Pressegespräch im Grünen mit Stadträtin Nadja Zivkovic (CDU)
Bezirk sucht Ranger und legt Bienenweiden an
Im Berliner Großstadtdschungel sind neuerdings Stadtnatur-Ranger im Einsatz. Ihr Job ist es, ökologisch bedeutsame Flächen zu betreuen und interessierten Bewohnern die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt vor der eigenen Haustür näherzubringen. Auch in Marzahn-Hellersdorf sollen zwei solcher Naturschützer möglichst bald ihre Arbeit aufnehmen. Das hat die für Straßen und Grünflächen zuständige Bezirksstadträtin Nadja Zivkovic (CDU) diese Woche bei einem Pressegespräch angekündigt.
Gemeinsam mit Beate Kitzmann (Foto: 4. v. l.) vom Verein Naturschutz Berlin-Malchow und dem neuen Koordinator für Umweltbildung in Marzahn-Hellersdorf, Tom Hennig (3. v. l.), informierte Zivkovic
(1. v. l.) im Garten des Naturschutzzentrums Schleipfuhl (Hermsdorfer Straße 11 A) über die Aufgaben der Ranger und eine ganze Palette weiterer grüner Themen.
Wir haben zusammengefasst, worüber gesprochen wurde.
Stadtnatur-Ranger und Parkmanager – Gibt’s da einen Unterschied?
Parkmanager patrouillieren bereits seit September 2019 in ausgewählten Marzahn-Hellersdorfer Grünanlagen wie dem Regine-Hildebrandt-Park, wo sie auf Ordnung und Sauberkeit achten sollen. Dazu gehört auch, die Leute freundlich anzusprechen, wenn sie zum Beispiel ihren Müll liegen lassen. Das klappt schon ganz gut: „Natürlich gibt es auch mal konfliktreiche Gespräche, aber die Parkmanager sind darin geschult, deeskalierend zu wirken“, sagt Nadja Zivkovic. Und die Präsenz der „Grün-Wächter“ zeigt Wirkung: Dort, wo sie regelmäßig unterwegs sind, ist die Vermüllung nach Angaben der Berliner Stadtreinigung (BSR) tatsächlich zurückgegangen.
Stadtnatur-Ranger hingegen haben etwas andere Einsatzorte und Aufgaben: Ihr Revier sind vordergründig Naturschutzgebiete, wo sie Flora und Fauna im Blick haben und den Großstädtern erklären, was in ihrem Wohnumfeld eigentlich so alles kreucht und fleucht. Das Modellprojekt des Senats ist zunächst auf zwei Jahre ausgelegt. Eingesetzt werden die Stadtnatur-Ranger von der Stiftung Naturschutz Berlin. Auf deren Internetseite sollen in Kürze die aktuellen Stellenausschreibungen zu finden sein. Marzahn-Hellersdorf sucht zwei Ranger.
Ein Herz für Bestäuber
Verbessern sollen sich im Bezirk auch die Bedingungen für Insekten, insbesondere für Wildbienen. Im Gegensatz zu den von Menschen gehaltenen Honigbienen hatten sie lange Zeit überhaupt keine Lobby. Dabei erbringen Majas wilde Schwestern eine enorme Bestäubungsleistung. Und sie schwirren sogar schon durch die Luft, wenn es den Honigbienen draußen noch viel zu ungemütlich ist. Doch von den etwa 560 in Deutschland beheimateten Wildbienenarten steht über die Hälfte auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Ein Problem ist der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Noch mehr setzt den fleißigen Insekten zu, dass ihre Nahrungsquellen weniger werden, zumal gerade Wildbienen auf ein geeignetes Futterangebot in der Nähe ihrer Nistplätze angewiesen sind. Anders als Honigbienen, die mehrere Kilometer weit fliegen können, bewegen sie sich nämlich nur in einem Radius von wenigen hundert Metern. Noch dazu sind viele der kleinen, meist solitär lebenden Geschöpfe echte Feinschmecker. Ein Drittel aller Arten bezeichnen die Fachleute als oligolektisch. Das heißt, um zu überleben, sind die Tiere auf den Pollen einer ganz bestimmten Pflanzenfamilie oder -gattung angewiesen. Manche brauchen sogar eine ganz bestimmte Pflanzenart.
In Marzahn-Hellersdorf werden im Rahmen des Projekts „Mehr Bienen für Berlin – Berlin blüht auf“ nun vier große Flächen angelegt, die Wildbienen, aber auch anderen Insekten Nahrung und Nistplätze bieten sollen. Die bestäuberfreundlichen Wiesen zeichnen sich durch eine hohe Vielfalt an verschiedenen Wildkräutern und Gräsern aus, auf denen es vom zeitigen Frühjahr bis in den Herbst hinein grünt und blüht. Sie sollen im Schlosspark Biesdorf (3.800 qm), an der Wernerstraße (6.500 qm), im Kurt-Julius-Goldstein-Park (4.850 qm) und auf einem Grünstreifen am Blumberger Damm zwischen Ringenwalder Straße und Rudolf-Virchow-Sportpark (15.100 qm) entstehen. Zwei Jahre lang betreuen Experten der Deutschen Wildtierstiftung die neuen Insektenweiden. Anschließend wird das bezirkliche Straßen- und Grünflächenamt die Pflege übernehmen. „Wir hoffen, dass sich von den 322 in Berlin bekannten Wildbienenarten wenn auch nicht alle, aber doch ein paar dauerhaft bei uns wohlfühlen werden“, so die Stadträtin. Biologin Kitzmann ist begeistert: „Während die Deutsche Wildtierstiftung in anderen Bezirken Quadratmeterflächen erhält, um solche Wiesen anzulegen, stellt Marzahn-Hellersdorf hektarweise Fläche zur Verfügung. Bei dieser Größe lässt sich echt etwas bewegen.“
Grünes Wissen weitergeben
Ganz weit vorn, so Kitzmann, sei der Bezirk auch, wenn es darum gehe, Kindern und Jugendlichen Naturerfahrungen zu ermöglichen und dabei Wissen zu vermitteln. Ihr Kollege vom Verein Naturschutz Berlin-Malchow, Tom Hennig, teilt diese Ansicht. Er ist seit November 2019 Umweltbildungskoordinator in Marzahn-Hellersdorf und sagt: „Die Bildungslandschaft für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz ist hier äußerst vielfältig.“ Zudem stünden die Einrichtungen in einem engen Austausch. Viele Initiativen und Träger engagieren sich im 2009 gegründeten Netzwerk Umweltbildung. So gut aufgestellt sei sonst nur noch Lichtenberg. Zur Stärkung ihrer Arbeit auf dem Gebiet der Natur- und Umweltpädagogik haben alle zwölf Bezirke vom Senat Geld bekommen, um eigene Koordinierungsstellen einzurichten.
Zum Auftakt wurde in Marzahn-Hellersdorf ein Fachbericht erarbeitet, der den Status Quo der Umweltbildung im Bezirk erfasst und Potenziale identifiziert. Dafür sind 32 Kitas, 19 Grundschulen, 17 Jugendfreizeiteinrichtungen und elf Umweltbildungseinrichtungen befragt sowie 112 Grün- und Freiflächen auf ihre Tauglichkeit für Umweltbildungsangebote untersucht worden. Das 127-Seiten-Papier dient als Grundlage, um die vorhandene Infrastruktur nachhaltig zu stärken und auszubauen. Ein zentrales Ziel, das auch in der „Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt“ formuliert ist, lautet: Jede Grundschulklasse soll mindestens einmal jährlich ein außerschulisches Umweltbildungsangebot wahrnehmen.
Viele Kitas und Schulen würden bereits regelmäßig Einrichtungen besuchen, so Hennig. „Zudem hat eine überraschende Anzahl eigene Schul- und Kitagärten.“ Die von den Befragten meistgenannten Hindernisse, an naturpädagogischen Projekten teilzunehmen, seien neben den Wegstrecken vor allem Zeit- und Personalmangel seitens der Lehrkräfte und Erzieher. Ideen und Möglichkeiten, den Gruppen den Zugang zu Umweltbildungsangeboten zu erleichtern, gebe es einige, so Hennig. Manches müsse einfach noch bekannter werden – zum Beispiel das Projekt „Nemo – Naturerleben mobil“. Mitarbeiter der Stiftung Naturschutz Berlin kommen dafür an die Schulen oder in den Hort und nehmen die Kinder für 120 Minuten auf Erkundungstour in den benachbarten Park oder die Grünanlage mit.