Wirbel um Auslagerung der Mozart-Schule

Pläne des Schulamts stoßen im Bezirk auf geteiltes Echo

Wirbel um Auslagerung der Mozart-Schule

Die Nachricht von der geplanten Teilauslagerung der Mozart-Gemeinschaftsschule (Cottbusser Straße 23) an die neue, aktuell noch im Bau befindliche Oberschule in Mahlsdorf (Straße An der Schule) ließ Anfang der Woche die Kommentarspalten in den sozialen Medien explodieren. 

Während viele Eltern in Hellersdorf die Lösung begrüßen, hagelte es teils auch heftige Kritik an der Entscheidung des Bezirksamts. In Mahlsdorf sehen einige Bewohner durch die Jugendlichen aus dem Plattenbaugebiet offenbar sogar ihr kleinbürgerliches Idyll bedroht. Zumindest lassen sich nur so Kommentare wie „Die Assis kommen“ interpretieren. Auch vom Zusammenprall zweier „unterschiedlicher Welten“ ist in den Postings zu lesen – und davon, dass es nicht gut gehen könne, eine Hellersdorfer „Problemschule“ im „gutbürgerlichen Mahlsdorf“ unterzubringen.

 

Marzahn-Hellersdorfs Schulstadtrat Gordon Lemm (SPD) reagierte betroffen auf die teils verunglimpfenden Äußerungen einiger Facebook-Nutzer: „Die Kinder der Mozart-Schule in Hellersdorf haben genauso ein Recht auf eine gute schulische Umgebung wie Kinder aus allen anderen Regionen unserer Stadt. Die Oberschulen im Land Berlin sind für alle Kinder des Landes zugänglich. Wohnortsprinzip oder Einkommen der Eltern spielen hier zum Glück keine Rolle.“ Die Fragen der Eltern und Schüler allerdings müsse man selbstverständlich ernst nehmen und mögliche Bedenken ausräumen, so Lemm. 

 

Schule mit unrühmlicher Vergangenheit

Tatsächlich ist die Mozart-Gemeinschaftsschule wegen einer Vielzahl von Gewaltvorfällen Anfang 2016 in die Schlagzeilen geraten. Bedrohungen, Diebstähle und Prügel, hieß es damals, seien an der Tagesordnung. Eltern schlugen Alarm. Mit einem erschütternden Brandbrief brachten sie die Missstände an die Öffentlichkeit. In der Folge wechselte die Schulleitung. Es kamen neue Lehrer und Sozialarbeiter. Gewaltpräventionsprojekte wurden auf den Weg gebracht und ein Zaun errichtet, um ehemalige gewaltbereite Schüler vom Pausenhof fernzuhalten. Inzwischen hat sich die Lage beruhigt. Zahlen der Senatsinnenverwaltung bestätigen diese Entwicklung: Von 176 angezeigten Straftaten zwischen 2014 und 2017 sind zuletzt 17 Delikte im Jahr registriert worden.

 

Sanierung der Mozart-Schule drängt

Neben der schwierigen Vergangenheit macht der Schule seit längerem die dringend erforderliche Sanierung des Gebäudes zu schaffen. Mehrfach ist die 3,8 Millionen teure Maßnahme verschoben worden, weil es bislang keine Möglichkeiten gab, die Schule auszulagern. Doch nun ist Eile geboten. Der Brandschutz für das Haus erlischt. Der Schule könnte dadurch im Frühjahr 2021 die Betriebsgenehmigung entzogen werden. Ursprünglich war vorgesehen, den geplanten Schulcontainer am Standort Sebnitzer Straße als Ausweichquartier zu nutzen. Doch die neue Container-Schule kommt für die Mozart-Schule zu spät.

 

Auf der Gesamtelternvertretung Ende Januar präsentierte das Schulamt die nun so emotional diskutierte Lösung: Damit schnellstmöglich mit der Sanierung an der Hellersdorfer Gemeinschaftsschule begonnen werden kann, ist vorgesehen, 15 Klassen der Sekundarstufe I (Jahrgangsstufe 7 bis 10) nach den Sommerferien gemeinsam mit ihren Lehrern für zwei Jahre in der Mahlsdorfer Oberschule unterzubringen. Denn dort ist noch genug Platz. Die neue Schule startet den Betrieb zunächst mit nur fünf siebten und drei achten Klassen, um dann langsam zu wachsen.

 

Rückendeckung von den Linken, Schelte von der CDU

„Wir begrüßen diese Lösung ausdrücklich“, gibt es Rückendeckung für die Entscheidung des Schulamts vom Fraktionsvorsitzenden der Linken, Bjoern Tielebein. Es sei gelungen eine Unterbringung zu finden, die sowohl hinsichtlich der Umgebung als auch wirtschaftlich für den Bezirk sehr gut tragbar sei, heißt es in einer Pressemitteilung.

 

Der CDU-Abgeordnete Mario Czaja hingegen wirft Stadtrat Lemm schlechte Informationspolitik vor. Ohne Abstimmung mit den Fachpolitikern des Bezirksparlaments und unmittelbar vor dem Start der Anmeldephase für die Sekundarstufe I habe dieser seine Pläne kommuniziert. Auf Facebook hatten Eltern bereits angekündigt, nun von einer Anmeldung ihrer Kinder an der neuen Integrierten Sekundarschule (ISS) in Mahlsdorf Abstand nehmen zu wollen. Sie bezweifeln, dass unter den neuen Vorzeichen ein geordneter Start gewährleistet werden könne und fürchten um die Zukunft und den Ruf der Schule.

„Es wäre fatal, wenn sich die verantwortungslose Informationspolitik des Bezirksstadtrates auf das Anmeldeverfahren auswirken würde“, empört sich Czaja, der in Mahlsdorf und Kaulsdorf seinen Wahlkreis hat. Es gebe noch viele offene Fragen, vor allem zum künftigen Schulbetrieb, die nun rasch geklärt werden müssten. Auf Antrag der CDU-Fraktion wurde daher für kommende Woche eine Sondersitzung des Schulausschusses anberaumt. 

 

Zwei eigenständige Schulen

Bezirksstadtrat Gordon Lemm hat inzwischen Workshops mit beiden Schulen unter Leitung der Außenstelle der Senatsbildungsverwaltung angekündigt. Dort geht es im nächsten halben Jahr darum, offene Fragen zu beantworten, ein Profil für die neue Integrierte Sekundarschule Mahlsdorf zu entwickeln und Überlegungen anzustellen, wie es gelingen kann, die zwei eigenständigen Schulen an einem Standort möglichst störungsfrei zu betreiben. Auch mögliche Synergien könnten ausgelotet werden. So sei es denkbar, dass Spanisch-Lehrer der Mozart-Schule das Fach zusätzlich für die Schüler der ISS anbieten. 

Befürchtungen einiger Eltern, die Schüler der Hellersdorfer Gemeinschaftsschule würden künftigen Oberschülern aus dem Siedlungsgebiet die Plätze an der neuen, modernen Schule wegnehmen, seien unbegründet, erklärt der Stadtrat: „Auch im nächsten Jahr werden dort vier neue siebte Klassen eingeschult.“

 

Linkspartei fordert Solidarität zwischen Mahlsdorf und Hellersdorf

Die Linkspartei hat indes die Menschen aus Mahlsdorf dazu aufgerufen, die Schüler der Mozart-Gemeinschaftsschule herzlich willkommen zu heißen. „Dass Solidarität zwischen den Stadtteilen in unserem Bezirk in solchen Situationen wichtig ist, zeigt auch das Beispiel der Franz-Carl-Achard-Schule“, meint Bjoern Tielebein. Als die Grundschule aus Kaulsdorf Anfang 2016 kurzfristig geschlossen werden musste, sind die Kinder ein Jahr lang in einem gerade frisch sanierten Gebäude der Marcana-Schule in Marzahn-Nord unterrichtet worden. Die Marcana-Schüler mussten zunächst weiter im unsanierten Gebäude lernen. Alle Beteiligten hätten dies solidarisch miteinander gemeistert. „Das ist auch in Mahlsdorf möglich“, ist sich Tielebein sicher.