Studium abbrechen: Wie sag ich's meinen Eltern?

Teil 5 unserer Rubrik Ich hab da mal 'ne Frage

Studium abbrechen: Wie sag ich's den Eltern?

© deagreez, Adobe Stock
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Meine Familie wollte schon immer, dass ich in die Fußstapfen meines Opas trete und Anwalt werde. Als ich tatsächlich anfing, Jura zu studieren, war die Freude groß. Meine Eltern zahlen meine Wohnung und meine Semesterbeiträge, wofür ich sehr dankbar bin. Aber ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, das Studium zu schmeißen, weil es mir einfach keinen Spaß macht. Die Prüfungen schaffe ich nur mit Ach und Krach. Ich glaube, der einzige Grund, warum ich noch nicht aufgehört habe, ist die Angst davor, meine Eltern zu enttäuschen. Was würden Sie mir raten?

Das sagt der Experte:

Ich kann gut verstehen, in welcher Klemme Sie gerade stecken. Es geht hier immerhin um ihren weiteren Lebensweg. Die finanzielle Abhängigkeit und die Sorge, Ihre Lieben zu enttäuschen, macht es für Sie gerade schwierig. Auf jeden Fall sollten Sie den Konflikt mit Ihren Eltern besprechen.

 

Doch bevor die beiden ins Spiel kommen und falls Sie es noch nicht gemacht haben, würde ich mir an Ihrer Stelle, die Frage stellen, wie Sie selbst entscheiden würden, wenn Sie finanziell auf eigenen Beinen stünden und überhaupt keine Rücksicht auf Ihre Eltern nehmen müssten. Wäre für Sie dann alles klar? Wer unentschlossen ist, neigt nämlich manchmal dazu, nur den Konflikt mit den anderen zu sehen, statt sich mit der eigenen Position auseinanderzusetzen. Womöglich schlummert ja auch in Ihnen eine gewisse Ambivalenz. 


MATTHIAS MÜLLER-GUTH

ist Psychologe am SOS-Familienzentrum Berlin. In der „Hellersdorfer“ beantwortet er Fragen von Leserinnen und Lesern zu den Themen Paarbeziehungen, Familienleben und Kindererziehung. Brauchen auch Sie einen guten Rat? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail (redaktion@die-hellersdorfer.de) oder einen Brief  („Die Hellersdorfer“, Döbelner Straße 4B, 12627 Berlin).


Wenn Herz und Verstand aber Ihnen ganz deutlich signalisieren, dass Ihr Studium Sie nicht erfüllt, kommen Sie nicht umhin, sich Ihren Eltern anzuvertrauen. Im Idealfall haben Sie ja schon einen Plan B. Vielleicht möchten Sie das Studienfach wechseln oder ein Praktikum machen. Oder Sie brauchen noch etwas Zeit, um herauszufinden, wie es weitergehen soll. Ich könnte mir vorstellen, dass Ihre Eltern genau danach fragen werden. Da wäre es hilfreich, sich im Vorfeld einige Gedanken zu machen. 

 

Sie erwähnten die Angst, die Familie zu enttäuschen. So schwer es auch ist, aber wer ein selbstbestimmtes Leben führen möchte, muss manchmal genau dazu bereit sein. Und glauben Sie mir: Mütter und Väter sind durchaus geübt darin, zu akzeptieren, dass ihre Kinder von klein auf nicht immer das machen, was ihre Eltern sich vorstellen. Es könnte also sein, dass die beiden viel verständnisvoller reagieren als gedacht.

 

In einem Gespräch, das Sie günstigerweise vorher ankündigen, ist es dann wichtig, den Eltern ganz klar zu sagen, dass Sie sich umorientieren möchten, weil Sie mit diesem Studium unglücklich sind und sich auch nicht vorstellen können, später als Anwalt zu arbeiten. Selbst wenn der Job gutes Ansehen und Sicherheit verspricht. Zeigen Sie aber auch Interesse am Standpunkt der anderen Seite. Und was noch wichtiger ist: Versuchen Sie, den beiden Wertschätzung entgegenzubringen, indem Sie sich für die tolle Unterstützung und Fürsorge bedanken. Im Idealfall stoßen Sie auf Akzeptanz oder Sie finden eine Kompromiss-Lösung, die zum Beispiel so aussehen könnte, dass Ihnen Ihre Eltern noch ein halbes Jahr unter die Arme greifen und Sie die Zeit nutzen, sich zu finden.

 

Sollte sich der Konflikt nicht auflösen oder Sie noch Fragen haben, können Sie sich – alleine oder zusammen mit Ihren Eltern –  jederzeit gern an unsere Familienberatungsstelle wenden.