Ausstellung über Ingeborg Meyer-Rey im Bezirksmuseum läuft noch bis 24. September
Ein feines Gefühl für Kinderaugen
Das Bezirksmuseum präsentiert in einer aktuellen Ausstellung das Leben und Werk der Künstlerin Ingeborg Meyer-Rey. Diese hat die größte Zeit ihres Lebens in Mahlsdorf verbracht und nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihrem Schaffen Spuren vor allem in der Buchillustration hinterlassen. Unter anderem wurde die Titelfigur der Kinderzeitung „Bummi“ von ihr geschaffen. Der gelbe Bär war in der DDR genauso bekannt wie das Sandmännchen.
Die Ausstellung über Meyer-Rey teilt das Schicksal vieler Ausstellungen in der Corona-Krise. Sie sollte eigentlich anlässlich des 100. Geburtstages der Künstlerin im Dezember vergangenen Jahres eröffnet werden. Der Termin wurde dann auf den März verschoben. Tatsächlich besichtigt werden kann die Schau unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln seit dem 18. Mai.
Es gibt viele Gründe, der Ausstellung möglichst viele Besucher zu wünschen. Die wenigsten erinnern sich an den Namen des Buchillustrators, während der Auto im Gedächtnis bleibt. Dabei spielt deren Arbeit besonders bei Kindern für die Rezeption eine mindestens genauso große Rolle. Junge Menschen werden durch die Bilder oft erst zu den Geschichten hingeführt. Die Zeichnungen können für Eltern und Großeltern ein guter Anlass sein, mit ihren Kindern oder Enkeln über ihre eigene Kindheit zu reden. Biografie und Schaffen von Ingeborg Meyer-Rey bieten außerdem einen mit Bildern unterlegten Einblick in die jüngere deutsche Geschichte.
Geboren wurde die Künstlerin am 14. Dezember 1920 in Treptow. Da der Vater nach dem Ersten Weltkrieg keine Arbeit gefunden hatte, eröffnete die Mutter eine kleine Kürschnerei. Die Familie zog 1930 in das Konfektionsviertel in Mitte, zu potenziellen Kunden. Nach der Zerstörung ihrer Wohnung durch Luftangriffe, folgte 1945 der Umzug nach Mahlsdorf auf ein Grundstück des Großvaters.
Der Inhaber der jüdischen Firma Lamm, ein Geschäftspartner der Mutter, machte die Familie auf das zeichnerische Talent der kleinen Ingeborg aufmerksam und empfahl, sie entsprechend ausbilden zu lassen. Sie bekam Privatunterricht im Malen und Zeichnen.
Nach dem Abitur 1939 und dem Reicharbeitsdienst studierte sie von 1940 bis 1944 an der „Staatlichen Hochschule für bildende Künste“ in Charlottenburg Wandmalerei und Illustration. Zunächst malte die Kunstabsolventin Bilder mit gefälligen Sujets, die im Antiquariat ihres Onkels in Schöneberg verkauft wurden. 1946 beteiligte sie sich mit Arbeiten an einer Ausstellung des Berliner Magistrats. Die „Tägliche Rundschau“ berichtete darüber. Während sie in dem Zusammenhang wegen eines Fotos in der Redaktion zugegen war, wurde sie vom Fleck weg engagiert. Von da an illustrierte sie literarische Beiträge für den Verlag und später auch in der Roman-Zeitung. 1947 wechselte die junge Frau in das „Haus der Kultur der Sowjetunion“ in Mitte. Hier malte sie wieder Großformatiges im Auftrag, entwarf Kostüme und organisierte Ausstellungen. Sie gestaltete zum Beispiel für das 1954 eröffnete Puppentheater im „Haus des Kindes“ am Strausberger Platz die Vorhänge.
Zu dieser Zeit lag der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit aber längst in der Buchillustration. Ab 1952 entschied sich Meyer-Rey, vorrangig im Bereich der Kinderliteratur zu arbeiten. In der Folge entstanden zahlreiche Bilder zu Märchen, Gedichten, Alltags- und Tiergeschichten international bekannter Autoren wie Michail Prischwin oder Valentin Katajew sowie Benno Pludra, Fred Rodrian und Eva Strittmatter. Viele ihrer kleinen Kunstwerke sind bis heute an einer besonderen Tusch-Mischtechnik zu erkennen, die sie für ihre Zeichnungen entwickelte.
Bis 1990 illustrierte Ingeborg Meyer-Rey allein für den Kinderbuchverlag Berlin rund 100 Bücher. Viele Titel erreichten zweistellige Neuauflagen und wurden auch im Ausland veröffentlicht – unter anderem in den USA, Großbritannien, Schweden, der Sowjetunion und China. Seit 2002 erschienen beim Verlag Beltz & Gelberg in der Nachfolge des Kinderbuchverlags 35 Titel mit ihren Illustrationen in weiteren Nachauflagen.
Harald Ritter
Die Ausstellung im Bezirksmuseum (Haus 2, Alt-Marzahn 55), ist bis 24. September zu besichtigen. Öffnungszeiten: Mo-Fr: 10 bis 18 Uhr, außer an Wochenfeiertagen.