Digitale Einwohner*innenversammlung für Mahlsdorf, Kaulsdorf und Biesdorf
Streifzug durchs Siedlungsgebiet
Um in der Pandemie den Bewohner*innen aus sicherer Entfernung einen breiten Überblick über die Lage und Entwicklungen in ihren Kiezen zu geben, hat das Bezirksamt seine Einwohnerversammlungen vorerst ins Internet verlagert. Nach dem erfolgreichen Start des Formats Mitte März gab es nun die zweite derartige Veranstaltung. Diesmal ging es nicht um Marzahn, sondern ums Siedlungsgebiet. Am 28. Mai ist Hellersdorf an der Reihe.
Knapp drei Stunden lang dauerte die live aus dem Freizeitforum Marzahn übertragene Gesprächsrunde mit Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) und den Stadträt*innen Nadja Zivkovic (CDU), Juliane Witt (Linke) und Gordon Lemm (SPD). Über einen Chat konnten die Zuschauer*innen an den Bildschirmen Fragen stellen. Die Funktion wurde rege genutzt. Für alle, die den Freitagabend-Talk verpasst haben, ist hier eine Auswahl der besprochenen Themen.
STRASSEN UND GRÜNFLÄCHEN
Im Siedlungsgebiet sind die Spielplätze dünn gesät. Von den 148 Anlagen, die es insgesamt im Bezirk gibt, entfallen gerade einmal 11 auf Mahlsdorf, 13 auf Kaulsdorf und 16 auf Biesdorf. „Da müssen wir besser werden“, sagt Nadja Zivkovic, die im Bezirk unter anderem für Straßen und Grünflächen zuständig ist.
Mindestens genauso ausbaufähig sind die Bedingungen für Fußgänger*innen. Wohin man auch schaut: Es fehlen Gehwege in allen drei Ortsteilen. Mit den etwas über drei Millionen Euro, die ihr jährlich für den Straßenunterhalt zur Verfügung stehen, kommt die Stadträtin nicht weit. Schon bald verbessern dürfte sich allerdings die Situation in der Mahlsdorfer Lemkestraße, wo das lange Zeit heiß diskutierte Sanierungsprojekt jetzt angelaufen ist. Auch In der Dorfstraße zwischen Alt-Kaulsdorf und Münsterberger Weg tut sich wieder was: Dort soll in diesem und dem nächsten Jahr die denkmalgerechte Erneuerung der Gehwege und Seitenbereiche vollendet werden.
Außerdem verwies Zivkovic auf das Bordsteinabsenkungsprogramm. Damit ließen sich ärgerliche Barrieren für zu Fuß Gehende mitunter relativ zügig beseitigen. Wem Stellen auffallen, an denen zu hohe Bordsteinkanten das Queren der Straße erschweren, könne dies dem Straßen- und Grünflächenamt melden. „Wir sind da auf die Hinweise der Bürger*innen angewiesen.“ Hier geht’s zur Internetseite des Fachbereichs Straßen: https://www.berlin.de/ba-marzahn-hellersdorf/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/oeffentliche-strassen/
Auf die Frage, was der Bezirk gegen den Lärm und die Umweltbelastung auf der Köpenicker Straße zu tun gedenke, antwortete die Stadträtin, Entlastung für die vielbefahrene Straße werde erst die Tangentialverbindung Ost (TVO) bringen. Und so lange das große Verkehrsprojekt nicht umgesetzt ist, könne auch die grundlegende Sanierung der teilweise schon sehr ramponierten Köpenicker Straße nicht in Angriff genommen werden.
Ein weiteres Gesprächsthema war die Biesdorfer Höhe. Bemängelt wurde im Chat, dass dort alles zugewachsen sei und die Aussicht zum Denkmaldorf Kaulsdorf versperre. Außerdem würde sich ein Mountainbike-Verein immer weiter ausbreiten und die Wanderwege in Beschlag nehmen. Dazu erläuterte Nadja Zivkovic, schön häufiger sei in der BVV über die Sichtachsen diskutiert worden. Diese herzustellen und dafür Bäume zu opfern, stehe im Widerspruch zum Umwelt- und Naturschutz. „Deshalb wird das eher schwierig.“ Viel größeren Bedarf sieht sie darin, die Wege wieder in einen guten Zustand zu bringen, wofür momentan aber das Geld fehle. Die Aktivitäten der Mountainbiker sieht die Stadträtin alles andere als kritisch: „Wir haben mit den jungen Leuten ein gutes Arrangement getroffen.“ Diese engagierten sich auch im Gebiet und würden beispielsweise Müll einsammeln. „Das ist eine zuverlässige Partnerschaft.“
KITAS UND SCHULEN
„Die Entwicklungen der letzten Jahre sind schon besonders“, sagte Schulstadtrat Gordon Lemm in Hinblick auf die Schüler*innenzahlen. „1990 waren wir noch die kinderreichste Region Europas.“ Innerhalb gut einer Dekade ging die Zahl der Schüler*innen in Marzahn-Hellersdorf um zwei Drittel von 60.000 auf 20.000 zurück. In der Großsiedlung wurden daraufhin nicht wenige leerstehende Kita- und Schulgebäude, für die sich keine Nachnutzung fand, abgerissen.
Jetzt, wo der Bezirk wieder rasant wächst, wird dringend mehr Platz benötigt. In den letzten vier Jahren musste das Marzahn-Hellersdorfer Schulsystem 3.000 Kinder mehr „verkraften“. Das entspreche vier bis fünf Schulen, veranschaulichte Lemm die Größenordnung. An vielen Standorten müssen daher Neu- und Ergänzungsbauten her. Deren Realisierung geht nur leider nicht so schnell wie gewünscht vonstatten.
Mit dem Baubeginn für die neue Holzmodul-Grundschule in der Haltoner Straße rechnet Lemm in den kommenden zwei Jahren. Durch den neuen Standort in Biesdorf würden sich die Einzugsgebiete verkleinern, was Entlastung für die überbelegte Johann-Strauss-Grundschule und die Fuchsberg-Grundschule brächte.
In Mahlsdorf geht das Warten auf die Elsenschule weiter. Sie soll nach jetzigem Stand im Jahr 2024 fertiggestellt sein. Das alte Gebäude der ehemaligen Oberschule am Elsengrund kommt weg, die Turnhalle auch. Letztere soll durch eine große Sechsfelder-Sporthalle ersetzt werden.
Und auch Kaulsdorf braucht perspektivisch eine weitere Grundschule. Als Standort hat sich das Bezirksamt eine Fläche auf dem Gelände der alten Gärtnerei Golm in der Chemnitzer Straße 80-92 ausgeguckt. Für das Areal, auf dem auch Wohnungen entstehen sollen, läuft gerade ein Bebauungsplanverfahren. „Wir haben das Planungsziel angepasst, um dort eine Schule unterbringen zu können“, teilte Sascha Richter, Leiter des Stadtentwicklungsamts, mit.
Etwas weniger Bauchschmerzen als noch zu Beginn der Wahlperiode bereitet dem Bezirk die Kitaplatzsituation. Anspruch sei es, für jedes Kind einen Kitaplatz anbieten zu können. Da sind wir als Bezirk relativ nah dran“, merkte Gordon Lemm an. Zwar gebe es im Siedlungsgebiet deutlich weniger Infrastruktur als in der Großsiedlung, der Ausbau aber komme voran. So sollen in den kommenden fünf Jahren in Mahlsdorf weitere 250, in Biesdorf 300 und in Kaulsdorf 180 Plätze hinzukommen.
NACHBARSCHAFT
Juliane Witt, die unter anderem das Kultur-Ressort verantwortet, berichtete, dass sich das Bezirksamt noch einmal intensiv mit der Zukunft des Kunsthauses Flora in Mahlsdorf befasst habe. In der vergangenen Wahlperiode sei durchaus eine Veräußerung des Areals im Gespräch gewesen. Das ist jetzt vom Tisch. „Wir werden diesen Standort – 6.000 qm groß, schön gelegen, mit viel Potenzial – weiterentwickeln“, kündigte sie an. Die Volkshochschule habe begonnen, hier mit Kursen und Angeboten aktiv zu sein, ist aber von Corona ausgebremst worden. Zusätzlich will eine Elterninitiative am Standort einen Kunstschulgarten etablieren. Eigentlich hatten die Mamas und Papas eine Auftaktveranstaltung zu Ostern geplant. Daraus wurde pandemiebedingt nichts. Jetzt ist das Ganze für Mai avisiert.
Dagmar Pohle informierte in ihrer Funktion als Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung darüber, dass die Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete am Brebacher Weg in diesen Tagen leergezogen wird. Das Haus, in dem früher die Gerontopsychiatrie des Vivantes Klinikums Kaulsdorf untergebracht war, wurde für die Abrissbirne freigegeben. Es hat seinen Zenit überschritten. An der Stelle soll eine modulare Geflüchtetenunterkunft der neuesten Generation ähnlich der am Murtzaner Ring in Marzahn errichtet werden. Einen Zeitplan konnte Pohle noch nicht nennen.
SEENLANDSCHAFT
Eines der Aufreger-Themen im Siedlungsgebiet war und ist die Situation am Biesdorfer Baggersee. Damit sich dort nicht erneut Szenen wie im vergangenen Sommer mit tagtäglich Massen von Menschen abspielen, hat Nadja Zivkovic kürzlich haufenweise große Steine an den Uferbereich „karren“ lassen. Sie sollen den Zugang zum See erschweren und den Badeausflug nach Biesdorf unattraktiver machen. Die Stadträtin erhofft sich davon einen Rückgang der Lärm- und Müllbeeinträchtigung. Darüber hinaus führt sie Naturschutzgründe für die Maßnahme an: „Wir haben dort eine naturnahe Grünanlage, die auch dem Artenschutz dient. Es wurde alles zertrampelt und zerstört.“ Überdies sei fraglich, wie es um die Wasserqualität bestellt ist, weil nur die Badeseen beprobt würden. In allen drei bezirklichen Seen ist das Planschen eigentlich verboten, wird aber geduldet, weil Marzahn-Hellersdorf nach wie vor kein Freibad hat.
Hinzukommt, dass das Baden laut Nadja Zivkovic keine Ordnungswidrigkeit darstellt. Anders verhält es sich mit dem Grillen. „Da sind wir stringent und werden das auch ahnden.“ Wie im letzten Jahr soll es aus Sicherheitsgründen wieder Verbundeinsätze mit der Polizei geben, um gerade abends das Grillverbot in den Grünanlagen rund um die Seen durchzusetzen. Auf die Frage, ob es Pläne gebe, die Kaulsdorfer Seen zu umzäunen, antwortete die Stadträtin, momentan sei das nicht vorgesehen.
WOHNUNGSNEUBAU
Während in den Plattenbausiedlungen gerade an allen Ecken und Enden Wohnungen wie Pilze aus dem Boden schießen, ist die Zahl der größeren Bauvorhaben in Mahlsdorf, Kaulsdorf und Biesdorf eher überschaubar. Dagmar Pohle und Sascha Richter konnten trotzdem einige benennen. In Mahlsdorf heiß diskutiert wird aktuell das Wohnungsbauprojekt entlang der Landsberger Straße und Bisamstraße. In dem Ein- und Zweifamilienhausgebiet will die landeseigene Degewo Stadtvillen mit 200 neue Wohnungen errichten. Außerdem sollen auf dem Gelände 80 Genossenschaftswohnungen und 44 Einfamilienhäuser entstehen.
In Biesdorf wurde die Wohnanlage „Am Schlosshof“ (Blumberger Damm) lange Zeit nicht weitergebaut. Der Leiter des Stadtentwicklungsamts spricht von einem „städtebaulichen Missstand“. Nun aber gebe es wieder Bestrebungen, das Projekt zum Abschluss zu bringen. Geplant sind 180 Wohnungen und Tiefgaragenstellplätze. „Dieses Bauvorhaben wird dann von der HOWOGE übernommen“, so Richter.
Und wie geht es am Münsterberger Weg auf dem Grundstück gegenüber dem Krankenhaus Kaulsdorf weiter? Die Ursprungsplanung hatte Dagmar Pohle im Jahr 2018 bei einer Veranstaltung im Stadtteilzentrum Kaulsdorf vorgestellt. Zuletzt hieß es, auf dem Gelände seien unter anderem zwölf Reihenhäuser und zwei Mehrfamilienhäuser vorgesehen. Inzwischen soll das Projekt an eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft verkauft worden sein. „Da werden wir sicherlich zu gegebener Zeit mit dem neuen Eigentümer in eine Informationsveranstaltung gehen“, erklärte die Bürgermeisterin.