Marzahn-Hellersdorf, jetzt mal ehrlich!

Die Jubiläumsausstellung zeichnet ein authentisches Bild vom Bezirk

Marzahn-Hellersdorf, jetzt mal ehrlich!

Marzahn-Hellersdorf: Für Fußballer Jérôme Boateng ist es eine No-go-Area, andere halten Marzahn-Hellersdorf für eine Hochburg der Hartz-IV-Empfänger, Hauptschüler und Teenie-Mütter oder aber sie haben zumindest das Bild im Kopf von der grauen Betonwüste irgendwo da ganz weit draußen im Osten der Stadt. In jedem Fall hält sich das Negativ-Image des Bezirks bei denen, die noch nie da gewesen sind, hartnäckig. Und man wünscht Marzahn-Hellersdorf zu seinem 40-jährigen Bestehen, einige dieser Klischees einfach mal abstreifen zu können.

Abseits der vielen Vorurteile haben 20 Studenten der renommierten Ostkreuzschule in Weißensee vergangenes Jahr dem wahren Leben hier in Marzahn-Hellersdorf nachgespürt. Ihr Auftrag lautete, den Bezirk mit seiner Architektur und seinen Bewohnern – Menschen wie Tieren – so zu fotografieren, wie er ist. Die jungen Leute mussten dabei „keinen Kunstmarkt bedienen, keine Werbeflächen bespielen, keine Elendsreportage bebildern“, deswegen seien die Fotos „so besonders geworden, so neu, so anders, so ehrlich und genau“, lobt der Dozent­ Ludwig Rauch.

Unter dem Titel „Fernwärme­“ werden die Arbeiten nun im Schloss Biesdorf gezeigt. Die Ausstellung gilt als kultureller Auftakt der 40-Jahr-Feierlichkeiten.

 

Auch Kuratorin Karin Scheel findet die Bilder „klasse“. „Man merkt ihnen an, dass sich die Studierenden unheimlich intensiv mit dem Ort hier beschäftigt haben.“ Vor allem „Goldener Herbst“, eine Fotoserie der gebürtigen Wilhelmshavenerin­ Julia Fenske hat es der künstlerischen Leiterin von Schloss Biesdorf angetan. Es sind Porträts einer Seniorengruppe im Mahlsdorfer Stadtteilzentrum Pestalozzi-Treff. „Julia Fenske hat diese Menschen leicht von unten fotografiert, dadurch wirken sie sehr selbstbewusst und lebensbejahend.“

 

Zur Vernissage am 16. Februar um 18 Uhr, da ist sich Karin Scheel sicher, wird die spätklassizistische Turmvilla an der B1 wieder rappelvoll sein. Das hätten schon die vergangenen Ausstellungseröffnungen gezeigt. Seit der Bezirk vor ziemlich genau einem Jahr die Betreiberschaft für das Schloss von der Grün Berlin GmbH übernommen hat, konnte das Haus sein Angebot deutlich ausbauen und an Profil gewinnen. Zuvor liefen gerade mal zwei Ausstellungen im Jahr, 2018 hingegen sind es ganze sieben gewesen. Regelmäßig gibt es Führungen, Vorträge, Konzerte und mehrmals wöchentlich Angebote des Kunstvermittlungsprogramms „Labor M“. Sie sollen Menschen unterschiedlichen Alters Lust auf Kunst machen.

Inzwischen ist die Zahl der Besucher mehr als doppelt so hoch wie noch unter der Ägide­ der Grün Berlin GmbH. Knapp 66.000 Gäste kamen vergangenes Jahr in die einstige Siemens-Villa. Dass kein Eintritt mehr erhoben wird, weil das Schloss nun den Status einer Kommunalen Galerie genießt, hat dazu sicher auch ein wenig beigetragen.

 

Fernwärme

Vernissage: 16. Februar, 18 Uhr

Schloss Biesdorf, Alt-Biesdorf 55

17. Februar bis 29. März 2019

 

Öffnungszeiten:

Täglich von 10 bis 18 Uhr

Freitag von 12 bis 21 Uhr

Dienstag geschlossen

 

Foto: Stefan Weger