Eine Mini-Schule auf jeder Etage

Senat und Bezirk informierten über die geplante Grundschule im Naumburger Ring

Eine Mini-Schule auf jeder Etage

Die meisten Kinder und Jugendlichen lernen nach wie vor in herkömmlichen Schulen mit langen Fluren, geschlossenen Klassentüren und frontal auf die Tafel ausgerichteten Unterrichtsräumen. Berlins Schulen von morgen sollen so aber nicht mehr konzipiert sein. Angesagt sind offene und multifunktionale Lernlandschaften mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Auch die neue vierzügige Grundschule im Naumburger Ring 3-5 entsteht nach diesen Vorstellungen. Wie genau das Gebäude aussehen wird, war am Mittwochabend bei einer digitalen Infoveranstaltung zu erfahren. Obendrein gab es vom Bezirk eine Präsentation der neuen Einzugsgebiete rund um den neuen Schulstandort und Hinweise zum Anmeldeverfahren für das Schuljahr 2022/23. 

Wenn in etwas mehr als einem Jahr die 36. Marzahn-Hellersdorfer Grundschule ans Netz geht, wird das Gelände am Naumburger Ring, Ecke Weißenfelser Straße noch eine große Baustelle sein. Erstklässlerinnen und Erstklässler aus dem neuen Einzugsgebiet müssen daher übergangsweise Schulcontainer an der Louis-Lewin-Straße beziehen, bis ihre schöne neue Schule fertiggestellt ist. Das war ursprünglich so nicht geplant. Eigentlich sollte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen die Schule mit der dazugehörigen Sporthalle im August 2022 an den Bezirk übergeben. Der Termin ist aber nicht zu halten. Wegen der extrem angespannten Schulplatzsituation in der Region hat sich das Schulamt für den unkonventionellen Schulstart in Containern entschieden. Um Eltern und Anwohnende frühzeitig mit allen wichtigen Informationen zu versorgen, lud Bezirksstadtrat Gordon Lemm (SPD) zur Videokonferenz ein. 

 

Compartmentschule – Was ist das?

Errichtet wird die neue Grundschule in Modulbauweise. Sie ist für vier Klassen pro Jahrgangsstufe ausgelegt. 576 Kinder können hier lernen. Dr. Andreas Bossmann, der für die Senatsbildungsverwaltung das Musterraumprogramm des Senats vorstellte, erläuterte: „Die Anforderungen an zeitgemäße Schulgebäude haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich verändert.“ Bessere Lernbedingungen gerade auch für den ganztägigen und inklusiven Unterricht versprechen sich die Berliner Bildungsexpertinnen und -experten vom Konzept der „Lern- und Teamhäuser“. Es sieht eine Aufteilung der Schule in sogenannte Compartments vor. Das sind quasi mehrere kleine Schulen innerhalb der großen Schule.

 

In den Compartments gruppieren sich mehrere geräumige Unterrichtszimmer (Stammgruppenräume), verschiedene Teilungsräume, eine Teamzone für das pädagogische Personal, Toiletten, Ruheräume und Garderoben (Schuhwechselzonen) um große Gemeinschaftsflächen. Diese sogenannten Foren sind komplett verglast, um Sichtbeziehungen zwischen den Räumen herzustellen. Bossmann nennt sie das „Herzstück“ der Lernhäuser. Sein Kollege Sebastian Pohle von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen bezeichnet das Forum als „Marktplatz“, der als Treffpunkt und Pausenraum, aber auch als Ort für Einzel-, Gruppen- und Projektarbeit fungieren kann. 

 

Ergänzt werden die Compartments von Räumen, die der gesamten Schulgemeinschaft zur Verfügung stehen. Dazu gehören Werkstätten für Naturwissenschaften, Musik, Kunst, Kochen und gesunde Ernährung, eine Bibliothek, Therapieräume und die Verwaltungsebene mit Sekretariat, Schulleiterbüro und allem Drum und Dran. Der große Mensa- und Mehrzweckbereich im Erdgeschoss ist mit einem flexiblen Trennwandsystem ausstaffiert. Hier können Einschulungsfeiern, Theateraufführungen und außerschulische Veranstaltungen stattfinden. Zu den weiteren Besonderheiten des neuen Schulgebäudes zählt Sebastian Pohle neben der komplett autarken, hocheffizienten Lüftungsanlage auch die offenen Treppenhäuser. Sie sind „komplett bespielbar“ und teilweise sogar als Aufenthaltsfläche nutzbar.

 

Runde Tischtennisplatten und ein Matschplatz

Die Landschaftsarchitektin Svenja Goltz-Schiller nahm die Teilnehmenden der Infoveranstaltung mit auf einen virtuellen Rundgang über den Schulhof – vorbei an der Typen-Dreifeldsporthalle, die am Nachmittag und am Wochenende den Vereinen zur Verfügung steht, und weiter zum Schulgarten, der ausreichend Platz bietet, um auch ein grünes Klassenzimmer einzurichten. Charakteristisch für die Außenanlagen der neuen Grundschulbauten, so Goltz-Schiller, seien asphaltierte Hügellandschaften. „Die Kinder können hier kleine Berge hoch- und runterlaufen, skaten oder auch mit dem Roller fahren“. Darüber hinaus wird der Pausenhof im Naumburger Ring über einen Matschbereich, eckige und runde Tischtennisplatten, in den Boden eingelassene Trampoline, ein Fuß- und Basketballfeld, eine Laufbahn, eine Kletterspinne, ein Karussell, Balancierelemente, eine Sechser-Schaukel und eine Rutsche verfügen.

 

Bezirk legt neue Einzugsbereiche fest

Anne Steinhuber vom Schul- und Sportamt verwies darauf, dass sich mit dem „Neuzugang“ für die Hellersdorfer Schullandschaft ab dem Jahr 2022/23 auch die Einschulungsbereiche der umliegenden Schulen ändern und viele überbelegte Standorte durch die neuen Zuschnitte ein wenig entlastet werden. Das betrifft die Beatrix-Potter-Grundschule, die Pusteblume-Grundschule, die Mozart-Schule, die Grundschule am Schleipfuhl, die Kolibri-Grundschule und die Bücherwurm-Grundschule. Informationen dazu können Eltern in Kürze auf der Internetseite des Schul- und Sportamts nachlesen. Das Einzugsgebiet des neuen Schulstandorts liegt grob skizziert zwischen Landsberger Chaussee, Stendaler Straße, U-Bahngleisen und Oschatzer Ring.

 

Anmeldung für die neue Schule vom 27.9. bis 8.10.2021

Schulpflichtig sind im Sommer nächsten Jahres alle zwischen dem 1. Oktober 2015 und dem 30. September 2016 geborenen Kinder. Sie müssen von ihren Eltern im Zeitraum vom 27. September bis 8. Oktober 2021 für die Grundschule angemeldet werden. „Weil es die neue Schule da ja noch nicht gibt, erfolgt die Anmeldung in den Räumen der Pusteblume-Grundschule“, erläuterte Anne Steinhuber. Ein Antrag auf Rückstellung ist einmalig möglich. Wer nicht möchte, dass der eigene Nachwuchs im Provisorium an der Louis-Lewin-Straße eingeschult wird, kann einen Wechselwunsch-Antrag ausfüllen und dabei bis zu drei Alternativ-Schulen benennen. 

 

Gute Erfahrungen mit Containerlösung

Schlechte Lernbedingungen für ihre Kinder aber bräuchten Eltern nicht zu befürchten, betonte Schulstadtrat Gordon Lemm. Der Bezirk hat bereits gute Erfahrungen mit den mobilen Unterrichtsräumen gemacht. Diese seien hell, groß und mit Smartboards ausgestattet. An mehreren Standorten, darunter auch in Mahlsdorf auf dem Lehnitzplatz, sind solche Anlagen zuletzt errichtet worden. Jetzt kommt eine weitere hinzu. In den Containern in der Louis-Lewin-Straße 40 werden im August 2022 voraussichtlich fünf ersten Klassen starten und zusätzlich 100 Kinder aus der übervollen Pusteblume-Grundschule beschult, „sodass der für maximal zwölf Klassen ausgelegte Standort mit neun Klassen belegt sein wird“, rechnete der Bezirksstadtrat vor.

 

Für die temporäre Anlage wird eine dreijährige Stellgenehmigung beantragt. Er gehe nicht davon aus, dass die Schulgemeinschaft dort so lange bleiben werde, sondern spätestens nach einem Jahr in ihren Neubau wechseln könne. Dennoch braucht es Sicherheit, sollte es Verzögerungen bei der Fertigstellung der Grundschule im Naumburger Ring geben. So oder so werden die Container nicht leer stehen: „Wir nutzen alle verfügbaren schulfähigen Räume, um auch andere Schulen zu entlasten oder dort Sanierungen vorzunehmen“, so Lemm. Angedacht ist auch, die mobilen Räume dem benachbarten Jugendklub Nische zur Verfügung zu stellen, sobald sie für eine schulische Nutzung nicht mehr benötigt werden.