Bedürftige werden nicht im Stich gelassen // Lieferservice ist eingerichtet:
Laib und Seele kommt jetzt zu den Menschen
Seit 15 Jahren gibt es die „Laib und Seele“-Ausgabestelle der Berliner Tafel in der Adorfer Straße 6. Für einen symbolischen Betrag von 1,50 Euro werden Bedürftige hier Woche für Woche mit Lebensmitteln versorgt. Vor allem Senioren mit kleiner Rente, aber auch Alleinerziehende, Sozialhilfeempfänger und kinderreiche Familien, die viel zu wenig Geld in der Tasche haben, stehen immer mittwochs zwischen 11.30 Uhr und 13.30 Uhr Schlange.
Insgesamt nutzen 200 Haushalte das Angebot der Evangelischen Kirchengemeinde Hellersdorf. Bis zu 40 Ehrenamtliche halten den Betrieb am Laufen. Sie holen Spenden bei den Supermärkten ab, entladen die Lieferfahrzeuge, sichten und sortieren die Ware, geben diese aus und nehmen sich Zeit für Gespräche.
Doch damit ist nun Schluss. Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, wurden alle Einrichtungen der Berliner Tafel bis auf Weiteres geschlossen. Unter besonderen Schutzvorkehrungen erfolgte in Hellersdorf am 18. März die letzte Ausgabe. „Da unsere Räumlichkeiten zu eng sind, hatten wir alles nach draußen verlagert. Die Menschen mussten natürlich Abstand halten und konnten diesmal leider nicht in unserem kleinen Café zusammenkommen“, sagt Pfarrer Nico Vajen. Trotz der Vorsichtsmaßnahmen aber sei das Ansteckungsrisiko zu hoch. Noch dazu sind viele Helfer und Bedürftige über 60 Jahre alt und zählen damit zu den gefährdeten Personengruppen.
Aber sozial Benachteiligte gerade jetzt in der Krisenzeit im Stich lassen? Ausgeschlossen! Weil sie auf die Lebensmittelspenden angewiesen sind, kommt „Laib und Seele“ ab sofort zu den Menschen nach Hause. Die Anmeldung für den Lieferdienst in Hellersdorf erfolgt telefonisch bei Gemeindepfarrer Vajen (T. 296 77 0 88). Er notiert Name, Adresse und Lebensmittelunverträglichkeiten. Was dann aber im „Einkaufskorb“ landet, darauf haben die Klienten keinen Einfluss. „Das ist der Unterschied zur Ausgabe vor Ort. Dort können die Menschen einpacken, was sie brauchen. Jetzt müssen sie nehmen, was wir ihnen vor die Tür bringen.“
Aktuell werden noch alle Liefertouren aus der Zentrale in Moabit heraus koordiniert. Künftig sollen die Gemeinden den Service möglichst selbst übernehmen, denn dadurch könnten deutlich mehr Haushalte erreicht werden. Allerdings ist das nicht nur logistisch eine Herausforderung: „Wir müssen natürlich darauf achten, dass wir nicht Helfer für die Auslieferung einsetzen, die der Risikogruppe angehören. Und das gestaltet sich bei uns schon schwierig“, merkt Vajen an.
Normalerweise sei das Team gut aufgestellt. Jetzt aber werden vor allem junge und gesunde Menschen gebraucht, denen auch ein bisschen Treppensteigen nichts ausmacht. „Es wäre schön, wenn sich noch ein paar Jüngere bereiterklären, mitzuhelfen.“ Unterstützung gibt es derzeit von den Rebel Riders, die mit mehreren Lastenrädern die Lebensmittel in Hellersdorf verteilen. „Wir hoffen, dass wir auch künftig auf die Truppe zählen können.“
Schließlich ist der Bedarf groß und dürfte in den kommenden Krisen-Wochen angesichts drohender Einkommenseinbußen und steigender Lebenshaltungskosten vermutlich noch zunehmen. Ohne Frage: „Laib und Seele“ wird gebraucht. Bedauerlich findet Nico Vajen, dass nun der „Seele-Aspekt“ viel zu kurz komme. „Unser Angebot nehmen viele Ältere in Anspruch, die ganz allein in ihren Wohnungen leben. Für sie ist der Kontakt zu anderen, die Möglichkeit, sich bei einer Tasse Kaffee mal auszusprechen, enorm wichtig. Das fehlt natürlich.“