Maximilian Schachmann ist furios in eine denkwürdige Saison gestartet
Gelb steht ihm hervorragend
Das Gelbe Trikot übt auf Radsportler eine ganz besondere Faszination aus. Denn bei vielen großen Rundfahrten ist es das Outfit des Gesamtführenden – ein Symbol also für Triumph und Stärke. Wer einmal im begehrten Original bei der Tour de France gefahren ist – sei es auch nur für einen einzigen Tag –, hat sich einen Eintrag in den Geschichtsbüchern des Sports gesichert. Und obwohl es fürs echte „Maillot Jaune“ der „Grand Tour“ (noch) nicht gereicht hat, weiß Maximilian Schachmann inzwischen durchaus, wie es sich anfühlt, „Gelb“ überzustreifen.
Im März hat sich der 26-Jährige gleich auf der ersten Etappe der prestigeträchtigen Fernfahrt Paris-Nizza den leuchtenden Stoff geschnappt und über alle Renntage hinweg nicht wieder hergegeben.
Damit feierte der amtierende deutsche Straßenradmeister vom Team Bora-hansgrohe den bislang größten Erfolg seiner Karriere. Nach Rolf Wolfshohl (1968), Andreas Klöden (2000), Jörg Jaksche (2004)
und Tony Martin (2011) ist er erst der fünfte deutsche Gesamtsieger beim „Rennen zur Sonne“.
„Es war ein unglaubliches Gefühl, Paris-Nizza zu gewinnen“, schwärmt Schachmann, dem die Rundfahrt mit Kälte und Wind, Sprintankünften, Einzelzeitfahren, einem Sturz auf der sechsten Etappe und der finalen 16 Kilometer langen Bergankunft wirklich alles abverlangt hatte. Umso glücklicher und auch stolz sei er gewesen, sagt er, die Gesamtführung verteidigen zu können und sich in die Siegerliste unter Namen von Radsportlegenden wie Eddy Merckx, Miguel Indurain und Laurant Jalabert einzuschreiben.
Seit ein paar Jahren schon gilt der Allrounder, dessen Laufbahn beim Marzahner RC Berlin ’94 begann, als eines der größten Talente im deutschen Radsport. Inzwischen bestreitet Schachmann die vierte Saison als Profi und schaffte in den vergangenen beiden Jahren mit Etappenerfolgen beim Giro d‘Italia und der Katalonien-Rundfahrt seinen endgültigen Durchbruch. Die Tour de France 2019 endete für ihn allerdings vorzeitig, nachdem er sich bei einem schweren Sturz im Einzelzeitfahren die Hand gebrochen hatte. Doch der zähe Ausnahme-Athlet kämpfte sich bemerkenswert schnell zurück. „Schon sieben Tage nach der Operation im Unfallkrankenhaus Berlin saß ich auf dem Rollentrainer. Fünf Wochen später war ich wieder auf der Straße.“
Sein furioser Saisonstart zeigt der Konkurrenz: Den Jungen sollte man auf dem Zettel haben. Auch dank der Top-Trainingsbedingungen in seiner Wahlheimat Schweiz hat der gebürtige Berliner noch eine Schippe drauflegen können. „Vor allem am Berg fühle ich mich deutlich besser als im letzten Jahr“, sagt Schachmann, der das nächste Ausrufezeichen auf dem Weg zum Klassement-Fahrer eigentlich beim Giro d’Italia setzen wollte. Doch daraus wird nichts. Die Corona-Pandemie bringt auch für den Radsport einschneidende Veränderungen mit sich. Große Rundfahrten wurden abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Olympischen Spiele in Tokio, für die Max Schachmann sogar auf die Tour de France verzichten wollte, finden erst 2021 statt.
Aktuell spult der Radprofi individuell bei sich zu Hause seine Kilometer ab, ohne zu wissen, auf welchen Höhepunkt er sich eigentlich vorbereiten soll. „Klar, die Situation ist herausfordernd. Wir wissen ja nicht, wann es wieder losgeht und trainieren auf Abruf.“ Da fokussiert zu bleiben und die Form zu timen, sei schwierig. Seine jüngsten Erfolge würden ihm aber ganz viel Motivation für die kommende Zeit geben, sagt Schachmann.
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