Rolf Biebl ist inzwischen nicht nur mit seiner Kunst im Bezirk zu Hause
Marzahn-Hellersdorf statt Prenzlberg
„Wer bei uns im Bezirk wohnt, muss irgendwann schon mal diese Skulpturengruppe bemerkt haben“, sagt Dr. Heinrich Niemann, Vorstandsvorsitzender der „Freunde Schloss Biesdorf“, und meint damit den „Brunnen der Generationen“ vor dem Rathaus Marzahn. Mutter, Vater, Kind, ein Motorradfahrer und ein nachdenklicher alter Mann prägen auf dem HeleneWeigel-Platz seit nunmehr 30 Jahren das Bild. Alle fünf Bronzefiguren stammen aus der Werkstatt des bekannten Künstlers Rolf Biebl.
An diesem Donnerstagabend ist der Bildhauer und Maler auf Einladung der Volkshochschule und des Fördervereins ins Schloss Biesdorf gekommen, um über sich selbst und sein Werk zu sprechen. Es wird ein kurzweiliger Vortrag, gespickt mit vielen Anekdoten und Kuriositäten aus dem Leben eines unangepassten Kreativen.
Vom Langlauf zur Bildhauerei
Geboren wird Rolf Biebl im sächsischen Klingenthal. In seiner Jugend verbringt er viel Zeit auf Langlaufski und schafft sogar den Sprung ins Junioren-Nationalteam. Aber nach dem Abi ist Schluss mit Leistungssport. Von der vogtländischen Provinz geht es an die Kunsthochschule Weißensee, wo Biebl zunächst Architektur studiert. Bildhauerei, gesteht der heute 68-Jährige, habe er sich anfangs nicht zugetraut, dabei sei die Faszination schon dagewesen: „Das körperliche Arbeiten, dieses Rackern und Sich-Abplagen, war für mich total reizvoll.“ Nach zwei Semestern wechselt er das Fach. „Haben Sie sich das gut überlegt?“, soll ihn sein Professor Karl-Heinz Schamal damals gefragt und eindringlich vor der „totalen Einsamkeit im Atelier“ gewarnt haben. Doch der junge Mann ist fest entschlossen, Bildhauer zu werden. „Natürlich wusste ich überhaupt nicht, was mich erwartet.“ Heute findet er: „Die Einsamkeit ist eigentlich das Beste an der Künstlertätigkeit.“
„Ich liebe den Plattenbau“
Sein Atelier hat Biebl am Antonplatz. Zu Hause ist er aber seit einigen Jahren in Hellersdorf. „Ich bin mit meiner Freundin aus dem Prenzlauer Berg geflüchtet.“ Ein wenig warm werden mussten die beiden anfangs mit ihrer neuen Wohngegend schon. Inzwischen wollen sie aber nicht mehr weg. Er genieße die Entschleunigung, die Nähe zu den Gärten der Welt und den kurzen Weg zur U-Bahn, die hier oberirdisch fährt. Außerdem bekennt der Künstler: „Ich liebe den Plattenbau. Alles ist so ordentlich, gerade und strategisch gedacht.“ Zudem grünt es – anders als in den Anfangsjahren der Großsiedlung – an allen Ecken und Enden. „Man hat das Gefühl, in einem Park zu wohnen.“
Gegen den Strom
Als besonders prägend für seine persönliche Entwicklung und seine Einstellung zur Kunst bezeichnet Biebl die Zeit als Student in Budapest. Damals galt die liberale und weltoffene ungarische Hauptstadt als schillerndste Metropole des Ostens. „Ich war dort ein Jahr an der Kunstakademie und habe meinen DDR-Tunnelblick ablegen können.“ Zurück in Berlin wird er Meisterschüler an der Akademie der Künste bei Ludwig Engelhardt und gründet gemeinsam mit den Malern Harald K. Schulze und Clemens Gröszer († 2014) die aufmüpfige Künstlergruppe „Neon Real“. Mit bunten, schrillen, drastischen Werken, Überspitzungen und Verzerrungen wollen sie dem sozialistischen Realismus etwas entgegensetzten. Dabei inspirieren und befeuern sich die drei immer wieder gegenseitig. Einige der entstandenen Werke könnten schon bald im Schloss Biesdorf gezeigt werden. Erste Gespräche zwischen „Neon Real“ und der künstlerischen Leiterin Karin Scheel hat es bereits gegeben.
Überall begegnet man Biebl
Seit Ende der 80er Jahre ist Rolf Biebl, der heute als Dozent an der HTW unterrichtet und nach der Wende für den Erhalt der Kunsthochschule Weißensee eintrat, freischaffender Künstler. Im Berliner Stadtraum sind zahlreiche seiner Plastiken präsent. Dazu gehören die Bronzefigur „Der Schreitende“ im Bahnhof Vinetastraße, „Adam und Eva“ auf dem Gelände der Kulturbrauerei und „Rosa Luxemburg“ auf dem Franz-Mehring-Platz. Zu jeder seiner Arbeiten kann der Künstler eine Reihe von Geschichten erzählen. So erfährt das Biesdorfer Publikum zum Beispiel, warum das Motorrad auf dem Helene-Weigel-Platz nun in eine andere Richtung fährt: „Als der Platz 2007 saniert wurde, habe ich die Bauarbeiter einfach gefragt, wie sie es hinstellen würden und zack, wurde ihr Vorschlag umgesetzt“, sagt Biebl und lächelt dabei verschmitzt.