Projekt soll vorzeitigen Naturausgleich bei Bauvorhaben möglich machen
Ein Ökokonto für das Wuhletal
Der Bauboom hält noch immer an und meistens verschwinden erhaltenswerte Frei-, Grün- und Naturflächen. Derartige Verluste, verursacht durch den Bau neuer Wohngebäude, Büro- und Geschäftshäuser, Schulen oder Turnhallen, müssen von den Bauträgern bekanntlich wieder wettgemacht werden. Mithilfe sogenannter Ökokonten will Berlin die Ausgleichsmaßnahmen nun besser bündeln.
Neu ist, dass es Investoren sogar möglich wird, die Wiesen-„Miesen“ auszugleichen, bevor überhaupt ein Grün- oder Naturschutzschaden durch Bautätigkeit entstanden ist. Stadtnatur kann sich schon entwickeln – Pflanzen etwa wachsen sowieso recht langsam. Im Senat werden jetzt Flächen und Projekte festgelegt und gestalterisch vorgeplant, um die Unterlagen frühzeitig aus der Schublade ziehen zu können. Isolierte Einzelmaßnahmen nach dem Schema „Eiche gefällt – irgendwo eine neue Eiche pflanzen“ sind damit gerade nicht gemeint. Mit Ökokonten wird geklotzt statt nur gekleckert. Wenn also hier und da durch Baugruben Naturland weggeschippt wird, sollen an anderer Stelle zusammenhängende Landschaftsräume, Biotop-Verbünde oder bedeutende Landschaftsbestandteile gezielt entwickelt werden. Das erste Projekt dieser Art in Berlin waren die Malchower Auen. Als zweites Ökokonto wurde Ende Februar der „Biotopverbund Wuhletal“ beschlossen.
So löblich die für das Wuhletal wunderbare Initiative auch ist – das Ganze hat womöglich auch unerwünschte Nebeneffekte. Allzu schnell könnten – ob in der City oder am Stadtrand – Bauprojekte von Behörden durchgewinkt werden, da ja bereits die Ausgleichsflächen in Arbeit sind.
Das Wuhletal, seit Jahrzehnten immer wieder neu im Fokus der Umweltpolitik von Land und Bezirk, wird also in naher Zukunft wiederum einer allmählichen Wandlung unterzogen. Die nachhaltige Waldumwandlung am Kienberg soll die biologische Vielfalt erhöhen. Der Berliner Grünen-Abgeordnete Stefan Ziller freut sich über den „Biotopverbund Wuhletal“: „Es ist ein umfangreiches Projekt auf der Grundlage des Gewässer-Entwicklungskonzeptes, das künftig Stück für Stück umgesetzt wird. Ich sehe darin übrigens auch einen Nachhall des jahrelangen, unermüdlichen Engagements von Dr. Wolfgang Clemens (†2013). Er hatte die erste Renaturierung der Wuhle mit auf den Weg gebracht.”
Im Rahmen eines öffentlichen Spaziergangs wollen die Marzahn-Hellersdorfer Grünen die Ökokonto-Maßnahmen vor Ort erläutern. „Doch Corona-bedingt können wir noch keinen Termin nennen”, so Ziller.
Ute Bekeschus