsuchende Straßensozialarbeit. Damit will man junge Leute im Viertel erreichen, die dem Jugendklub bewusst fernbleiben und auch schon mal Ärger machen können. „Das funktioniert bisher super“, findet Gordon Lemm. „Die Beschwerdelage aus der umliegenden Anwohnerschaft ist zurückgegangen“, so der Stadtrat.

 

Auch im benachbarten Bürgergarten Helle Oase, dem zweiten Halt auf der Tour des Senators, ist die Vandalismus- und Diebstahl-Problematik nicht mehr so groß wie in den Vorjahren, auch weil es Kids-&-Co-Mitarbeiterin Anna Juhnke und ihrem Team gelungen ist, einige auf Krawall gebürstete Jugendliche mit ins Boot zu holen. Gemeinsam wurde ein Pavillon errichtet, in dem die jungen Leute auch außerhalb der Öffnungszeiten im Bürgergarten abhängen können.

 

Um Maßnahmen wie das Streetwork-Projekt im Eastend zu fördern, erhält bisher jeder Berliner Bezirk über die „Landeskommission Berlin gegen Gewalt“ 150.000 Euro pro Jahr. „Das ist super angelegtes Geld“, erklärt Geisel. Damit die Finanzierung von Projekten künftig nicht mehr nur ein oder zwei Jahre läuft, sondern längerfristig auf sicheren Beinen steht, soll sein Haus noch im Sommer den Entwurf für ein Landesgesetz zur Gewaltprävention vorlegen, kündigt der Senator an. Denn Prävention brauche Kontinuität.   

Alice-Salomon-Platz kein Angstraum

Während eines kurzen Zwischenstopps vor der Alice-Salomon-Hochschule zeigt Jugendamtsmitarbeiterin Gabriele Kokel zur gegenüberliegenden Straßenseite auf den Rathaus-Vorplatz. Sozialarbeiter aus dem Eastend und von Kids & Co sind dort regelmäßig unterwegs. Eine Zeit lang habe eine größere Clique für etwas Unruhe gesorgt, berichtet sie. „Die Leute hier fühlten sich gestört.“ Torsten König, Präventionsbeauftragter des Polizeiabschnitts 33, erinnert sich in dem Zusammenhang auch an den einen oder anderen Ladendiebstahl. „Aber gerade im letzten Jahr hatten wir hier fast eine Null-Lage.“ Ihm sei wichtig, zu betonen, dass die Plätze in der Hellen Mitte auch vor Corona und den monatelangen Ausgangsbeschränkungen weit davon entfernt waren, Angsträume zu sein.

 

Ein cooler Ort zum Abhängen und Skaten

Letzte Station des Kiezrundganges ist der Libertypark, wo sich die Skater-, Inliner- und BMX-Szene aus dem Bezirk trifft. Der Rollsportpark gehört zur Jugendfreizeiteinrichtung Senfte 10. Mitarbeiter des Trägers Kids & Co stellen Geisel das Projekt „Gemeinsam gegen Gewalt“ vor. Als besonderer Gast wird Lilly Stoephasius begrüßt. Die 13-jährige ist Deutsche Skateboard-Meisterin und hat in ihrer Paradedisziplin „Park“ sensationell das Olympia-Ticket gelöst. In wenigen Wochen tritt sie als jüngstes Mitglied der gesamten deutschen Olympiamannschaft die Reise nach Tokio an. Über den Libertypark sagt die Berlinerin, der sei zum Abhängen und Skaten „ziemlich cool“, aber ungeeignet fürs Profisport-Training. In ganz Berlin und sogar deutschlandweit gäbe es keinen international wettkampftauglichen Skatepark. Daher muss sie sich auf größere Sportereignisse im Ausland vorbereiten – etwa in Malmö, Paris oder Amsterdam. 

 

Von Monika Kunze, die bei Kids & Co arbeitet, erfährt der Innensenator vom Schicksal der beliebten Skateranlage. „Die Kinder und Jugendlichen werden hier verdrängt“, sagt sie. Grund ist das XXL-Bauprojekt der Gesobau mit 1.500 Wohnungen. Da das neue Quartier sehr nah am Libertypark liegt, befürchtet die Wohnungsbaugesellschaft Ärger mit den neuen Mieterinnen und Mietern. Deswegen soll die Skateranlage an anderer Stelle im Viertel neu aufgebaut werden.