Beim MRC '94 treten junge Talente seit 25 Jahren in die Pedale
Ihr Trainingsplatz ist die Straße
Mit Etappensiegen beim Giro d’Italia, der Katalonien-Rundfahrt, der Deutschland-Tour und der Baskenland-Rundfahrt gehört Maximilian Schachmann zu den absoluten Shooting Stars im deutschen Radsport. Der 25-jährige Berliner vom Team Bora-hansgrohe fährt gerade die beste Saison seines Lebens. Und ganz gleich ob er beim Zeitfahren allein gegen die Uhr strampelt, sich Berge hochquält oder nach mehreren hundert Kilometern in den Knochen mit Tempo 70 um Platzierungen sprintet – einer verfolgt immer ganz genau, wann der junge Radprofi wieder für Furore sorgt: Michael Lemke.
Er ist Vorsitzender des Marzahner Radsport Clubs und hat Maximilian Schachmann sechs Jahre lang das Radsport-Einmaleins beigebracht.
Dass sein Schützling es eines Tages weit bringen könnte, davon war Coach Lemke schon früh überzeugt. „Schachi hat immer dieser unbändige Wille ausgezeichnet. Er kam damals her mit keinem geringeren Ziel vor Augen als Profi zu werden.“
Erstklassige Nachwuchsarbeit
Nicht erst seit den Erfolgen von Maximilian Schachmann steht der Name MRC ’94 für hervorragende Nachwuchsarbeit. In den vergangenen Jahren ist keine Saison vergangen, in der Radsportler im Trikot des Marzahner Vereins beim Cross, auf der Bahn oder auf der Straße nicht Top-Resultate einfahren konnten. Sieben Berliner Meister- und drei Vizemeister-Titel waren es allein 2018. In diesem Jahr gehen mit Robin Ruhe, Henning Sage, Paul Quabs und Felix Fleischmann gleich vier Sportler bei Deutschen Meisterschaften an den Start. Super erfolgreich läuft es auch für Elias Richter. Der 19-Jährige wurde dieses Jahr vom KED-STEVENS Radteam Berlin verpflichtet und will es in den Nationalkader des deutschen Bahnrad-Vierers schaffen.
Schule wird nicht vernachlässigt
Sein Coach hat schon immer Wert darauf gelegt, dass seine Athleten bei allem sportlichen Ehrgeiz einen Plan B parat haben, falls es mit dem Profisport nicht klappt. Das heißt: Die Leistungen müssen beim MRC nicht nur auf der Strecke stimmen, sondern auch und vor allem in der Schule. „Für mich ist ein gutes Talent jemand, dem der Sport Spaß macht und der sein Leben im Griff hat“, sagt der 59-jährige Vereinsvorsitzende. Viel mehr als dies, gepaart mit Zielstrebigkeit und Leistungsbereitschaft, brauche es für den Erfolg nicht. „Alles andere ist Training“.
Berlin – kein guter Trainingsort
21 Mädchen, Jungen und Männer in acht Altersklassen sind aktuell für den MRC im Sattel – von den Anfängern bis zur Elite. Ihr Trainingsplatz ist die Straße. Geradelt wird überwiegend im Umland zum Beispiel nach Mehrow, Altlandsberg, Strausberg, Eberswalde oder Bad Freienwalde. Um Berlins Straßen hingegen machen die Trainingsgruppen einen großen Bogen – zu hoch das Unfallrisiko, zu zahlreich die Ampeln und Kreuzungen, die die Sportler daran hindern, lange Strecken mit gleichmäßiger Geschwindigkeit und Trittfrequenz zurückzulegen. Aber auch Brandenburg ist schon längst kein sicheres Pflaster mehr, sagt Michael Lemke. Seit Jahren macht ihm die fehlende Akzeptanz der Autofahrer in der Region zu schaffen. „Da wird geschnitten, bis auf zwei Meter rangefahren und im schnellen Zickzack überholt. Mir als Trainer, der mit dem Auto hinterherfährt, stockt da regelmäßig der Atem.“ Passiert ist zum Glück noch nichts. Auch weil die Sportler wissen, wie sie sich im Straßenverkehr zu verhalten haben. „Das unterscheidet uns von so manchem Alltagsradler.“
Einmonatiges Probetraining
Ein gutes Alter, mit dem Radsport anzufangen, ist zwischen acht und neun Jahren. Michael Lemkes Frau Danielle trainiert die Einsteiger. Zum Schnuppertraining können die Mädchen und Jungen auch erst mal ohne fahrbaren Untersatz kommen. Im Probemonat wird ihnen ein Rennrad gestellt. Danach fällt eine kleine Miete für die Nutzung an, sofern der Verein ein passendes Gefährt dauerhaft vermieten kann. Denn die Rennräder sind nicht ganz billig und die finanziellen Möglichkeiten des Vereins eingeschränkt. „Wir leben von Mitgliedsbeiträgen und kleinen Spenden.“
Kids-Tour: Rennluft schnuppern
Gelegenheit, in Marzahn-Hellersdorf Radsport live zu erleben und auch mal Rennluft zu schnuppern, bietet demnächst wieder die Internationale Kids-Tour. Das dreitägige Event kommt am 1. September mit der Schluss-Etappe in den Bezirk. Parallel zu dem Rundkurs, der in der Teupitzer Straße beginnt und endet, findet auch ein sogenanntes Fette-Reifen-Rennen statt. Jeder, der Lust hat, kann mit seinem eigenen Fahrrad einfach an die Strecke kommen und sich eine Startnummer geben lassen. Los geht’s um 10 Uhr. Übrigens hat einst auch Maximilian Schachmann die Kids-Tour gewonnen. Heute, elf Jahre später, nimmt er die Tour de France ins Visier.