Der Satiriker hat mit Jugendlichen an einer Geschichte geschrieben
Dietmar Wischmeyer mal anders
Ob kleine Leute oder große Politik, bei ihm kriegen alle ihr Fett weg. Seit Ende der 80er mischt Dietmar Wischmeyer in der deutschen Comedy-Szene mächtig mit. Er hat das Frühstyxradio mitbegründet und Kunstfiguren wie „Günther, den Treckerfahrer“ geschaffen. Fernsehzuschauer kennen den 61-jährigen Niedersachsen vor allem aus der „heute Show“ im ZDF.
Wer Dietmar Wischmeyer live erleben möchte, sollte sich den 15. Dezember (17 Uhr) vormerken. Die Jugendlichen der Schreibwerkstatt in der Mark-Twain-Bibliothek konnten den renommierten Satiriker als Co-Autor für ihre alljährliche Fortsetzungsgeschichte gewinnen. Nun findet die Abschlusslesung des „Storytauschs“ statt. „Die Hellersdorfer“ hat den Termin zum Anlass genommen, Dietmar Wischmeyer ein paar Fragen zu stellen:
Die Hellersdorfer: Was kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie Marzahn-Hellersdorf hören?
Dietmar Wischmeyer: Da wir hier ja unter uns sind: die Unwirtlichkeit der Städte. Da ich als Landbewohner ohnehin dem Stadtleben wenig abgewinnen kann – auch und gerade den hippen Vierteln – ist für mich Marzahn-Hellersdorf nur eine von tausend anderen Gegenden, in denen ich nicht wohnen möchte. Sie hätten genauso nach Berlin-Friedrichshain oder München-Grünwald fragen können.
Die Hellersdorfer: Ihr Terminkalender ist super voll. Warum haben Sie es sich trotzdem nicht nehmen lassen, als Gastautor die Schreibwerkstatt bei Ihrem Storytausch zu begleiten?
Dietmar Wischmeyer: Weil es ein interessantes Projekt ist und alles, was Menschen dazu anregt, sich in Texten auszudrücken (noch dazu freiwillig!), findet meine Unterstützung. Außerdem sind oder werden diese Beiträger mein Publikum.Betrachten sie es also als langfristige Investition.
Die Hellersdorfer: Für das Buchprojekt sind Sie in die Rolle eines Stiftungsdirektors geschlüpft, der Plätze auf „Paradise Island“, einer Insel für Reiche und Schöne, vergibt. Wie sieht Ihr persönliches Paradies aus?
Dietmar Wischmeyer: So weit man gucken kann: NICHTS!
Die Hellersdorfer: Was erwartet Zuhörer der Abschlusslesung?
Dietmar Wischmeyer: Ein hoffentlich unterhaltsamer Abend, der vor allem Werbung für dieses Projekt macht.
Die Hellersdorfer: Die Teilnehmer der Schreibwerkstatt sind allesamt junge Leute, die Spaß an der deutschen Sprache und am Schreiben haben. Warum sollte das gefördert werden?
Dietmar Wischmeyer: Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll: der textliche Ausdruck ist Gehirntraining, Voraussetzung sich über sein eigenes Ich im Klaren zu werden, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Kurz: der Anfang von allem.
Die Hellersdorfer: Die wenigsten Kinder träumen wohl davon, eines Tages als Autor oder Satiriker ihr Geld zu verdienen. Was wollten Sie ursprünglich werden?
Dietmar Wischmeyer: Je nach Alter in der Reihenfolge: Förster, Landbriefträger, Pastor, Offizier, Professor, Eremit. Von letzterem mal abgesehen, gibt es einen Hang zum öffentlichen Dienst. Wie Sie sehen, sind diese Träume allesamt gescheitert, zum Glück!
Die Hellersdorfer: Gibt es Themen, um die Sie als Satiriker lieber einen Bogen machen?
Dietmar Wischmeyer: Alle Themen, die andere Satiriker schon bis zum Erbrechen totgewitzelt haben – Frau und Mann zum Beispiel.
Die Hellersdorfer: Was regt Sie aktuell am meisten auf?
Dietmar Wischmeyer: Das Übliche: die Doofheit der normalen Menschen, die Niedertracht der Schlauen und vor allem, dass niemand mehr argumentiert, sondern nur noch eine Meinung zu allem und jedem hat.
Die Hellersdorfer: Noch bis zum 31.12.2018 können Vorschläge für das „Unwort des Jahres 2018“ eingereicht werden. Markus Söders’ „Asyltourismus“ wird hoch gehandelt. Hätte er die Wahl verdient?
Dietmar Wischmeyer: Nein, zu viel der Aufmerksamkeit und zu wenig perfide. Da merkt doch jeder, wie blöd und gewollt tendenziell das ist. Ich wäre für „Danke auch“, weil keiner sich mehr traut „Bitte“ zu sagen.
Foto: Gaby Gerster