Chefin des Mahlsdorfer Gründerzeitmuseums erhält hohe Auszeichnung
Verdienstkreuz für Monika Schulz-Pusch
Sie hat Charlottes Vermächtnis weitergeführt und gemeinsam mit ihren Mitstreiter*innen das Gründerzeitmuseum im Gutshaus Mahlsdorf zu einer der bedeutendsten Touristenattraktionen im Bezirk entwickelt. Dafür wurde Monika Schulz-Pusch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) nun das Verdienstkreuz am Bande verliehen. Heute Nachmittag überreichte ihr Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) die Auszeichnung.
In seiner Laudatio würdigte der Senator die erfolgreiche und langjährige Arbeit der Preisträgerin. Seit 1997 trage Schulz-Pusch mit den anderen Mitgliedern des Fördervereins Gutshaus Mahlsdorf dafür Sorge, dass das Erbe von Charlotte von Mahlsdorf, die als Lothar Berfelde zur Welt kam und bekanntester Transgender der DDR war,bis heute erhalten, gepflegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Durch ihr Wirken sei die spätklassizistische Villa zu einem „Haus der Toleranz“ geworden. „Ihre Initiative und ihr Engagement sind beispielgebend für unser Zusammenleben“, so Lederer.
Kleiner Empfang im Gutsgarten
Die Ehrung feierte die Museumschefin und Geschäftsführerin des Fördervereins nach dem Treffen mit dem Kultursenator bei einem kleinen Empfang im Gutsgarten. „Es war und ist mir eine Herzensangelegenheit, Charlottes Lebenswerk zu erhalten“, sagte Schulz-Pusch anlässlich der Auszeichnung. Sie sei unglaublich stolz und verstehe den Orden nicht nur als eine Anerkennung ihrer eigenen Verdienste, sondern als Würdigung einer enormen Gemeinschaftsleistung, die der Förderverein rund um den Erhalt des Gründerzeitmuseums und die Sanierung des Hauses erbracht habe. „Wir haben es gemeinsam geschafft, dass sich das Haus so wunderbar entwickelt hat.“
Dazu erklärte Marzahn-Hellersdorfs Kulturstadträtin Juliane Witt (Linke), so ein Verein brauche immer auch jemanden, der die Schwierigkeiten und Konflikte aushalte, wenn mal das Geld knapp werde oder Mitgliedern die Kraft ausgehe. Die 69-Jährige sei so eine Person: „Sie sind diejenige, die alles zusammenhält.“
Vorschlag von Kohlmeier, Unterstützung aus den Staaten
Für die – wie er sagte – „hochverdiente Auszeichnung“ hatte der Kaulsdorfer SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier Monika Schulz-Pusch vorgeschlagen. Die Anregung dazu gab seine Parteikollegin Marlitt Köhnke. Sie ist ebenfalls Mitglied im Förderverein des Gutshauses. Unterstützung kam zudem aus den USA. Der amerikanische Schriftsteller Doug Wright warb beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller für die Ehrung. Er hatte mit „I Am My Own Wife“, einem Theaterstück über Charlotte von Mahlsdorf, am Broadway einen Riesenerfolg gelandet und dafür 2004 sowohl den Pulitzer-Preis als auch den Tony Award erhalten. Monika Schulz Pusch und Charlotte von Mahlsdorf seien der größte Schatz Deutschlands, so Wright. „Das ist natürlich maßlos übertrieben, aber süß, dass er das geschrieben hat“, freute sich die frischgebackene Trägerin des Verdienstordens.
Von der Ruine zum Juwel
Das Gutshaus war 1958 von Charlotte von Mahlsdorf „auf eigene Gefahr“ bezogen worden. Sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, daraus ein Privatmuseum für Alltagsgegenstände der Gründerzeit zu machen und rettete somit das später unter Denkmalschutz gestellte Gebäude vor der Abrissbirne. Am 1. August 1960 war Eröffnung. Als Charlotte 1997 Berlin den Rücken kehrte, sprang der Förderverein ein.
Sie habe den Schlüssel an sich genommen, als viele dachten, es gehe nicht mehr weiter mit dem Haus, erinnerte sich der CDU-Abgeordnete Mario Czaja in seiner Rede. „Doch du warst verrückt genug – und deine Familie auch.“
Als „abenteuerlich“ bezeichnete Monika Schulz-Pusch die ersten Wochen nach Charlottes Weggang. Weil der in Berlin verbliebene Teil der Sammlung zunächst völlig ungesichert im Gutshaus lagerte, hatte sie selbst kurzerhand die Koffer gepackt und sich in der heruntergekommenen Villa einquartiert. „Die Leute haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und meine Familie fragte nach einem Besuch bei mir nur: ,Wo ist die Moni bloß gelandet?‘“ Das nächtliche Knacken im Gebälk sei ihr damals unheimlich gewesen, aber Charlotte hatte immer gesagt: „Hier wohnen nur gute Geister.“
Nach Berfeldes Tod im Jahr 2002 führten Schulz-Pusch und der Förderverein die Sammlung aus Schweden nach Berlin zurück. Im Laufe der Jahre gelang es ihnen, Hunderttausende Euro an Fördermitteln und Sponsorengeldern für die dringend notwendigen Sanierungsarbeiten am Gutshaus Mahlsdorf aufzutreiben. Heute ist die um 1815 erbaute Villa schöner denn je. Sven Kohlmeier spricht von einem „Juwel“, Juliane Witt von einem „der besten Kulturhäuser des Bezirks“.
Beeindruckende Sammlung
Besucher können bei einem Rundgang in insgesamt 17 vollständig eingerichteten Räumen diverse Möbel und Dinge aus der Zeit zwischen 1870 und 1900 bestaunen. Besondere Attraktionen sind die Musikmaschinensammlung und die „Mulackritze“ – Berlins älteste erhaltene Zille-Kneipe samt „Hurenstube“. Sie wurde im Souterrain des Gutshauses wiederaufgebaut. Anfang des 20. Jahrhunderts war das Lokal der angesagteste Lesben- und Schwulentreffpunkt der Stadt. Auch Persönlichkeiten wie Gustaf Gründgens, Marlene Dietrich und Claire Waldoff haben dort verkehrt.
Gründerzeitmuseum
im Gutshaus Mahlsdorf
Hultschiner Damm 333
12623 Berlin
T. (030) 567 83 29
Öffnungszeiten:
Mi+So, 10-18 Uhr
Eintritt: 4,50 €, Kinder (4 bis 12 Jahre): 2 €, Schüler*innen und Studierende: 3,50 €