Was früher war, zeigen andere durch ihre Brille

Tolle DDR-Kunstwerke bilden die Basis der Ausstellung "Zeitumstellung"

Was mal war, zeigen andere durch ihre Brille

Unser Schloss Biesdorf und das Kunstarchiv Beeskow verbindet eine enge Kooperation. Das Archiv in der Brandenburgischen Kreisstadt ist Domizil von Auftragskunstwerken aus der ehemaligen DDR, ausschließlich aus den heutigen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg und Berlin, und spielt immer wieder eine Rolle in den Ausstellungen und Veranstaltungen des Schlosses als kommunale Galerie. Mit der aktuellen Ausstellung „Zeitumstellung“ geht es jetzt mit immerhin 59 Arbeiten aus Beeskow richtig zur Sache.

Gemälde, Papierarbeiten, Skulpturen und ein Wandteppich gewähren zunächst einen Blick auf das Gestern – etwa so, wie man in Museen Alte Meister betrachten kann. Hier aber wird Kunst der untergegangenen Republik – in der Erinnerung und im Wirken noch sehr nah – in Relation mit offenbar unverstellten Denkweisen einiger zeitgenössischer Künstler gesetzt. Ob dies auch sorgfältig betrachtet wird und im Kontext mit dem früher herrschenden Zeitgeist geschieht? Der Wandteppich etwa erhält ein Gegenüber durch die unverhoffte Recherche des Münchener Fotografen Malte Wandel. Er stieß in Afrika auf die Begeisterung von Mosambikanern für die DDR, wo sie ausgebildet wurden und gearbeitet haben. Zutage kam aber auch, dass ihr Lohn teilweise an ihr Heimatland als Rentenzahlung überwiesen, dort jedoch nie an sie ausgezahlt wurde.

Viele vertraute Namen finden sich in der Ausstellung, wie Doris Kahane, Walter Womacka, Jo Jastram, Gudrun Brüne, Hans Ticha, Manfred Butzmann.

 

Gezeigt wird die Schau bis zum 21. August. Eine Video-Präsentation der Ausstellung, die man sich als Vorgeschmack im Internet anschauen kann, wird es ab Mai geben. Außer im harten Lockdown sind Besucher jederzeit willkommen, die Hürden aber – wie in allen Ausstellungshäusern – recht hoch. Denn in den großzügigen Räumlichkeiten des Schlosses darf sich nur bewegen, wer im Internet ein Zeitticket erworben hat und zusätzlich einen tagesaktuellen Negativ-Test vorweisen kann. Doch Neugier und der Drang nach Kunstgenuss sollten diese kleinen Hindernisse überwinden können, oder?! Die Bedingungen mögen sich hoffentlich bis August noch bessern.

 

Zwischen Schwarz und Weiß in der DDR-Kunst-Interpretation sympathisch nach Wahrheit suchend, sich kritisch auseinandersetzend und doch mit einem Herz für das Land, in dem vor allem ihre Großeltern und Eltern lange Zeit lebten, zeigt sich die 42-jährige Kuratorin der Ausstellung, Elke Neumann. Im Gespräch mit der „Hellersdorfer“ verweist sie darauf, dass sie zur sogenannten „3. Generation Ost“ (Jahrgänge 1975-85) gehört. „Wir sind jetzt in einem gestaltenden Alter und gucken sehr stark dahin, woher wir kommen.” –  Möge ihr Licht immer auch auf alles fallen, was gut und menschenwürdig war. 

 

Ute Bekeschus