Marzahn-Hellersdorf ist Partnerbezirk der legendären Fête
Hier spielt im Juni die Musik
Am 21. Juni feiern Millionen Menschen die Fête de la Musique. Was 1982 in Paris seinen Anfang nahm, hat längst die Plätze, Parks und Straßen Hunderter Städte rund um den Globus erreicht. Seit 1995 steigt die Party zur Sommersonnenwende mit Gratis-Konzerten an allen Ecken auch in Berlin. Letztes Jahr allerdings musste ausgerechnet die Jubiläumsausgabe in der Hauptstadt wegen Corona in die digitale Welt wandern. Ob diesmal wieder mehr Musik draußen vor Publikum möglich sein wird, kann niemand genau sagen. Sicher ist aber: Die Fête findet auf jeden Fall statt und die Scheinwerfer sind diesmal auf Marzahn-Hellersdorf gerichtet. Wie es der Außenbezirk in den Mittelpunkt der Feierlichkeiten geschafft hat, verrät Fête-Kurator Björn Döring im Interview.
Kulturstadträtin Juliane Witt hat im Februar freudig verkündet, dass der Bezirk 2021 eine Hauptrolle bei der Fête spielen wird. Warum gerade Marzahn-Hellersdorf?
Ich fand es immer schon ein bisschen schade, dass die mediale Berichterstattung oft sehr stark auf die Headliner in Prenzlberg und Friedrichshain-Kreuzberg gerichtet war. Deshalb haben wir 2018 entschieden, den Fokus ein wenig von bekannten Locations wie dem Mauerpark wegzurücken und uns anderen tollen, aber weniger beachteten Orten in der Stadt hinzuwenden. Das passt zufällig auch ganz gut in die Strategie des Landes Berlin, mehr Tourist*innen in die Außenbezirke zu locken. Nach wie vor gibt es zur Fête natürlich überall Musik. Unser Konzept sieht aber vor, immer einen anderen Bezirk in den Mittelpunkt der Aktivitäten zu stellen. Los ging es mit Lichtenberg, dann waren wir in Treptow-Köpenick und letztes Jahr in Mitte. Jetzt ist Marzahn-Hellersdorf dran.
Etliche Leute aus der City fragen sich jetzt bestimmt, was der Bezirk abgesehen vom ORWOhaus überhaupt an besonderen Musikorten zu bieten hat.
Es gibt hier viel zu entdecken und das Interesse der Menschen für die Konzerte wird auch diesmal wieder über die Bezirksgrenzen rüberschwappen. Davon bin ich überzeugt. Übrigens: Als letztes Jahr Berlin-Mitte im Zentrum der Feierlichkeiten stand, kannte auch nicht jede*r die verschiedenen Locations im Wedding. Wir als Ausrichter*innen freuen uns jedenfalls schon sehr darauf, neue spannende Orte in Marzahn-Hellersdorf kennenzulernen und uns mit den bezirklichen Strukturen vertraut zu machen. Erfahrungsgemäß entsteht durch die enge Zusammenarbeit mit den Partnerbezirken ein riesiges Netzwerk an Kontakten, die uns hoffentlich auch für die kommenden Ausgaben der Fête als wichtige Ansprechpartner*innen und Mitstreiter*innen erhalten bleiben.
Waren Sie persönlich denn schon mal in Marzahn-Hellersdorf auf einer Veranstaltung?
Ja, ich bin schon oft hier gewesen und kenne so einige Ecken. Sogar einer meiner ersten Fête-Besuche hat mich in den Bezirk, genauer gesagt in die Parkbühne, geführt. Das war Ende der 90er Jahre. Außerdem war ich zur Internationalen Gartenausstellung für ein zweitägiges Festival mit Bands und Straßenmusikern, Akrobatik und Performance verantwortlich. Wir hatten uns damals für die Gärten der Welt ein dezentrales Konzept mit vielen kleinen Acts an verschiedenen Stationen überlegt. So etwas passt auch gut in die heutige Zeit.
Welche Orte im Bezirk sollen denn bespielt werden?
Es gibt schon viele Ideen. Wir haben mit Juliane Witt eine Ansprechpartnerin, die enorm für das Projekt brennt. Sie hat uns gleich eine lange Liste möglicher Partner*innen überreicht. Am 9. März gab es das erste Zoom-Meeting mit interessierten Akteur*innen aus dem Bezirk. Obwohl wir erst am Anfang stehen, gibt es schon einige sehr klare Vorstellungen – zum Beispiel was die Auftaktveranstaltung angeht.
Haben Sie da vielleicht schon nähere Informationen?
Ich denke, wir können Ende des Monats Details verkünden. Aber so viel schon mal vorab: Wir werden dem Ganzen auf jeden Fall einen familiären Charakter geben. Für den Partnerbezirk ist die Auftaktveranstaltung ja immer von besonderer Bedeutung, weil sie am Vortag der Fête de la Musique stattfindet und damit die volle Aufmerksamkeit erhält. In der Regel kommen auch Kultursenator Klaus Lederer und andere bekannte Persönlichkeiten zur Eröffnung, wobei noch vieles vom Pandemiegeschehen abhängt.
Letztes Jahr fand die Fête wegen Corona vor allem zu Hause und digital statt. Wie sehr hat Sie das geschmerzt?
Natürlich hatten wir uns die 25. Ausgabe anders vorgestellt. Die Vorbereitungen liefen schon seit dem Herbst 2019. Es gab fast 180 Bühnenanmeldungen – so viele wie noch nie. Jack Lang, der Erfinder der Fête de la Musique, wollte aus Frankreich anreisen und wir waren mit dem Bundestag über ein Konzert in der Reichstagskuppel im Gespräch. Dann kam der März, brachte uns Corona und den totalen Stillstand. Die Hoffnung, in 14 Tagen könnte der Spuk vorbei sein, wich schnell der Ernüchterung. Aber Gesundheit geht einfach vor und ich finde, wir konnten die Großveranstaltung mit 50 Online-Bühnen und über 100 Konzerten und DJ-Sets dann ziemlich erfolgreich ins Netz verlegen. Immerhin haben 25.000 „echte“ Menschen allein unsere Website besucht, sich dort die Streams angeschaut und über zwei Millionen Seitenaufrufe ausgelöst. Das war schon erstaunlich.
Das Motto lautet in diesem Jahr sehr treffend „Musik möglich machen“. Was, glauben Sie, wird denn möglich sein?
Wir können von den Vorjahreserfahrungen profitieren und wissen, was digital möglich ist. Alles andere lässt sich wohl nicht vor Mitte/Ende April sagen. Für alle, die Lust haben, sich an der Fête de la Musique zu beteiligen, bieten wir aber ab sofort regelmäßig Videokonferenzen an. Dort informieren wir über den aktuellen Stand und geben unter anderem Tipps, wie man einen Livestream macht und welche Soft- und Hardware dazu benötigt wird. Sollte sich in den nächsten Wochen und Monaten abzeichnen, dass neben dem Streaming-Konzept auch Veranstaltungen mit Publikum denkbar sind – umso besser. Sogar letztes Jahr konnten wir mit entsprechenden Hygienekonzepten einige kleine mobile Formate umsetzen. Marzahn-Hellersdorf hat darin ja ebenfalls schon Erfahrung. Ich denke da an Thomas Krüger und den rollenden Musik-Truck.
Klingt, als müssten die Veranstalter*innen sehr flexibel sein?
Das stimmt. Uns ist natürlich bewusst, dass noch ein steiniger und anstrengender Weg vor uns allen liegt, weil so vieles ungewiss ist. Hinzukommt, dass viele Veranstalter*innen und Musiker*innen in einer wirtschaftlich absolut dramatischen Situation sind. Die ersten Gespräche machen uns aber Hoffnung, dass wir in dieser für alle schwierigen Zeit trotzdem wieder ein buntes und abwechslungsreiches Fest der Musik auf die Beine stellen können. Die Leute brauchen ganz dringend ein Ziel, auf das sie hinarbeiten, etwas worauf sie sich freuen können.