Andreas Lemmer vom Straßen- und Grünflächenamt klärt auf
Wenn Bäume gefällt werden müssen ...
Wenn Bäume aus dem Straßenland verschwinden, kochen schnell die Emotionen hoch. Die einen sind froh, dass kein Laub mehr auf ihr Grundstück fällt oder der „Störenfried“ vor ihrer Einfahrt vor der Einfahrt nicht länger die Sicht beim Ein- und Ausparken behindert.
Anderen blutet das Herz, wenn die Mitarbeiter des Grünflächenamts mit der Motorsäge anrücken.
Denn Bäume begleiten die Menschen Tag für Tag. Sie prägen mitunter das Stadtbild und sind hervorragende Klimaschützer. Da kommt schnell die Frage auf, ob die grünen Schatten- und Sauerstoffspender nicht noch viele Jahre hätten weiterleben können und warum an Ort und Stelle nicht gleich nachgepflanzt wird. „Die Hellersdorfer“ hat dazu mit Andreas Lemmer gesprochen. Er leitet im Straßen- und Grünflächenamt den Fachbereich Grün, Freiflächen und Friedhöfe.
Hat der Baumbestand in Marzahn-Hellersdorf in den vergangenen Jahren abgenommen?
Er ist in den vergangenen Jahren etwa konstant geblieben – mit leichter Tendenz nach oben. Der Bezirk bewirtschaftet mehr als 100.000 Bäume in öffentlichen Grünanlagen. Da sind große Waldflächen wie auf den Ahrensfelder Bergen, der Biesdorfer Höhe oder im Wuhletal noch nicht einmal mit eingerechnet.
Welche Gründe gibt es, Bäume abzuholzen?
Wir fällen, wenn die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet ist, weil die Bäume krank sind oder altersbedingt absterben. Dazu kommen noch Beschädigungen durch Verkehrsunfälle, durch Baumaßnahmen oder Leitungsarbeiten im Wurzelbereich. Stadtbäume haben eine deutlich geringere Lebenserwartung als Waldbäume, da sie vielen schädlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. Grundsätzlich versuchen wir aber, so viel Grün wie möglich zu erhalten. Kein Baum wird leichtfertig gefällt. Er darf nur nicht zur Gefahr für die Menschen werden. Herabfallende Äste und umstürzende Bäume können bekanntlich großen Sachschaden anrichten und Bürgerinnen und Bürger verletzen.
Wann und wie werden Nachpflanzungen vorgenommen?
Überwiegend finden Nachpflanzungen im Rahmen von Baumaßnahmen statt, z.B. bei der Neugestaltung von Parks, Spielplätzen und Grünanlagen. Außerdem erhält Marzahn-Hellersdorf durch die Spendenkampagne „Stadtbäume für Berlin“ alle zwei Jahre etwa 150 neue Bäume. Im kommenden Jahr werden wir wieder bedacht. Unsere Vorschlagsliste für die Standorte der neuen Bäume liegt der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz bereits vor. Im Frühjahr soll es losgehen.
Wird bei der Standortauswahl berücksichtigt, wo Bäume weggekommen sind?
Ja, mittlerweile gehen wir tatsächlich in die Lücken hinein, also pflanzen wenn möglich dort nach, wo ein Baum gefällt werden musste. Früher wurden gerade auch im Rahmen der Stadtbaumkampagne Pflanzungen in ganzen Straßenzügen vorgenommen. Aber die großen Freiflächen verschwinden ja zusehends. Und weil oft die erforderlichen Standortbedingungen nicht mehr erfüllt sind, kommen Nachpflanzungen im Straßenland nicht in jedem Fall infrage.
Was verhindert, dass ein gefällter Baum nicht umgehend an Ort und Stelle ersetzt werden kann?
Zunächst einmal teilen sich mehrere Versorgungsträger den Straßenraum. Telefon, Strom, Gas, Wasser, Abwasser und Internet – das alles braucht Platz. Und nicht nur zu den Leitungen muss ein bestimmter Abstand eingehalten werden, sondern auch zu vorhandenen Grundstücksgrenzen. Der Baum selbst benötigt natürlich ebenfalls Raum, um gut gedeihen zu können. Ihm sollte mindestens eine Baumscheibe von sechs Quadratmetern und im Untergrund ein durchwurzelbarer Raum von etwa 12 Kubikmetern zur Verfügung stehen. Das sind nur ein paar Faktoren, die verhindern, weshalb ehemalige Baumstandorte heute nicht neu besetzt werden können.
Gibt es im Bezirk denn eigentlich Baumkonzepte?
Bei großen Baumaßnahmen wie der Sanierung der Lemkestraße ist ein Baumkonzept Teil der Vorplanung. Aber ansonsten haben wir derzeit weder personell noch finanziell die Kapazitäten, Baumkonzepte für verschiedene Straßen und Straßenabschnitte zu erstellen. Selbstverständlich wären solche Konzepte wünschenswert, mit denen wir Zukunftsstandorte für Bäume vorhalten und Pflanzvorschläge entwickeln können – und zwar unter Berücksichtigung der städtebaulichen Gegebenheiten und im Hinblick auf die veränderten Klimabedingungen.