Jura-Student Laurenz Terl (19) ist seit Wochen auf Berlins Straßen unterwegs

„Es ist so leicht, Obdachlosen zu helfen“

Es ist kalt an diesem Dienstagabend, bitterkalt. Die Temperaturen bewegen sich bereits auf den zweistelligen Minusbereich zu, als Laurenz Terl eine Handvoll Leute am Cecilienplatz in Kaulsdorf-Nord trifft. Gemeinsam laden sie bergeweise Klamotten, einige Thermoskannen mit heißem Wasser, Tüten voller Lebensmittel und diverse Hygieneartikel in zwei Fahrzeuge. Nach 20 Minuten ist alles verstaut und die Truppe bricht zum Bahnhof Frankfurter Allee auf. Dort warten schon weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter, um die Sachen untereinander aufzuteilen. Später werden sie in kleinen Teams ausschwirren und damit Menschen versorgen, die die Nacht auf der Straße verbringen. 

Laurenz Terl macht sich Sorgen. Denn es ist viel zu kalt, um draußen zu schlafen. Deutschlandweit sind in diesem Winter schon Menschen im Freien, unter Brücken oder in Zelten erfroren. „Bei diesen Temperaturen ist es nicht unwahrscheinlich, dass so etwas auch bei uns in Berlin passiert. Wir wollen unbedingt dazu beitragen, das zu verhindern“, sagt der 19-jährige Jura-Student. Seit Monaten schon sammelt er fleißig Spenden und verteilt diese an Menschen, die gerade jede Nacht ums Überleben kämpfen. 

In Marzahn-Hellersdorf fing alles an

Mitte November hat Terl die Initiative „Kältehilfe MaHe“ ins Leben gerufen – zunächst um in seinem Heimatbezirk Marzahn-Hellersdorf Männern und Frauen ohne Dach über dem Kopf zu helfen. Laut Sozialamt leben hier etwa ein Dutzend auf der Straße. „Die wollen da auch nicht unbedingt weg – aus ganz unterschiedlichen Gründen“, weiß der Teenager aus Mahlsdorf. Schon seit Längerem bewegt ihn die Situation von Obdachlosen. Immer häufiger habe er sich dabei gefragt, welche Angebote es eigentlich hier vor Ort gibt. Dabei musste Laurenz feststellen: nicht sonderlich viele. Auch der Kältebus der Berliner Stadtmission fährt den Außenbezirk eher selten an. „Dewegen wollte ich gemeinsam mit zwei Unterstützern zehn Jacken und zehn Hosen sammeln und sie den Obdachlosen bringen.“ Er startete daraufhin einen Spendenaufruf über die sozialen Medien, der sich plötzlich wie ein Lauffeuer verbreitete. 

Kleiner Spendenaufruf mit großer Wirkung

Der junge Student zeigt auf einen paar Berge Klamotten, die noch im Kiezbüro des Linken-Abgeordneten Kristian Ronneburg am Cecilienplatz lagern und sagt: „Das ist vielleicht noch ein Viertel von dem, was uns erreicht hat.“ Die hohe Spendenbereitschaft versetzte seine Initiative in die Lage, überall in der Stadt Obdachlose zu versorgen und darüber hinaus auch soziale Einrichtungen zu beliefern. Dicke Jacken, Unterwäsche, Mützen, Schlafsäcke, Schuhe aber auch Hygieneartikel, vor allem Damenbinden, werden besonders benötigt. Nach einem TV-Beitrag im Sat.1-Frühstücksfernsehen vor einigen Tagen schoss auch die Zahl der Unterstützerinnen und Unterstützer in die Höhe. „Mich haben viele Leute aus ganz Berlin angeschrieben und gefragt, ob sie mitmachen können.“ Auf 50 Personen ist der Kreis der Helferinnen und Helfer inzwischen angewachsen. Weil einige auch finanziell unterstützen wollen, wurde ein Spendenkonto über das Hellersdorfer Zentrum für Kultur, Demokratie und Politik – kurz Kudepo e. V. – eingerichtet (IBAN: DE46 1009 0000 2615 3910 02, Berliner Volksbank, Verwandungszweck: Kältehilfe)

Nächster Step: ein Kältehilfe-Verein

Sachspenden nimmt Laurenz Terl aktuell keine mehr an. So ganz vernachlässigen kann und will er sein Studium der Rechtswissenachaft an der Viadrina in Frankfurt/Oder schließlich nicht. Die Teams der Kältehilfe sind aber weiterhin für Berlins Obdachlose im Einsatz. „Wir werden auch einen Verein hier im Bezirk gründen“, kündigt Laurenz Terl an. Außerdem hofft er, mit seiner Aktion mehr Menschen zu ermutigen, von ganz allein aktiv zu werden, etwaige Berührungsängste abzulegen und Empathie zu zeigen. Dazu brauche es nicht viel. Man könne sich einfach ein Heißgetränk schnappen, eine dicke Jacke oder einen Schlafsack und runter auf die Straße gehen. „Es ist so leicht, Obdachlosen zu helfen. Sogar ein 19-Jähriger kriegt das hin“, bemerkt Terl, der sich auch politisch engagiert und Mitglied bei den Linken ist. Das Wichtigste sei, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. „Ich gehe ganz gern in die Hocke, wenn die Leute auf der Straße liegen oder sitzen und habe bislang eigentlich nur positive Reaktionen bekommen. Wenn jemand keine Hilfe annehmen will, müssen wir das aber auch akzeptieren.“ 

Sollten Sie wohnungslose Menschen sehen, die Hilfe benötigen, können Sie folgende Telefonnummern wählen:

Wärmebus (Deutsches Rotes Kreuz):

Täglich,18-24 Uhr

T. (030) 60 03 00 1010

Kältebus (Berliner Stadtmission):

Täglich, 19-3 Uhr

T. 0178 523 58 38 (erreichbar zwischen 20.30 und 2.30 Uhr)

ASB-Bus

Täglich, 10-24 Uhr 

T. 0151 52 65 14 04

KARUNA Sub:

Mo-Fr, 8-16 Uhr

T. 0157 86 60 50 80

24/7-Hilfe-Hotline für Obdachlose:

T. 0157 80 59 78 70.

Im Notfall: 

Feuerwehr/Sanitäter*innen

T. 112

Auskunft zu Belegung und Auslastung der verfügbaren Schlafplätze in Notübernachtungen:

Kältehilfetelefon

Täglich 19-23 Uhr

T. (030) 810 56 04 25