Kurt-Schwaen-Archiv: Zukunft ungewiss

Witwe des Komponisten sucht nach einem guten Ort für dessen Nachlass

Kurt-Schwaen-Archiv: Zukunft ungewiss

Er beherrschte jedes Genre von der Oper bis zur Filmmusik, komponierte für Bertolt Brecht, arbeitete für Ernst Busch, schrieb mit dem Schriftsteller Günter Kunert die Kantate „König Midas“ und setzte sich für die musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen ein. Kurt Schwaen (1909–2007) war einer der bekanntesten Komponisten der DDR. Und er war ein Wahl-Mahlsdorfer mit Leib und Seele.

 

Im Wohnhaus des Musikers in der Wacholderheide 31 hält Dr. Ina Iske-Schwaen das Andenken an ihren Mann aufrecht. Seit 1980 betreibt sie hier das Kurt-Schwaen-Archiv (KSA). Notenautographe fast aller Kompositionen, Tagebücher aus den Jahren 1939 bis 2007, Schriften, Briefwechsel, Fotoalben, Schallplatten, Tonbänder, CDs, wissenschaftliche Arbeiten – all das und noch viel mehr entdecken Besucher beim Streifzug durch das Haus. Herzstück des Archivs ist das Arbeitszimmer, in dem seit 1956 eigentlich alle Werke des gebürtigen Oberschlesiers entstanden sind. Hier, in dem von einem schwarzen Flügel dominierten Raum, wirkt es fast so, als wäre der Komponist nur kurz zur Tür raus. „Es ist tatsächlich nichts verändert worden, abgesehen davon, dass ich gelegentlich die Kissen reinige und die Bücher entstaube“, sagt Ina Iske-Schwaen.

 

Die promovierte Musikpädagogin will verhindern, dass das Vermächtnis ihres Mannes, der 1999 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, in Vergessenheit gerät. Sie pflegt nicht nur die Bestände, sondern gibt auch jährlich eine Broschüre mit Neuigkeiten aus dem Archiv heraus. Außerdem ist sie Ansprechpartnerin für Musiker, die an Schwaens Kompositionen interessiert sind, empfängt in ihrem Haus Studierende und Forschende und hat gemeinsam mit der Musikwissenschaftlerin Dr. Rosemarie Groth das komplette Schwaen’sche Werkverzeichnis erstellt. Über 600 Kompositionen aller Genres sind darin aufgelistet. „Wir haben Jahrzehnte dafür gebraucht.“

 

Sorge bereitet der 84-Jährigen aber zunehmend die ungewisse Zukunft des Archivs. „Ich werde schließlich nicht ewig leben“, sagt sie trocken. Fest steht schon jetzt: In der Familie wird sich niemand finden, der in ihre Fußstapfen tritt. Die Staatsbibliothek sieht sich ebenfalls nicht in der Lage, den Nachlass zu übernehmen und die Akademie der Künste wiederum scheint für Ina Iske-Schwaen nicht der geeignete Ort zu sein. „Außerdem war Schwaen in Mahlsdorf zu Hause. Er sollte möglichst im Bezirk bleiben“, findet seine Witwe.

 

Der Heimatverein sieht das ganz genauso. Beim Jahrespressegespräch im Februar warnte der Vorsitzende Wolfgang Brauer: „Hier droht ein Kulturgut von überregionaler Bedeutung unterzugehen.“ Es bestehe die Gefahr, dass das vorbildlich aufbereitete und logisch aufgebaute Archiv eines Tages zerrissen werde und damit seinen Wert verlöre. Brauer schlägt vor, die Sammlung eins zu eins in Räumlichkeiten des Biesdorfer Schlosses unterzubringen. Auch Ina Iske-Schwaen gefällt der Gedanke. Sie wäre sogar bereit, dem Bezirk das Archiv zu gegebener Zeit kostenfrei zu überlassen – „Wenn ich das Gefühl habe, dass es an einem Ort ist, an dem es geschätzt wird.“

 

Informationen zum Archiv gibt es hier: www.kurtschwaen.de