Gründerzeit trifft Moderne

Die Achard-Grundschule wird für 20 Millionen Euro saniert und erweitert

Gründerzeit trifft Moderne

Aufregung herrscht im beschaulichen Kaulsdorf ja eher selten, aber als im Sommer 2015 die Franz-Carl-Achard-Grundschule Hals über Kopf geschlossen wurde und wegen Hausschwammbefalls kurz vor dem Abriss stand, wurde es laut im kleinsten Ortsteil des Bezirks. Eine Bürgerinitiative formierte sich, startete unter dem Motto „Sei keine Birne – rette mit!“ eine Unterschriftenaktion und legte ein Gutachten für den Erhalt des über hundert Jahre alten Hauses vor. 

Schließlich gab Bezirksbürgermeister und Bildungsstadtrat Stefan Komoß (SPD) dem öffentlichen Druck nach und die Schulgemeinschaft konnte zurück an ihren Standort, nachdem das Gebäude für 600.000 Euro gesichert worden war.

 

ALTBAU MIT CHARME

Sanierungsbedürftig ist die Schule in der Adolfstraße 25 aber nach wie vor. Ende 2022 soll sie daher von Grund auf modernisiert und angesichts der steigenden Schülerzahlen auch gleich auf 3,5 Züge erweitert werden. Den Zuschlag für den Großteil der Planungen erhielt die Bürogemeinschaft ARGE HTPS / jg architekten, bestehend aus dem in Kaulsdorf ansässigen Ingenieurbüro Hoch- und Tiefbau-Planung Schröder und dem Architekturbüro­ jan große architekten.

Ihren Entwurf stellten die Fachleute Mitte November der interessierten Öffentlichkeit bei einer Infoveranstaltung vor. Sie fand Corona-bedingt im Internet statt. 

„Es ist für uns ein sehr wertvolles altes Gebäude“, ließen Architekt Jan Große und Hans-Joachim Schröder die Teilnehmenden der Video-Konferenz wissen. Daher seien sie auch bestrebt, so viel wie möglich von der historischen Gebäudesubstanz und dem Charme des Gründerzeitbaus zu bewahren: angefangen beim Strukturputz und den roten Klinkerbändern an der Fassade bis hin zu den charakteristischen Ziegeldächern und den Altberliner Kastenfenstern – sofern sich letztere noch aufarbeiten lassen.

 

NEUBAU MIT VIEL GLAS

Doch es kommt auch einiges weg: Weil sie in schlechtem baulichen Zustand und nicht mehr erhaltenswert sind, machen die alte Turnhalle und die Anfang der 1980er Jahre entstandenen Anbauten Platz für Neues. Der Entwurf sieht an dieser Stelle einen dreigeschossigen Ergänzungsbau vor, der mit seinen großen Fensterflächen und einer klaren Formensprache bewusst modern gehalten ist und oberhalb des vorhandenen mittleren Gebäudeteils als Flügel zwischen die Altbauten eingeschoben wird. In der Höhe werde sich der Neubau an den Traufen der bestehenden Schulhäuser orientieren, erläuterte der Architekt, damit die historischen Dächer nichts von ihrem das Straßenbild prägenden Charakter einbüßen.

 

MODERNE RAUMKONZEPTE

Innen holt ein großes Glasdach die Sonne in den Lichthof. Im Erdgeschoss entsteht eine großzügige Eingangssituation samt Foyer, an das sich ein Mehrzwecksaal und die Bibliothek anschließen. In den Etagen darüber werden Lernwerkstätten, Teilungs- und Fachräume über einen ringförmig angelegten Gang erschlossen. Offene Forumsflächen bieten Raum für Begegnungen und Veranstaltungen. Sie können über den Lichthof belüftet werden. Mit einem im Altbau integrierten Aufzug gelangt man überall barrierefrei hin.

 

MEHR GRÜN, NEUER ZUGANG

Auch im Außenbereich passiert einiges. Das machte Landschaftsarchitektin Birgit Hammer deutlich. Sie will mehr Grün auf den relativ kleinen Schulhof bringen, einen Lese- und einen Ruhegarten anlegen, einige Flächen entsiegeln und versickerungsfähiges Pflaster verlegen. Auch die neuen Flachdächer werden teilweise begrünt und mit einer Solaranlage ausgestattet. Vorhandene Spielgeräte, wie die Tischtennisplatten und das Kletternetz, sollen möglichst nachgenutzt werden. 

Feststeht, dass die Schule einen neuen Zugang bekommt. Er wird von der Nordseite nach Süden an die Waplitzer Straße verlegt und rückt damit näher an den in diesem Frühjahr fertiggestellten Modularen Ergänzungsbau (MEB) sowie die künftige Dreifeld-Typensporthalle heran. Für jeden im Zuge der Baumaßnahme gefällten Baum, sicherte Birgit Hammer zu, werde eine entsprechende Ausgleichspflanzung vorgenommen. Die schönen alten Kastanien vor der alten Turnhalle aber bleiben als natürliche Schattenspender erhalten. 

 

VORFREUDE ÜBERWIEGT

Bezirksstadtrat Gordon Lemm (SPD) sprach von einem der größten Sanierungsvorhaben in Marzahn-Hellersdorf. „Wir reden hier von 20 Millionen Euro.“ Deutlich wurde in seinen Ausführungen auch, dass das bis 2025 angesetzte Vorhaben Schule und Bezirk noch vor logistische und organisatorische Herausforderungen stellen werde. Zwar könnten zwölf Klassen im fertigen MEB unterkommen und damit am Standort verbleiben, um eine Auslagerung von mindestens sechs Klassen aber komme das Schulamt nicht herum. „Stand jetzt geht unsere Planung dahin, dass wir die Kinder in Biesdorf am Dankratweg beschulen lassen“, führte der Stadtrat aus. Dafür soll ein Bustransfer eingerichtet werden. Für Schulleiterin Petra Serbe überwiegt trotz dieses Wermutstropfens aktuell die Vorfreude auf die neue alte Schule: Das gesamte Kollegium sei von dem Entwurf begeistert, weil einerseits Historisches bewahrt werde und der neue Gebäudeteil die Möglichkeit biete, Unterricht neu zu denken und neu zu gestalten. „Wir freuen uns auf 2025, wenn wir da einziehen können“, so Serbe.