Puppendoktorin praktiziert seit 50 Jahren

"Die Hellersdorfer" war zur Sprechstunde bei Urte Blankenstein

Puppendoktorin praktiziert seit 50 Jahren

„Habt ihr Kummer oder Sorgen, dann schreibt gleich morgen an Frau Puppendoktor Pille mit der großen, klugen Brille.“ Diesen Spruch kannte in der DDR jedes Kind. Im weißen Kittel erteilte die nette Dame mit den braven Zöpfen einmal in der Woche beim Abendgruß des Sandmännchens ihren Fernsehzuschauern Ratschläge zu Themen wie Gesundheit, Ernährung und Bewegung.

Am längsten von allen drei Darstellerinnen  zwischen 1959 und 1988 hat Urte Blankenstein die beliebte TV-Figur verkörpert. Frau Puppendoktor ist zur Rolle ihres Lebens geworden. Obwohl sie längst das Rentenalter erreicht hat, „praktiziert“ die 74-Jährige noch immer bei Veranstaltungen und erfreut mit ihren unterhaltsamen Live-Programmen Kinder und Erwachsene gleichermaßen.

 

Die Rolle ihres Lebens

Nach Helga Labudda und Angela Brunner war Urte Blankenstein ab 1968 bereits die dritte Puppendoktorin. Von den Zuschauern blieben die Darstellerwechsel aber weitgehend unbemerkt. Auch weil nur wenige ein Fernsehgerät hatten, als 1959 die erste Episode ausgestrahlt wurde. Nach drei Jahren stieg Helga Labudda aus. „Sie wollte noch andere Rollen spielen und das hat sie dann auch großartig gemacht“, sagt Urte­ Blankenstein über ihre Vorvorgängerin. „Mir war zunächst nicht bewusst, dass ich mich mit diesem Fernseh-Job als Schauspielerin gewissermaßen festlege.“ Trotzdem bereue sie den Schritt nicht. Das Aus der Sendung war für die Wahl-Berlinerin ein Schock. Weil sie aber schon 1970 begonnen hatte, mit ihrem Bühnenprogramm durch die Lande zu ziehen, musste sie ihren liebgewonnenen Doktorkittel nicht an den Nagel hängen.

 

Gesangsausbildung im Kinderheim

Geboren wurde Urte Blankenstein in Ostpreußen. Nach dem Krieg flüchtete sie mit ihrer Mutter und der großen Schwester nach Wismar, wo sich die drei allein durchschlagen mussten. Die restliche Verwandtschaft war bis nach Hamburg weitergezogen. Der Vater hatte sich in München neu verliebt. Als ihre Mutter begann, ein Fachschulstudium für Medizin aufzunehmen, um den Töchtern eines Tages eine bessere Zukunft bieten zu können, lebten die zwei Schwestern drei Jahre­ lang im Kinderheim. „Uns ging es dort sehr gut. Es war wie Ferienlager.“ Am besten gefiel Urte Blankenstein, dass bei jeder Gelegenheit gesungen wurde. „Die komplette Einrichtung war ein riesiger Chor. Wir sind regelmäßig zu Ausscheiden gefahren. Ganz nebenbei erhielt ich mit sechs Jahren Stimmbildungsunterricht. Dafür könnte ich unsere Heimleiterin noch heute knutschen.“ Als ihre Mutter eine Anstellung als Krebsfürsorgerin erhielt und aus dem Schwesternwohnheim ausziehen konnte, nahm sie die Kinder wieder zu sich.

 

Aschenputtel wird Puppendoktorin

Ihr Handwerk lernte Urte Blankenstein in Adlershof­, wo sie drei Jahre Fernsehschauspiel studierte. Statt vor die Kamera zog es sie aber zunächst ans Kleist-Theater in Frankfurt/Oder. Dort spielte die junge Blondine gerade das Aschenputtel, als ein Regisseur auf sie aufmerksam wurde und sie 1967 zum DDR-Fernsehen holte. In der Kindersendung „Eine Reise mit Hein Pöttgen“ feierte Urte Blankenstein als „Püppchen Kathrinchen“ ihr TV-Debüt. 1968 löste sie Angela Brunner als Frau Puppendoktor Pille ab und hatte ihre Bestimmung gefunden. Dass man sie nur mit Perücke kannte, war für sie ein großes Glück. Womöglich wären ihr bei jeder Gelegenheit die Kinder in Scharen hinterhergelaufen. Anfang der 1980er wurde­ der Westen auf die Schauspielerin und Entertainerin aufmerksam. Dort wurde sie dann als Puppendoktor Spielspaß ebenfalls regelmäßig für Veranstaltungen gebucht.

 

Die Pille für Erwachsene

Heute ist die DDR-Kunstfigur bei Kindern beliebt und bei Erwachsenen Kult. Eltern und Großeltern, die auch allein zu den Vorstellungen kommen, beobachtet Urte Blankenstein bei ihren Auftritten immer häufiger. „Diese Leute verbinden mit mir Kindheitserinnerungen“. Und deshalb hat sie zusätzlich zu ihrer Kindershow mit Frau Puppendoktor Pille, Frosch Quaki und dem Sanitäter Konstantin ein launiges Programm für ältere Semester zusammengestellt. Die „Pille für Erwachsene“ verabreicht Humor und viele Anekdoten. Ihre Auftritte (u. a. am 16.12. um 16 Uhr im Freizeitforum Marzahn) garniert die sympathische Darstellerin mit Chansons und Kabarett-Elementen.    

 

Foto: Klaus Winkler

 

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Zur Person: Urte Blankenstein, geboren am 21. Dezember 1943, ist Schauspielerin, Entertainerin und Moderatorin.

Parade-Rolle: Einem großen Fernsehpublikum bekannt wurde sie durch ihre Rolle als Frau Puppendoktor Pille (1968–1988), die einmal wöchentlich beim Abendgruß des Sandmännchens „praktizierte“.

 Moderatorin: einmal jährlich „Tele-Lotto“ (1975–1997), „Von Polka bis Parademarsch“ (1984–1988), „Musikalisches Intermezzo“ (1988–1991)

 Regelmäßig in Kaulsdorf: Urte Blankenstein gehört zum Künstlerstammtisch um Moderator Siggi­ Trzoß, der sich regelmäßig in der Gaststätte „Zum Oberfeld“ trifft. Das Restaurant wird vom Sänger des ehemaligen „Duo Rommé“, Bernd Zimmermann, betrieben.