Aus dem Gerichtssaal: Weil ihr krimineller Freund seine „Fleppen“ los war
Hellersdorferin (34) chauffierte Diebe zum Tatort
Aufgeregt streicht sich Julia G.* durch die Haare, zupft an ihrem Blazer und schimpft. „Was sollte dieser Aufwand! Was sollen denn meine Nachbarn von mir denken!“ Am Morgen hatten Polizisten bei der Frau aus Hellersdorf geklingelt. Eine unangenehme Überraschung für die 34-Jährige, die bereits bei zwei früheren Prozessterminen ohne ausreichende Entschuldigung fehlte. Deswegen hatte der Richter auch die polizeiliche Vorführung angeordnet.
Vorgeworfen wird der Bürokauffrau, Beihilfe bei Einbrüchen geleistet zu haben. Um vier Taten geht es. Der Staatsanwalt ist überzeugt: Die Angeklagte hat zwei Einbrecher zu Tatorten gefahren und in zwei Fällen auch gewartet, bis die Diebe mit schwerer Beute aus einem Bürohaus kamen. Dabei hatten die Männer Türen aufgebrochen, Computertechnik sowie Geld gestohlen.
Julia G. verschränkt die Arme. „Das ist doch alles Unsinn“, wettert sie. „Ich wusste nichts von irgendwelchen Einbrüchen.“ Weil ihr damaliger Freund ohne Fahrerlaubnis gewesen sei, habe sie ihn ab und zu abends gefahren. „Er hatte mir gesagt, dass er einen Job bei einer Sicherheitsfirma habe.“
Die Einbrecher waren vor knapp einem Jahr in Lichtenberg auf frischer Tat geschnappt worden. Inzwischen sind sie zu Haftstrafen verurteilt worden. Sven W.*, der damalige Partner der Angeklagten, erhielt unter Einbeziehung einer früher verhängten Strafe vier Jahre Gefängnis. Drei Einbrüche hatte er gestanden. In diesen Fällen gab es Aufzeichnungen von Überwachungskameras. Der Komplize von W. soll im Prozess schließlich den Namen der Frau genannt haben, die am Steuer des Fluchtwagens saß. Man habe ihr aber nichts abgegeben von der Beute, so der Täter.
Die Aufnahmen sind nun eines der Beweismittel. Es ist zu sehen, wie zwei maskierte Personen aus einem Kleintransporter steigen. Das Auto fährt dann zwar sofort ab, taucht aber kurze Zeit später erneut auf, um die beiden dunkel gekleideten Gestalten mit ihrer mutmaßlichen Beute wieder aufzunehmen. „Trifft schon zu, dass ich die Frau am Steuer war“, gibt die Angeklagte zu. „Aber das heißt doch nicht, dass ich von den Plänen der Männer gewusst haben muss“, verteidigt sie sich. Sie habe die „seltsamen Geschäfte“ ihres Ex-Freundes zwar skeptisch beobachtet. „Aber ich war verliebt und habe nicht gemerkt, dass ich als seine Chauffeurin in die Sache hineingezogen wurde.“
Dagegen spricht allerdings, dass in ihrer Wohnung sogar ein Teil der Beute gebunkert worden war. Polizisten stellten etliche Laptops, Monitore und Handys sicher. „Mir hatte er erklärt, dass er im An- und Verkauf tätig sei“, sagt Julia G. über Sven W., dem wegen Raserei der Führerschein abgenommen wurde. Daher habe sie ihn häufig durch die Stadt gefahren, so die Mutter einer zehnjährigen Tochter.
Der Staatsanwalt aber ist von ihrer Schuld überzeugt. „Sie erlebte mit, dass nachts Geräte aus Firmen geschleppt und schnell im Auto verstaut wurden, sie wusste, dass es kriminell war.“ Zumindest drei Fälle der Beihilfe seien erwiesen. Er verlangt eine Geldstrafe von 4.500 Euro (90 Tagessätze zu je 50 Euro). Der Richter folgt ihm.
Kerstin Berg
(*Namen von der Redaktion geändert)