Statt in die Pedale trat eine Radfahrerin wütend um sich
Hundezoff in Mahlsdorf eskalierte
Schnell noch mit dem Fahrrad zum Supermarkt wollte die Frau. Ganz gemütlich spazierte dagegen ein Hundehalter mit seinem Vierbeiner an ihrem Gartentor vorbei. Claudia P.* ärgerte sich, weil sie kurz warten und nicht voll in die Pedale treten konnte. Als sie sich auf ihrem Rückweg erneut durch Hund und Herrchen ausgebremst fühlte, kam es laut Anklage zum lauten Streit und Körperverletzung.
Die Angeklagte aus Mahlsdorf schlägt ein Bein über das andere. „Das ist so nicht richtig“, widerspricht die 53-Jährige den Vorwürfen. „Ich habe den Mann zunächst sehr höflich gebeten, seinen Hund anzuleinen. Der lief aus meiner Sicht frei oder an einer sehr langen und kaum sichtbaren Leine“, sagt die Radfahrerin. Fußweg und Straße seien dadurch blockiert gewesen. Bepackt mit Einkaufstaschen habe sie sich „durchschlängeln“ wollen. Da rannte der Hund auf sie zu. „Ich hob dann meinen linken Fuß, um mich für den Fall eines Angriffs wehren zu können“, schildert Claudia P. Keinesfalls habe sie verletzen wollen. Leider sei es dann zu einer Auseinandersetzung gekommen.
Werner D. ist der erste Zeuge im Prozess. Der 76-jährige Rentner mustert die Frau auf der Anklagebank. Es wirkt ein wenig triumphierend. „Die Frau ist direkt auf mich zugefahren und suchte die Konfrontation“, erklärt er. Es wäre aus seiner Sicht genug Platz gewesen für die Radfahrerin und seinen Hund. Deshalb habe er auch keine Veranlassung gesehen, weiter zur Seite zu gehen. „Und außerdem ist mein Rocky ein ruhiges und freundliches Tier.“ Die Angeklagte hört es kopfschüttelnd. Sie kann sich eine Bemerkung nicht verkneifen: „Das steht dem Hund allerdings nicht auf der Stirn geschrieben.“ Und sie schimpft: „Merken Sie sich mal, dass nicht jeder von einem fremden Hund angesprungen, beschnuppert oder gar abgeschleckt werden möchte.“
Die Richterin bittet um Mäßigung. Bei der Frau aber steigert sich die Empörung. „Der Herr hat doch Streit gesucht und sich absichtlich in meiner Straße aufgehalten“, vermutet sie. Er sei sauer gewesen, weil sie ihn bei der ersten zufälligen Begegnung auf die Leinenpflicht hingewiesen habe. Werner D. verschränkt die Arme: „Die Dame irrt.“ Sie kenne die rechtliche Situation schlichtweg nicht. Er habe seinen Hund bereits vor Juli 2016 gehalten und dürfe sein Tier deshalb auf unbelebten Straßen und Plätzen oder Brachen frei laufen lassen. Der Angeklagten wirft er vor, sie habe statt zu diskutieren auf Gewalt gesetzt. „Sie trat erst in Richtung meines Terriers und traf dann mich am Knie.“ Tagelang habe er kaum laufen können.
Es gibt Zeugen, die den Tritt und üble Beschimpfungen bestätigen. Claudia P. sei außer sich gewesen, erinnert sich ein Ehepaar. Sie seien nach dem Tritt sofort zu den Streitenden gelaufen. Werner D. habe die Polizei gerufen. Die Angeklagte, die wegen Beleidigung vorbestraft ist, senkt nun den Kopf und lenkt ein: „vielleicht habe ich überreagiert.“
Der Staatsanwalt fordert eine Strafe von 60 Tagessätzen zu je 25 Euro. Es sei zu berücksichtigen, dass sich der Hundehalter provozierend verhalten habe. Dem Antrag folgt die Richterin und verhängt 1.500 Euro Strafe.
Kerstin Berg
(*Namen von der Red. geändert)