Gojko Mitić hat in seiner Paraderolle Millionen Menschen begeistert
Einmal Indianer, immer Indianer
Der Westen hatte Pierre Brice, der Osten Gojko Mitić. Ganze zwölf Mal schlüpfte der gut aussehende Serbe für die DEFA in die Rolle eines Indianerhäuptlings. Seine ausdrucksstarke und authentische Darstellung des Tokei-Ihto in „Die Söhne der Großen Bärin“ machten den damals 25-jährigen 1966 über Nacht zum gefeierten Star.
Ende März blickte Gojko Mitić, für den die Leute in der DDR millionenfach die Kinos stürmten, bei einem Auftritt im Freizeitforum Marzahn auf seine bemerkenswerte Karriere zurück und bot dabei dem Publikum im Arndt-Bause-Saal ein Potpourri aus Anekdoten, Filmausschnitten und Gesangseinlagen. „Arndt Bause ist übrigens Schuld, dass ich mit dem Singen angefangen habe“, erinnerte Mitić daran, dass der begnadete Biesdorfer Komponist ihm einst das Lied „Löscht das Feuer“ auf den Leib geschrieben hatte.
„In meinen Leben war alles Zufall“, sagt der heute 77-Jährige. „Meine Oma wollte, dass ich Arzt werde, um ihr Rheuma zu heilen. Ich träumte als kleiner Junge davon, als Schiffskapitän die großen Ozeane zu befahren.“ Mit 20 Jahren schließlich führte ihn der Berufswunsch Sportlehrer zum Studium nach Belgrad. Damals wurden in seiner Heimat Jugoslawien viele internationale Filme gedreht. Als Stuntmen und Komparsen engagierten die Regisseure mit Vorliebe Sportstudenten. So hatte Gojko Mitić, der unter anderem reiten, Kajak fahren und fechten konnte, erste Auftritte in englischen und italienischen Abenteuerstreifen. Außerdem durfte er in den westdeutschen Karl-May-Filmen („Old Shatterhand“, „Winnetou, 2. Teil“, „Unter Geiern“) an der Seite von Pierre Brice und Lex Barker bereits verschiedene „Rothäute“ verkörpern, bevor die DEFA ihn zu ihrem Chefindianer machte.
Und beinahe wäre ihm die Rolle seines Lebens sogar durch die Lappen gegangen: „Ich wollte gerade in den Skiurlaub fahren, als plötzlich das Telefon klingelte.“ Hätte er die Reisetasche nicht noch mal beiseitegestellt, um den Hörer abzunehmen, wäre der Kontakt zur DEFA nie zustande gekommen. Da ist sich der Schauspieler sicher.
Nach dem Ende der DDR versuchte Gojko Mitić immer wieder, das Image des Vorzeigeindianers abzustreifen, doch so recht wollte ihm das nicht gelingen. Obwohl er durchaus auch in anderen Rollen auf der Theaterbühne, in Film und Fernsehen zu überzeugen wusste. Der sympathische Darsteller nimmt‘s gelassen: „Einmal Indianer, immer Indianer. So ist das halt.“ Bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg trat Mitić 1992 die Nachfolge von Pierre Brice als Winnetou an. 15 Sommer lang mimte er den edlen Apachen-Häuptling. Nach 1.024 Vorstellungen feierte er 2006 vor fast 8.000 Zuschauern seinen bewegenden Abschied. „Ich wollte nicht so lange warten, bis man mich mit einem Kran aufs Pferd hievt“, scherzt der Wahl-Köpenicker. Dabei wirkt er noch heute fit genug, um durch die Prärie zu reiten. „Bewegung gehört für mich zum Leben wie Essen und Trinken.“ Auf Nikotin und Alkohol verzichtet er gänzlich.
Dass er sich über die Jahre intensiv mit dem Indianischen Volk befasst habe, sei für sein Leben eine absolute Bereicherung gewesen, erklärt Gojko Mitić. Als inzwischen Sachkundiger zieht er auch rückblickend noch den Hut vor den Indianer-Filmen der DEFA. Sie seien besser recherchiert und vielmehr auf eine originalgetreue Darstellung der nordamerikanischen Urbevölkerung bedacht gewesen als die Winnetou-Filme aus dem Westen. Was vor allem der Buchautorin Liselotte Welskopf-Henrich zu verdanken sei. „Die Geschichten hatten Hand und Fuß. Karl May war zwar mit einer tollen Fantasie gesegnet, aber seine Helden gab es nicht.“
Foto: DEFA-Stiftung/Eberhard Daßdorf