Wie man dem plötzlichen Herztod ein Schnippchen schlägt

Heute ist von 15 bis 17 Uhr Kaulsdorfer Herztag 

Den plötzlichen Herztod verhindern

Er kommt aus heiterem Himmel und reißt innerhalb weniger Minuten auch Menschen aus dem Leben, die eigentlich dachten, sie seien gesund. 65.000 Deutsche erleiden jedes Jahr einen plötzlichen Herzstillstand. 60.000 sterben daran. Warum viel mehr Betroffene gerettet werden könnten, wer gefährdet ist und welche Diagnose- und Therapiemöglichkeiten­ es gibt, darüber wird im November bundesweit im Rahmen der alljährlich stattfindenden Herzwochen informiert. Auch das Vivantes Klinikum Kaulsdorf beteiligt sich wieder mit einer eigenen Veranstaltung an der Aufklärungskampagne.

 

„Wir können heute schon sehr genau sagen, welche Patienten besonders gefährdet sind, einen plötzlichen Herzstillstand zu erleiden“, sagt Dr. Jens-Uwe Röhnisch, Leiter der Kardiologie am Vivantes Klinikum Kaulsdorf. Wer ein solches tragisches Ereignis schon einmal überlebt hat, gehört zu den Risikopatienten­  – ebenso Menschen mit bestimmten Erkrankungen der Herzklappen, des Herzmuskels oder mit seltenen angeborenen Herzfehlern. Die mit Abstand häufigste Ursache aber ist die koronare Herzkrankheit (KHK), bei der Ablagerungen an den Wänden der Arterien die Blutzufuhr zum Herzen stören. Oft wissen Betroffene nichts von ihrem Leiden.

Herzkreislauferkrankungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu behandeln, gehört daher zu den wichtigsten Waffen im Kampf gegen den plötzlichen Herztod.

 

Kaulsdorfer Herztag am 19.11.

Welche großen Fortschritte in den vergangenen Jahren im Bereich der Diagnostik und Therapie erzielt worden sind, erfahren Besucher beim diesjährigen Kaulsdorfer Herztag, zu dem Dr. Jens-Uwe Röhnisch und sein Team am Dienstag, dem 19. November, einladen. Auf dem Programm stehen neben leicht verständlichen Experten-Vorträgen (siehe Infokasten) auch wieder Erste-Hilfe-Demonstrationen­, Blutdruck- und Blutzuckermessungen sowie Herzultraschall­- und EKG-Vorführungen. Außerdem gibt es Infostände und einen kleinen Imbiss.

 

 

Keine Angst vor Erster Hilfe

Ein besonderer Fokus der Veranstaltung liegt in diesem Jahr auf dem Thema „Laien-Reanimation“ – und das aus gutem Grund: Schließlich führt ein plötzlicher Herzstillstand binnen weniger Minuten zum Tod, sofern keine Ersthelfer vor Ort sind, die unverzüglich mit der Wiederbelebung beginnen. Leider zeigt die Erfahrung, dass viele­ Menschen im entscheidenden Moment zögern, beherzt einzugreifen – aus Angst etwas falsch zu machen. Kardiologen und Notfallmediziner aus Kaulsdorf wollen daher den Herztag nutzen, um den Besuchern Berührungsängste zu nehmen und sie in den Grundlagen der Reanimation zu schulen. Denn Lebensretter kann jeder werden.

 

Jede Sekunde zählt

Meistens wird der plötzliche Herztod durch Kammerflimmern ausgelöst. Das Herz gerät dabei in Sekundenschnelle komplett aus dem Takt und hört auf zu schlagen. In der Folge gelangt nicht mehr genug Blut ins Gehirn. Es kommt zur Bewusstlosigkeit. Nach zwei bis drei Minuten setzt die Atmung aus. Die ersten Gehirnzellen sterben ab. Deshalb ist es so wichtig, schnell zu reagieren. Sobald der Notarzt alarmiert ist (112), muss umgehend und bis zum Eintreffen der Rettungskräfte die Reanimation erfolgen. „Übrigens wird Laien inzwischen empfohlen, bei der Wiederbelebung auf die Mund-zu-Mund-Beatmung zu verzichten“, klärt Dr. Jens-Uwe Röhnisch auf. Allein durch die Herzdruckmassage könne das Blut alle lebenswichtigen Organe, also auch das Gehirn, etliche Minuten mit Sauerstoff versorgen. Mit jeder Minute aber, in der nichts unternommen wird, sinken die Überlebenschancen der Betroffenen um etwa zehn Prozent. Sind mehrere Helfer vor Ort und ist ein Defibrillator in der Nähe, könne auch dieser zur Hilfe genommen werden. Die Anwendung des Schockgebers ist nicht schwer. Das Gerät kann sprechen und gibt klare, leicht verständliche Instruktionen.

 

Kleine Geräte als Lebensretter

Wer einen plötzlichen Herzstillstand überlebt hat oder zu den Hochrisikopatienten gehört, bekommt in der Klinik häufig prophylaktisch einen Defibrillator eingesetzt. Die wenige Zentimeter großen Geräte stoppen gefährliches Herzrasen mit gezielten Stromstößen und bringen das Herz wieder in den richtigen Takt. Für die Implantation von „Defis“ und anderen Geräten wie zum Beispiel Herzschrittmachern, Loop-Recordern (dokumentieren den Herzrhythmus) und sogenannten CRT-Schrittmachern, die bei bestimmten Patienten mit einer Herzschwäche die Arbeit der Herzkammern synchronisieren und verbessern, steht den Spezialisten aus Kaulsdorf ein hochmodernes Katheterlabor

mit OP-Qualität zur Verfügung.

 

Defi-Weste für den Übergang

Bei Patienten mit einer neu diagnostizierten schweren Herzinsuffizienz plädiert Dr. Röhnisch allerdings dafür, nicht voreilig einen Defibrillator zu implantieren. Denn viele Betroffene lassen sich inzwischen medikamentös sehr gut behandeln. Die Einstellung braucht allerdings seine Zeit – „in der Regel ein Vierteljahr“, so Röhnisch. Bis die Herzinsuffizienz-Therapie für den einzelnen Patienten optimiert ist, kann in der Übergangsphase das Tragen einer Defi-Weste Schutz vor einem plötzlichen Herztod bieten. Wie ein solcher tragbarer Defibrillator aussieht und funktioniert, wird ebenfalls beim Kaulsdorfer Herztag gezeigt.

 

Foto: Africa Studio, Adobe Stock