STADT UND LAND-Geschäftsführer Ingo Malter im Interview
Wohnen in Hellersdorf? Natürlich!
Kein Thema beschäftigt die Menschen in der wachsenden Hauptstadt seit Jahren so sehr wie der Kampf gegen den Wohnungsmangel. Viele Blicke sind dabei auf das kommunale Wohnungsunternehmen STADT UND LAND und seinen fünf Schwestergesellschaften gerichtet. Durch Neubau, Ankauf und sozial verträgliche Mieten sollen die Landeseigenen jede Menge bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten schaffen und damit wesentlich zur Entspannung des Wohnungsmarkts beitragen.
Dieser Verpflichtung kommen sie mit Rekordinvestitionen und Rekordfertigstellungen auch nach. Allein 2019 wurden über 4.500 neue städtische Wohnungen an den Start gebracht – mehr als dreimal so viele wie noch 2016. Allerdings werden die Herausforderungen nicht kleiner. Ob sein Unternehmen in den kommenden Jahren weiterhin ein solches Pensum abspulen kann, welche Aufgaben neben dem Wohnungsneubau noch gestemmt werden müssen und worauf er sich 2020 besonders freut, darüber spricht STADT UND LAND-Geschäftsführer Ingo Malter hier im Interview.
Ob an Bussen oder Straßenbahnen, auf Plakaten oder in Einkaufszentren: Überall im Bezirk und auch in benachbarten Ortsteilen begegnet man aktuell der STADT UND LAND und dem Slogan „natürlich Hellersdorf“. Was hat es damit auf sich, Herr Malter?
Wir sind mit einer neuen Imagekampagne ins Jahr gestartet. Sie ist ein Bekenntnis zu Hellersdorf, wo wir inzwischen mit fast 17.000 Wohnungen vertreten sind, und sie ist Werbung für den Wohnstandort. Wichtig war uns bei der Konzeption, keine großen Luftschlösser zu bauen, sondern ganz unaufgeregt und bodenständig die Botschaft hinauszutragen, dass man in Hellersdorf natürlich gut wohnen kann. Deshalb sind die insgesamt acht Motive im Wesentlichen auf den Dreiklang „neue Mietwohnungen, Hellersdorf, STADT UND LAND“ reduziert.
An Bekanntheit dürfte es Ihrer Wohnungsbaugesellschaft in Hellersdorf nicht mangeln. Warum rühren Sie trotzdem gerade hier und jetzt so kräftig die Werbetrommel?
Wer hier lebt, kennt natürlich die Vorzüge von Hellersdorf: das viele Grün, die Ruhe, die gute Luft und kurzen Wege, die Nähe zum Umland und zur Innenstadt, moderate Mieten und vieles mehr. Ab und an muss man gute Botschaften aber wiederholen, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Darüber hinaus erhoffen wir uns von der Kampagne einen Vorteil bei der Vermietung unserer neuen Wohnungen. Mittlerweile sind wir nicht mehr die Einzigen, die in Hellersdorf bauen. Und da die Wachstumszahlen der Berliner Bevölkerung zwar immer noch nennenswert hoch sind, aber nicht mehr ganz so wie vor drei Jahren, könnte sich das eines Tages auch bei der Nachfrage nach Wohnungen bemerkbar machen. Da dachten wir uns, es wäre sinnvoll, frühzeitig mal wieder auf sich aufmerksam zu machen.
Haben Sie denn Schwierigkeiten, die neu entstandenen Wohnungen loszuwerden?
Nein, überhaupt nicht. Bislang sind wir mit den Vermietungszahlen absolut zufrieden. Das gilt für Marzahn-Hellersdorf und alle anderen Bezirke, in denen wir neue Wohnungen bauen.
Seit Dezember wird in der Schkeuditzer Straße das erste Typenhaus der STADT UND LAND von neuen Mieterinnen und Mietern bezogen. Wie sind die Wohnungen dort nachgefragt?
Noch bevor die Wohnungen besichtigt werden konnten, waren bereits 30 Prozent der Mietverträge unterschrieben. Aktuell liegen wir bei einer Vermietungsquote von 60 Prozent. Das freut uns sehr. Mit dem Wort Typenhaus wird schnell eine Art Basiswohnen ohne viel Komfort assoziiert. Doch weit gefehlt: Das sind hier ganz normale Neubauwohnungen, die sich sehen lassen können und anderen Produkten in nichts nachstehen. Davon konnte sich vor einigen Wochen auch eine Delegation aus dem Berliner Abgeordnetenhaus überzeugen. Die Politikerinnen und Politiker waren völlig überrascht von der guten Ausstattung, der Materialität und der Art, wie wir die Grundrisse gestaltet haben.
Im vergangenen Jahr hatten Sie bereits weitere Typenhäuser in der Stendaler, der Hoyerswerdaer und der Senftenberger Straße angekündigt. Wie ist da der Stand?
Die Ausschreibungen sind erfolgreich gelaufen. Wir haben für jedes Grundstück Partner gefunden. Derzeit bereiten die Firmen die Bauanträge vor. Ich gehe davon aus, dass die ersten Spatenstiche noch in diesem Jahr gesetzt werden können.
Sind weitere Häuser aus dem Baukasten der STADT UND LAND geplant?
Wir haben die Ausschreibung dahingehend erweitert, dass unsere Partner, wenn sie die drei genannten Projekte in Hellersdorf erfolgreich abschließen, weitere Grundstücke in der Stadt mit unseren Typenhäusern bebauen dürfen. Sollte das funktionieren, wäre es ein enormer Zeitgewinn für uns. Denn mitunter kann es bis zu zehn Monate dauern, bis wir nach EU-weiter Ausschreibung den Zuschlag für ein Neubauprojekt erteilen können.
Viele Menschen, die täglich auf der B1 unterwegs sind, beobachten mit Staunen den Baufortschritt auf dem historischen Biesdorfer Gutshof.
Ja, die Geschwindigkeit ist enorm. Alle Gebäude stehen schon. Die ersten befinden sich kurz vor der Fertigstellung. Wir werden Ende des Jahres mit 382 von insgesamt 515 Wohnungen in die Vermietung gehen. Meine Hoffnung ist, dass der Bereich rund um den Gutsplatz im Sommer 2021 so schön ist, dass wir dort ein großes Fest veranstalten können.
Abgesehen von Alt-Biesdorf hat Ihre Wohnungsbaugesellschaft in den letzten Jahren beim Neubau auch sonst ein enormes Tempo hingelegt. Geht es so weiter?
Im Jahr 2020 wird die Schlagzahl auf keinen Fall nachlassen und auch für 2021 haben wir uns einiges vorgenommen. In der Vergangenheit wurden die meisten Grundsteine in Marzahn-Hellersdorf gelegt, weil dort die Grundstücke schnell zur Verfügung standen. Künftig wird der Schwerpunkt unserer Neubautätigkeit auf anderen Bezirken liegen. Zum Beispiel beginnen wir im kommenden Jahr damit, auf der Fläche der Buckower Felder im Süden Neuköllns ein komplett neues Quartier mit rund 900 Wohnungen zu errichten. Wie es dann nach 2021 weitergeht, ist schwer zu sagen. Wir müssen die Wachstumszahlen in Berlin und auch unsere Vermietungsgeschwindigkeit ganz genau beobachten.
Zumal Sie neben dem Neubau viele weitere Aufgaben zu bewältigen haben, allen voran die soziale Quartiersentwicklung und Bestandspflege. Durch den nun beschlossenen Mietendeckel werden Sie den Gürtel künftig enger schnallen müssen. Wird das Auswirkungen auf geplante Investitionen haben?
Klar bedeutet der Mietendeckel eine große Herausforderung für uns. Wir werden sehr wahrscheinlich weniger Erlöse erzielen, weil geplante Mieterhöhungen wegfallen. Gleichzeitig sind wir angehalten, bei Investitionen nicht nachzulassen. In der Wirtschaftsplanung für 2020 haben wir das hinbekommen. In den Folgejahren ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass wir Abstriche bei Bestandsinvestitionen machen müssen und größere Baumaßnahmen verschieben.
Auch der Fachkräftemangel ist ein Thema, das der Immobilienbranche weiterhin auf den Nägeln brennt. Die STADT UND LAND nimmt als landeseigenes Unternehmen am Modellprojekt „Solidarisches Grundeinkommen“ teil. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?
Der Fachkräftemangel ist überall spürbar – und zwar nicht nur im hochqualifizierten Bereich. Vergangenes Jahr ist es uns zum Beispiel nicht gelungen, zehn Hauswartstellen zu besetzen. Über das „Solidarische Grundeinkommen“ konnten wir Personal gewinnen. Das Jobcenter hat uns passende Bewerberinnen und Bewerber geschickt.
Glauben Sie, dass das „Solidarische Grundeinkommen“ dafür geeignet ist, Menschen, die lange Zeit ohne Job waren, wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen?
Den Versuch lohnt es allemal. Wir als STADT UND LAND sind jedenfalls daran interessiert, diese Menschen über den Förderzeitraum von fünf Jahren hinaus dafür zu begeistern, bei uns zu arbeiten. Das soll keineswegs eine Interimslösung sein. Deshalb bieten wir den Männern und Frauen auch an, bei uns im Unternehmen einen anerkannten Ausbildungsberuf zu erlernen.
Lassen Sie uns abschließend noch einen Blick auf den Veranstaltungskalender der STADT UND LAND werfen. Welche Termine sollten wir uns schon mal vormerken?
Auf jeden Fall das Balkonkino. Es wird an vier Sommerabenden sicher wieder sehr viele Menschen aus der ganzen Stadt auf den Cecilienplatz locken. Außerdem freue ich mich auf die neunte Auflage des Festivals der Riesendrachen im September und die Mini-EM bei Eintracht Mahlsdorf im Juni auf der Sportanlage Am Rosenhag. Darüber hinaus werden die Schlaufüchse wieder ein großartiges Ferienprogramm für Hellersdorfer Kids auf die Beine stellen und die Mitglieder des Grünklubs zu verschiedenen Aktivitäten in ihre Begegnungsstätte am Baltenring 74 einladen.
Im vergangenen Jahr haben Sie regelmäßig Schulungen für die Mieterräte angeboten. Wird es das auch 2020 geben?
Ja, wir tüfteln derzeit noch eifrig am Veranstaltungsprogramm. Die Mieterräte kümmern sich um die Interessen der Mieterschaft und vertreten diese gegenüber der Chefetage unseres Unternehmens. Sie üben ebenso wie die Mieterbeiräte eine wichtige Tätigkeit aus – und das ehrenamtlich. Wir sind darum bemüht, ihren Wissensdurst zu stillen und sie fit für ihre Aufgaben zu machen. Im Februar ist zum Beispiel eine Infoveranstaltung zum Thema Pflege der Außenanlagen geplant. Im März wollen wir eine kleine Zwischenbilanz nach anderthalb Jahren Wohnungstauschbörse ziehen und im April das Kompetenzzentrum Großsiedlungen vorstellen. Natürlich werden wir den Mieterräten auch wieder die Investitionsplanung des Unternehmens für das Jahr 2021 präsentieren.